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18.12.2025 09:54

Teuerung bei 7 von 9 Haushaltstypen, Familien mit niedrigen Einkommen im Langfrist-Vergleich nicht

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Neue Werte des IMK Inflationsmonitors

    Teuerung bei 7 von 9 Haushaltstypen leicht über EZB-Ziel, Familien mit niedrigen Einkommen im Langfrist-Vergleich nicht mehr vorne

    Die Inflationsrate in Deutschland lag im November wie im Oktober bei 2,3 Prozent und damit etwas über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent.

    Von neun verschiedenen Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, hatten im November sieben eine haushaltsspezifische Teuerung leicht oberhalb des EZB-Zielwerts. Alleinlebende sowie Paarfamilien mit jeweils geringen Einkommen lagen dagegen mit je 1,9 Prozent haushaltsspezifischer Teuerungsrate geringfügig darunter, zeigt der neue Inflationsmonitor des IMK (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten).*

    Insgesamt reichte die Spannbreite der haushaltsspezifischen Inflationsraten im November von 1,9 bis 2,4 Prozent, der Unterschied lag also bei relativ geringen 0,5 Prozentpunkten. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 betrug die Spanne 3,1 Prozentpunkte. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen, insbesondere Familien, während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, ist ihre Inflationsrate seit einiger Zeit unterdurchschnittlich. Ein wichtiger Grund ist, dass sich seit einiger Zeit Dienstleistungen stärker verteuert haben als Lebensmittel und Energie, die in der Hochinflationsphase die stärksten Preistreiber waren. Diese Basisgüter haben im schmalen Budget ärmerer Haushalte ein besonders hohes Gewicht, während Dienstleistungen wie beispielsweise Urlaubsreisen, Versicherungen oder auch soziale Dienstleistungen stärker von Haushalten mit mittleren oder höheren Einkommen nachgefragt werden.

    Im langfristigen Vergleich über die vergangenen sechs Jahre hatten einkommensschwache Familien im November daher erstmals nicht mehr die höchste haushaltsspezifische Inflationsrate. Mit zusammengenommen 22,9 Prozent seit November 2019 lagen sie hinter Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen (23,5 Prozent), Paaren mit Kindern und mittleren Einkommen (23,1 Prozent), Paaren mit Kindern und hohen Einkommen (23,1 Prozent) und gleichauf mit Alleinerziehenden mit mittleren Einkommen. Langfristig am niedrigsten war die Inflation weiterhin für Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen, deren Warenkorb sich um 21,6 Prozent im Gesamtzeitraum seit November 2019 verteuert hat, während die Teuerung im November 2025 mit 2,4 Prozent etwas höher lag als bei den anderen Haushalten.

    Paarfamilien mit hohen Einkommen verzeichneten im November eine Inflationsrate von 2,3 Prozent. Paare ohne Kinder mit mittleren Einkommen und Alleinlebende mit höheren Einkommen folgten mit je 2,2 Prozent. Bei Paaren mit Kindern und mittleren Einkommen sowie Alleinerziehenden und Alleinlebenden mit ebenfalls mittleren Einkommen verteuerte sich der jeweilige Warenkorb um je 2,1 Prozent.

    -Inflationslage entspannt, EZB nutzt Spielraum zur Entlastung der Konjunktur nicht-

    Auch wenn sich bei Dienstleistungen weiterhin ein kräftiger Preisauftrieb zeige, sei insgesamt „die Inflation unter Kontrolle“, betont Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für Geldpolitik und Autorin des Inflationsmonitors. Die Teuerung in Deutschland und im Euroraum werde nahe am EZB-Inflationsziel von 2,0 Prozent bleiben und im Euroraum 2026 sogar im Durchschnitt etwas darunter liegen, erwartet die Ökonomin. Dabei spiele neben einer bei steigender Produktivität sich abschwächenden Lohnentwicklung auch eine Rolle, dass durch die US-Einfuhrzölle Warenexporte aus China nach Europa umgelenkt und besonders günstig angeboten würden.

    Gleichzeitig belasteten ebenjene US-Zölle, weiterhin hohe Energiepreise und die starke Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar die Konjunktur – im ganzen Euroraum, aber insbesondere in Deutschland. Die EZB habe seit spätestens Anfang Juli einen geldpolitischen Spielraum, um die Zinsen noch einmal zu senken und damit für etwas Entlastung zu sorgen, diesen aber nicht genutzt. Angesichts der „schwerwiegenden Abwärtsrisiken für die Konjunktur“ sei das ein Fehler, warnt die Expertin des IMK

    -Langzeitvergleich: Lebensmittel um gut 39 Prozent, Energie um 37 Prozent teurer als im November 2019-

    Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der IMK Inflationsmonitor zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).

    Zwar dürfte die in den Jahren 2022 und 2023 entstandene Kaufkraftlücke bei den meisten Haushalten mittlerweile durch Lohnsteigerungen und wirtschaftspolitische Entlastungen weitgehend geschlossen sein, analysiert Tober. Unabhängig davon dokumentiert der längerfristige Vergleich von Preisen, den die Forscherin ebenfalls anstellt, die seitdem stark erhöhten Preisniveaus gerade von Waren des Grundbedarfs: Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke lagen im November 2025 um 39,2 Prozent höher als im November 2019, also vor Pandemie und Ukrainekrieg. Damit war die Teuerung hier mehr als dreimal so stark wie mit der EZB-Zielinflation von kumuliert 12,6 Prozent in diesem Zeitraum vereinbar. Energie war trotz zwischenzeitlicher Preisrückgänge um 37,0 Prozent teurer als 2019, darunter Haushaltsenergie um 46,0 Prozent und Kraftstoffe um 25,2 Prozent.

    -Informationen zum Inflationsmonitor-

    Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Silke Tober
    IMK-Expertin für Geldpolitik
    Tel.: 0211-7778-336
    E-Mail: Silke-Tober@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: 0211-7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Originalpublikation:

    *Silke Tober: IMK Inflationsmonitor: Inflation verharrt im November bei 2,3 %, deutsche Rate verhindert Rückgang der Euroraum-Inflation. IMK Policy Brief Nr. 206, Dezember 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-009299

    Die PM mit Abbildung (pdf): https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_12_18.pdf

    Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken: https://www.imk-boeckler.de/de/imk-inflationsmonitor-51365.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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