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18.12.2025 13:17

Neue Messgeräte revolutionieren die Erforschung des Lebens

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    DFG übernimmt die Hälfte der Anschaffungskosten für Massenspektrometer an der TU Berlin

    Zwei neue Hightech-Massenspektrometer am Fachgebiet für Bioanalytik ermöglichen an der TU Berlin erstmals atomare Einblicke in die komplexen Protein-Netzwerke im Inneren von Zellen. Die Erforschung des Lebens erreicht damit ein neues Level an Präzision und Tiefe. Ziel ist es, die molekularen Ursachen von Krankheiten besser zu verstehen und die Grundlagen für nachhaltige Verfahren in der Grünen Chemie zu schaffen.

    Proteine sind die grundlegenden Bausteine des Lebens und verantwortlich für sämtliche Prozesse in unserem Körper. Für ihre Erforschung stehen nun dem Fachgebiet für Bioanalytik von Prof. Dr. Juri Rappsilber an der TU Berlin zwei neue, hochmoderne Massenspektrometer zur Verfügung, die entscheidende neue Einblicke in die komplexen Abläufe in unseren Zellen versprechen.

    Die Finanzierung wurde im Rahmen des Förderprogramms „Forschungsgroßgeräte“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie durch Mittel des Exzellenzclusters UniSysCat ermöglicht. Die DFG übernimmt dabei die Hälfte der Anschaffungskosten, die in diesem Fall rund fünf Millionen Euro Listenpreis betragen hätten.

    Das Messprinzip: „Crosslinking Mass Spectrometry“
    Massenspektrometer können mit Hilfe von elektrischen Feldern die Masse molekularer Objekte bestimmen, wenn diese vorher ionisiert, also elektrisch aufgeladen werden. Bei der Untersuchung von Proteinen handelt es sich dabei um Bruchstücke aus verschiedenen Aminosäuren.

    Ziel ist es dabei, die Interaktionspartner der Proteine im Stoffwechsel zu erfassen. Dies geschieht mit Hilfe des sogenannten Crosslinkings. „Wir tackern quasi zwei miteinander wechselwirkende Proteine in Zellen an ihren Berührungsstellen chemisch zusammen“, sagt Rappsilber.

    Um die genaue Struktur mit den Interaktionsstellen herauszufinden, werden die chemisch verbundenen Proteine zerbrochen, wobei aber die Klebestellen erhalten bleiben. Im Massenspektrometer durchlaufen sie dann eine zweistufige Messung: Die Bruchstücke werden zunächst nach ihrer Masse aufgetrennt und anschließend in ein Gas geschossen, wo Kollisionen noch kleinere Fragmente erzeugen, die dann erneut nach ihrer Masse sortiert werden. Diese werden dann mit den im Computer vorhergesagten Bruchstücken aller im Genom zu findenden Proteine verglichen und so die jeweils interagierenden Proteine erkannt.

    Proteine im Detail: die Bauanleitung des Lebens verstehen
    In unserer DNA sind rund 20.000 Gene kodiert, die als Baupläne für Proteine dienen. Diese Proteine lagern sich oft zu größeren Komplexen zusammen und übernehmen im Körper wichtige, vielfältige Aufgaben. Die Forschung von Juri Rappsilber und seinem Team zielt darauf ab, die Interaktionen von Proteinen in Zellen umfassend und mit atomarer Auflösung zu erfassen. Dadurch sollen unbekannte Proteine beleuchtet und zelluläre Zusammenhänge besser verstanden werden.

    „Unser Ziel ist es, die komplexen Protein-Netzwerke in unseren Zellen sichtbar zu machen. Wenn wir die Bauregeln und Funktionsweisen dieser Netzwerke bis ins atomare Detail verstehen, dann können wir Krankheiten gezielt bekämpfen und nachhaltige Lösungen für unseren Planeten entwickeln“, erklärt Rappsilber. Die Zusammenarbeit mit den Geräteherstellern sei dabei von zentraler Bedeutung, um die Bedingungen für die Datenerfassung entscheidend voranzutreiben.

    Einblicke für die Medizin: Krankheiten verstehen und bekämpfen
    Das umfassendere Verständnis der Protein-Interaktionen liefert die Grundlage, um besser zu verstehen, was bei Erkrankungen oder genetischen Fehlern schiefläuft und wie man therapeutisch gegensteuern kann. Diese Grundlagenforschung soll so die Entwicklung von Heilungsverfahren und Medikamenten vorantreiben, beispielsweise auch für seltene genetische Erkrankungen, die in Summe gar nicht so selten sind. Eine Plattformtechnologie zur Krebsheilung ist bereits aus dem Labor von Juri Rappsilber auf dem Weg in die Anwendung.

    Eines der erworbenen Massenspektrometer der Firma Thermo Fisher Scientific ermöglicht die Untersuchung der Proteinzusammensetzung in extrem kleinen Mengen. Dies verbessert die Analyse von Prozessen in einzelnen Zellen in unterschiedlichen Zuständen erheblich, da Vorgänge etwa in gestressten Zellen von denen in normalen getrennt untersucht werden können.

    Das erworbene Gerät unterstreicht die besondere Bedeutung der Berliner Forschung für die Technologieentwicklung: Die Herstellerfirma liefert es nach der Entwicklungsphase weltweit als ersten Ort an die TU Berlin aus. Damit wird nun die Grundlagenforschung zur Entwicklung von Heilungsverfahren und Medikamenten weiter gestärkt, auch da das Fachgebiet von Juri Rappsilber Teil des Forschungszentrums „Der simulierte Mensch“ (Si-M) von TU Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin ist, das im Jahr 2026 ein neues Gebäude beziehen soll.

    Spezialentwicklung für die Grüne Chemie
    Das zweite Gerät, eine Spezialanfertigung, wird gemeinsam mit Thermo Fisher Scientific entwickelt. Dieses Massenspektrometer ist speziell für die komplexen Fragestellungen des Berliner Labors optimiert. Die dabei verwendete, noch nicht publizierte Messmethode soll „intelligente Daten“ liefern, die den Suchraum der möglichen chemischen Zusammensetzung für ein Proteinfragment deutlich einschränken und die Suche erheblich erleichtern. Diese Methode soll dann in die Entwicklung der nächsten Generation von Massenspektrometern einfließen.

    Mit dem erweiterten Wissen über Proteine lassen sich diese möglicherweise wie Bausteine zu neuen zellulären Maschinen und Produktionsstraßen zusammenfügen. Dies ermöglicht es Forschenden im Exzellenzcluster UniSysCat, biologische Methoden zur Umwandlung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in nützliche Chemikalien zu entwickeln, ein wichtiger Baustein für die Grüne Chemie der Zukunft und Berlin als dessen Epizentrum.

    Ein Foto zum Download bieten wir auf der Internetseite an: https://www.tu.berlin/go239617/n81745/

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
    Prof. Dr. Juri Rappsilber
    Fachgebiet Bioanalytik
    Institut für Biotechnologie
    Fakultät III – Prozesswissenschaften
    Technische Universität Berlin
    Tel.: +49 (0)30 314-72905
    E-Mail: juri.rappsilber@tu-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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