Fachvortrag und Podiumsdiskussion in gemeinsamer Veranstaltung mit der PSAG Mainfranken
50 Jahre Psychiatrie-Enquete: Aus diesem Anlass haben bundesweit viele Veranstaltungen stattgefunden. Auch die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften (FAS) der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) hat das Thema aufgegriffen, um dessen Bedeutung zu unterstreichen. Im Rahmen der Menschenrechtswoche organisierte FAS-Professor Dr. Dieter Kulke zusammen mit der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) Mainfranken und dem Campus Community Dialogue eine Veranstaltung mit Fachvortrag, Podiumsdiskussion und anschließender Zusammenkunft. „Schon am großen Zulauf zeigt sich die Wichtigkeit des Themas: Im größten Hörsaal waren die Reihen komplett besetzt“, so Prof. Dr. Kulke.
Verbesserung der Versorgung psychisch erkrankter Menschen
THWS-Alumnus Prof. Dr. Christoph Walther, Professor für Soziale Arbeit an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, stellte in seinem Fachvortrag „50 Jahre Psychiatrie-Enquete 1971-1975 Hintergründe – Positionen – Reformvorschläge“ die Grundlagen der Psychiatrie-Enquete vor und ordnete sie in die zeitgeschichtliche Situation mit einer großen Offenheit für soziale Reformen in den 70er-Jahren ein. Nach früheren Entwicklungen und Diskussionen hin zu einer moderneren psychiatrischen Versorgung wurde 1971 auf Beschluss des Bundestages von der Bundesregierung eine Sachverständigen-Kommission eingesetzt, die bis 1975 einen umfassenden Bericht mit einer Vielzahl von Anlagen über die Versorgung psychisch kranker Menschen in der damaligen Bundesrepublik Deutschland erarbeitete. Angesichts vieler eklatanter und inhumaner Mängel in der Versorgung – in den 60er-Jahren waren in den psychiatrischen Kliniken große Schlafsäle und lange Verweildauern („Anstalts- und Verwahrpsychiatrie“) noch weit verbreitet – wurden grundlegende Empfehlungen erarbeitet. Diese hätten den Anstoß zu zahlreichen Entwicklungen hin zu einem Bettenabbau in den psychiatrischen Großkliniken und zu einer verbesserten, gemeindenahen und ambulanten Versorgung gegeben. Das heutige Versorgungssystem wäre ohne die Psychiatrie-Enquete nicht zu denken. Die meisten heute selbstverständlichen Angebote wie Sozialpsychiatrische Dienste (SpDi), ambulant betreutes Wohnen oder Selbsthilfegruppen entstanden in ihrer Folge.
Fortschritte und Engagement in Mainfranken
Dass die Entwicklungen aber fortschreiten und weiterhin neue, wichtige Angebote entstehen, wurde in der Podiumsdiskussion, moderiert von Prof. Dr. Christoph Walther und Prof. Dr. Dieter Kulke, deutlich. Doch zunächst stellte Katja Schecher, Erste Vorsitzende der PSAG Mainfranken, die Aufgaben dieser Arbeitsgemeinschaft dar. Silvia Bickel-Renn, systemische Psycho- und Lehrtherapeutin, Klaus Miller, ehemaliger Leiter des SpDi des Erthal-Sozialwerkes und Dr. Thomas Schmelter, früherer Oberarzt des jetzigen Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck, schilderten ihre Eindrücke von der Entwicklung einer modernen Sozialpsychiatrie in Unterfranken in den 80er Jahren und danach. „Alle drei Referierenden sind Akteure und Engagierte der ersten Stunde“, so Prof. Dr. Kulke. In den Vorträgen wurden insbesondere das lebendige Engagement und die große Leidenschaft bei der Entwicklung neuer Formate und Angebote deutlich, so sein Fazit.
Eva Straub, ehemalige Vorsitzende des Bundesverbandes der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes hob hervor, wie wichtig es für sie war, nach einer langen Zeit der Unsicherheit eine sichere Diagnose für die psychische Erkrankung ihres Sohnes zu erhalten. Auch der Austausch in der Angehörigengruppe sei sehr wichtig gewesen, um zu spüren, dass sie in der Situation nicht allein war. Martin Wirth, Ex-In-Genesungsbegleiter und Mitarbeiter im SpDi, berichtete als Psychiatrie-Erfahrener von seinem Weg durch das Versorgungssystem, betonte dabei seine durch eine entsprechende Ausbildung qualifizierte Tätigkeit als Ex-In-Genesungsbegleiter. Ex-In bedeutet „Experienced Involvement“, also dass Psychiatrie-Erfahrene ihre eigenen Erfahrungen in die Begleitung von Patientinnen und Patienten einbringen; für diese sind die Genesungsbegleitende dabei unter anderem ein Rollenmodell für die erfolgreiche Bewältigung ihrer Krankheit. Katja Schecher stellte in ihrem Podiumsbeitrag abschließend nochmals die Wichtigkeit von Vernetzung und Koordination der Angebote hervor.
Anschließend wurden mit dem Publikum noch weitere Fragen diskutiert. Die Moderierenden hoben angesichts alarmierender Ankündigungen von Einsparungen die Notwendigkeit eines sozialgerechten Versorgungssystems und die Wichtigkeit politischer Sozialer Arbeit hervor. Zahlreiche Ideen wurden im abschließenden gemeinsamen Ausklang, organisiert durch die PSAG. „Diese Veranstaltung ist insgesamt ein eindrückliches Beispiel für das erfolgreiche und anregende Zusammenwirken von Zivilgesellschaft und THWS“, resümiert Prof. Dr. Kulke.
Über die THWS
Die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) zählt zu den größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern und steht seit ihrer Gründung im Jahr 1971 für hervorragende Lehre und angewandte Forschung. Mit rund 9.100 Studierenden, einem breit gefächerten Angebot von mehr als 60 Studiengängen sowie zwei Promotionszentren deckt die THWS ein weites Spektrum ab, das von Technik über Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Sprache bis hin zu Gestaltung reicht. Die THWS ist nicht nur regional in Franken und Bayern verwurzelt, sondern auch stark international ausgerichtet, was sich in zahlreichen Kooperationen und Austauschprogrammen weltweit und nicht zuletzt in einem vielseitigen englischsprachigen Studienangebot widerspiegelt.
Kontakt:
Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt
Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften
Prof. Dr. Dieter Kulke
Münzstraße 12
97070 Würzburg
dieter.kulke@thws.de
Pressekontakt:
Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt
Angela Kreipl
Münzstraße 12
97070 Würzburg
angela.kreipl@thws.de
0931 3511-8354
Die vollen Reihen im THWS-Hörsaal zeigen das große Interesse der Veranstaltung
Quelle: Ralph-Christian Amthor
Copyright: THWS
Moderation und Podiumsteilnehmende: (v. li.) Eva Straub, Prof. Dr. Christoph Walther, Dr. Thomas Sch ...
Quelle: Tobias Hestner
Copyright: THWS
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Psychologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch

Die vollen Reihen im THWS-Hörsaal zeigen das große Interesse der Veranstaltung
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