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18.12.2025 18:21

Wer nützt Künstliche Intelligenz in der Forschung − und wofür?

Dr. Myriam Rion Pressestelle
Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb

    Eine neue Studie liefert Antworten auf Basis einer Umfrage unter mehr als 6.000 Forschenden der Max-Planck-Gesellschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft. Das Wichtigste: Forschende nutzen KI-Tools aktiv, wobei die Anwendungsmuster je nach Rolle und Überzeugung variieren. Der Gender Gap bei der Nutzung von KI spiegelt weitgehend Unterschiede in der Vertrautheit mit den Tools wider, nicht in der Einstellung dazu. Forschende nennen rechtliche Unsicherheiten als großes Hindernis für die Einführung von KI. Forschende nutzen KI auch für zentrale und kreative Forschungsaufgaben.

    Im Juni 2024 wurden alle Mitarbeitenden der Max-Planck-Gesellschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft eingeladen, an einer anonymen Umfrage zur Nutzung von KI-Tools für ihre Arbeit teilzunehmen. Da Forschende und Support-Mitarbeitende sehr unterschiedliche Aufgabenprofile und Möglichkeiten zur Nutzung von KI haben, werden sie getrennt betrachtet. Die aktuelle Analyse konzentriert sich auf die 6.215 vollständigen Antworten von Forschenden, die weitgehend repräsentativ für die beiden Forschungsorganisationen sind. Die Umfrage befasste sich mit KI-Tools im Allgemeinen und nicht speziell mit generativer KI, obwohl letztere aufgrund ihrer Sichtbarkeit in der öffentlichen Debatte möglicherweise eine wichtige Rolle in den Überlegungen der Befragten gespielt hat.

    Die wichtigsten Erkenntnisse über die Nutzung von KI durch Forschende wurden nun in "Research Policy" veröffentlicht, einer international führenden Fachzeitschrift mit Peer-Review, die sich mit Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik und deren Auswirkungen auf Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft befasst.

    FORSCHENDE NUTZEN KI-TOOLS AKTIV, WOBEI DIE ANWENDUNGSMUSTER JE NACH ROLLE UND ÜBERZEUGUNG VARIIEREN.

    Viele Forschende in der Stichprobe nutzen bereits KI-Tools: 42,4% geben an, dass sie mit diesen Tools sehr oder ziemlich vertraut sind, während 44,0% sagen, dass sie sie schon einige Male oder öfter verwendet haben. Fast ein Viertel (25,9%) aller Forschenden nutzt KI-Tools täglich oder häufiger. Nur etwa jeder fünfte Forschende (22,2%) nutzt KI nie für seine Arbeit.

    Es zeigen sich klare Muster hinsichtlich der Frage, wer mit KI besser vertraut ist. Jüngere Forschende nutzen KI tendenziell häufiger als ältere. Auch Personen mit höherem Bildungsniveau sind besser mit KI-Tools vertraut. Frauen geben an, weniger Erfahrung mit KI-Tools zu haben als Männer.

    Befragte, die KI-Tools verwenden, stehen deren potenziellen Auswirkungen auf die Forschungsqualität, die Kompetenzentwicklung und die Gesellschaft im Allgemeinen tendenziell positiver gegenüber. Während eine überwältigende Mehrheit der Forschenden (69,2%) davon ausgeht, dass KI ihr Fachgebiet in den nächsten zehn Jahren verändern oder sogar revolutionieren wird, sind sie sich hinsichtlich der Auswirkungen von KI-Tools auf die Gesellschaft uneinig: 40,6% glauben, dass KI-Tools mehr Chancen als Risiken bieten, während 22,2% der Meinung sind, dass sie mehr Risiken als Chancen mit sich bringen.

    ES ZEIGT SICH EIN GENDER GAP BEI DER NUTZUNG VON KI – WIE AUCH IN ANDEREN STUDIEN DOKUMENTIERT – DER SICH WEITGEHEND DURCH UNTERSCHIEDE IN DER VERTRAUTHEIT MIT KI-TOOLS ERKLÄREN LÄSST.

    Andere Studien haben gezeigt, dass Frauen KI tendenziell weniger nutzen als Männer. Wir dokumentieren diese Tendenz auch für Forschungsaufgaben bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die detaillierten Daten belegen, dass der Gender Gap bei der Nutzung von KI für Forschungszwecke nicht auf Fähigkeiten oder negative Vorstellungen über KI zurückzuführen sind, sondern vielmehr auf die Vertrautheit mit KI-Tools. Sobald Frauen beginnen, KI-Tools zu nutzen, empfinden sie diese als ebenso hilfreich wie Männer.

    KI WIRD ZUM MITGESTALTER UND UNTERSTÜTZT NICHT NUR PERIPHERE, SONDERN AUCH ZENTRALE FORSCHUNGSAUFGABEN.

    Forschende setzen KI mittlerweile in jeder Phase des Forschungsprozesses ein. Zu den häufigsten Anwendungsbereichen zählen das Testen von Ideen, das Schreiben von Programmcode und das Verfassen von Forschungsarbeiten. Bemerkenswert ist, dass Forschende KI-Tools vor allem für diejenigen Aufgaben einsetzen, für die sie am meisten Zeit benötigen.

    EFFIZIENZ IST EIN WICHTIGER FAKTOR FÜR DIE NUTZUNG, DOCH VIELE HABEN SCHWIERIGKEITEN EFFEKTIV ZU PROMPTEN.

    Die Hälfte der Forschenden (50,4%) gab an, KI zu nutzen, um ihre Arbeit zu beschleunigen. Unsere Umfrage deutet jedoch darauf hin, dass der effektive Einsatz von KI-Tools entsprechende Fähigkeiten erfordert. Um die Fähigkeit zum Erstellen von Prompts zu messen, wurde den Befragten ein Bild eines visuellen Phänomens gezeigt und sie wurden gebeten, einen Prompt zu erstellen, um das Phänomen mit einem großen Sprachmodell (LLM) zu identifizieren. Ein Prompt wurde als erfolgreich gewertet, wenn nach zehn Iterationen mit einem LLM mindestens eines die richtige Antwort lieferte oder vorschlug, das Bild in ein LLM hochzuladen. Trotz ihrer hohen Bildung und ihrer Kenntnisse über KI-Tools gelang es nur einem Fünftel der Forschenden (21,0%), eine erfolgreiche Eingabeaufforderung für die Testaufgabe zu erstellen. Zu lernen, wie man Prompts schreibt, ist offenbar eine neue Fähigkeit an sich. Diejenigen, die eine Schulung zum Schreiben von Prompts und zur Verwendung von KI erhalten haben, sind viel eher in der Lage, gute Prompts zu erstellen.

    INSTITUTIONEN KÖNNEN DIE EINFÜHRUNG BESCHLEUNIGEN, INDEM SIE WICHTIGE HINDERNISSE ANGEHEN: RECHTSUNSICHERHEIT, MANGELNDES WISSEN UND EINGESCHRÄNKTEN ZUGANG ZU GEEIGNETEN TOOLS.

    Viele der Hindernisse für einen häufigeren Einsatz von KI könnten durch institutionelle Maßnahmen abgebaut werden. Die am häufigsten genannten Hindernisse sind rechtliche Unsicherheiten (17,6%), mangelndes Wissen (17,4%) und die begrenzte Verfügbarkeit geeigneter Tools (16,6%). Rechtliche Unsicherheiten sind besonders wichtig für Forschende, die viel Verwaltungsarbeit leisten, wie z. B. im Personal- und Projektmanagement.

    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wünschen sich außerdem klarere Richtlinien. Die meisten Befragten bevorzugen allgemeine Leitlinien, um rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen. 58,7% erwarten Leitlinien von supranationalen Gremien wie der EU und 51,3% erwarten Leitlinien von ihren eigenen Forschungsorganisationen (der Max-Planck-Gesellschaft oder der Fraunhofer-Gesellschaft).

    FAZIT

    Die rasante Entwicklung von KI hat dazu geführt, dass neue Tools schnell von der Forschungsgemeinschaft angenommen wurden, wodurch KI sowohl zu einem wichtigen Forschungsthema an sich als auch zu einem Werkzeug geworden ist, um die Forschung voranzubringen. Forschende integrieren KI zunehmend in ihre Kernaktivitäten. Während die Meinungen hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen von KI auf bahnbrechende Innovationen, die Entwicklung von Fähigkeiten und die Gleichberechtigung in der Forschung geteilt sind, herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass diese Technologie die Forschungspraxis tiefgreifend verändern wird. Da KI zu einem immer wichtigeren Forschungsinstrument wird, ist es unerlässlich, zu verstehen, wer sie für welche Aufgaben nutzt und vor welchen Herausforderungen die Anwenderinnen und Anwender stehen. Dieses Wissen ist entscheidend für die Gestaltung künftiger Strategien, die Unterstützung von Forschenden bei der effektiven und verantwortungsvollen Einführung der Technologie und die Wahrung wissenschaftlicher Standards.

    ÜBER DAS MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR INNOVATION UND WETTBEWERB

    Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb betreibt juristische und ökonomische Grundlagenforschung zu Innovations- und Wettbewerbsprozessen und ihrer Regulierung. Im Mittelpunkt der Forschung stehen Anreize und Determinanten für Innovation sowie deren Implikationen. Mit einem herausragenden internationalen Forschungsteam und einer exzellenten wissenschaftlichen und administrativen Infrastruktur, einschließlich der renommierten Bibliothek, ist das Institut Anlaufstelle für Akademikerinnen und Akademiker aus aller Welt und fördert aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Durch das Engagement in der wissenschaftlichen Ausbildung unterstützt das Institut Forschende am Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn und fördert den Wissensaustausch in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Institutionen. Es informiert und berät im juristischen und ökonomischen Diskurs auf unparteiischer Grundlage. Als unabhängige Forschungseinrichtung stellt das Institut evidenzbasierte Forschungsergebnisse für Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit zur Verfügung.

    Zum Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb: https://www.ip.mpg.de/de/


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Marina Chugunova
    Senior Research Fellow
    https://www.ip.mpg.de/de/personen/chugunova-marina.html


    Originalpublikation:

    Chugunova, Marina; Harhoff, Dietmar; Hölzle, Katharina; Kaschub, Verena; Malagimani, Sonal; Morgalla, Ulrike; Rose, Robert (2026). Who Uses AI in Research, and for What? Large-Scale Survey Evidence from Germany, Research Policy, 55 (2), 105381.
    https://doi.org/10.1016/j.respol.2025.105381


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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