Warum interessiert sich die Philosophie für die Indianersprachen Nordamerikas oder die Riten zentralafrikanischer Volksstämme? Für gewöhnlich sind solche Themen ja Gegenstand volkskundlicher, nicht aber philosophischer Forschungen. Doch ein Projekt am Institut für Philosophie der Universität Würzburg strebt eine Verständigung zwischen beiden Disziplinen an.
Das Projekt namens "Philosophische Grundlagen der Kulturanthropologie", das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird, steht unter der Leitung von Prof. Dr. Karl-Heinz Lembeck. Die Kulturanthropologie ist sowohl in der Volkskunde als auch in der Philosophie eine einschlägige Forschungsrichtung. Die volkskundlich orientierte Kulturanthropologie wurde bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts in den USA begründet. Sie beschäftigt sich mit der Formenvielfalt der Kulturen und den daraus ableitbaren typischen Charakteren und Chancen menschlichen Verhaltens und Lebens. Diese Forschungsrichtung gründet auf der Auffassung, daß nicht nur Kultur, sondern Kulturen in der Mehrzahl zur Definition der menschlichen Art gehören.
Der philosophisch orientierten Kulturanthropologie hingegen geht es Prof. Lembeck zufolge um prinzipiellere Fragen. Sie wolle das Wesen des menschlichen Lebens bestimmen, insofern es kulturell bedingt ist. Sie frage, warum das menschliche Leben sich notwendigerweise in Grundformen wie Kunst, Religion, Wissenschaft, Technik, Sprache, Politik oder Wirtschaft ausdrückt. Dabei geht es der Philosophie zuletzt um den Nachweis, daß die Natur des Menschen wesentlich seine Kultur ist.
Das Würzburger Forschungsprojekt sucht nach gemeinsamen Fundamenten in diesen beiden Traditionen, die sich beide bei der jeweils anderen Disziplin bedienen, um die eigene Arbeit zu untermauern: Die Volkskunde zehre, so Prof. Lembeck, von wissenschaftsphilosophischen Betrachtungen, um ihren theoretischen Ansatz zu stützen, und umgekehrt beziehe sich die Philosophie auf die Befunde der Volkskunde, um ihr anthropologisches Konzept vom Vorwurf willkürlicher Spekulation freizuhalten. Deshalb seien wissenschaftshistorische Beziehungen nachzuweisen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Gründungsphase der amerikanischen Kulturanthropologie aus dem Geiste der Historismus-Debatten des ausgehenden 19. Jahrhunderts als auch hinsichtlich gegenwärtiger Diskussionen über die Ethnographie, also die reine Beschreibung der Völker.
Für dieses Projekt hat Prof. Lembeck eine Volkskundlerin als Mitarbeiterin gewonnen. Somit kann die philosophisch fundamentale Frage nach dem Menschen nicht nur sachlich, sondern auch personell im Rahmen eines interdisziplinären Gesprächs erörtert werden.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Karl-Heinz Lembeck, T (0931) 31-2851, Fax (0931) 888-7026, E-Mail:
karl-heinz.lembeck@mail.uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Religion
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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