Der 150. Geburtstag von Arthur Rimbaud, der wohl spektakulärsten Autorengestalt der französischen Literatur, ist der Anlass für ein internationales Kolloquium, das vom 14. bis 16. Oktober im Toscanasaal der Würzburger Residenz stattfindet.
Der Titel der Veranstaltung (" L'invention de l'inconnu - Arts et science dans la nouvelle herméneutique de Rimbaud " / " Die Erfindung des Unbekannten - Kunst und Wissenschaft in der Herme(neu)tik Rimbauds "), an der außer Literaturwissenschaftlern auch zwei Naturwissenschaftler teilnehmen, deutet an, dass es bei diesem Dichter, der mit 21 Jahren bereits alles gesagt hatte, um das Ergebnis einer radikalen Umgestaltung aller Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten, um eine ganz neuartige Weltinterpretation geht, die der Literaturwissenschaft bis heute Rätsel aufgibt.
Beides, die neue Interpretation und ihre rätselhafte Gestalt, ist die Konsequenz eines regelrechten Forschungsvorhabens dieses geistigen Abenteurers, einer immer weiter vorangetriebenen Grenzüberschreitung, die sich von allem Bekannten löst und "im Unbekannten ankommen" will. Das Resultat dieser Suche, die neue Lesart der Wirklichkeit, lässt sich als schöpferische "Hermeneutik" auffassen, die notgedrungen zu einer hermetisch verschlossenen Kommunikation führt, da die Loslösung von allen bekannten Sinnvorgaben nur als absolut Neues authentisch vermittelt werden kann.
Ein wichtiger Aspekt des hermetischen Charakters dieser Neuschöpfung der Welt, die chaotisch scheint und doch einer individuellen Logik gehorcht, sind die in sie eingearbeiteten Fragmente von Kunst- und Wissenschaftsdiskursen, denen in diesem Kolloquium vor allem nachgegangen werden soll. Die Frage nach ihrer Bedeutungsleistung betrifft das (im herkömmlichen Sinne hermeneutische) Verständnis der Texte selbst. Sie lässt sich aber zu der viel grundsätzlicheren Frage nach Denkfiguren erweitern, von denen aus Gemeinsamkeiten von poetisch-künstlerischer und wissenschaftlicher Imagination in den Blick kommen können.
In diesem Sinne soll hier das beim "späten" Rimbaud immer wieder auftauchende Paradigma der Substanz- und Transformationswissenschaft Chemie thematisiert werden, hinter dessen metaphorischen Verwendungen präzise naturwissenschaftliche Kenntnisse des hochbegabten Schülers Rimbaud stehen, die im Rahmen des Kolloquiums von der Würzburger Chemie-Didaktik veranschaulicht werden (15. Oktober, 18.00 Uhr, Hörsaal C, Zentralgebäude Chemie). So verstanden will die Tagung selbst eine Grenze überschreiten und einen wenn auch zaghaften, so doch konkreten Beitrag zu einem der größten Probleme des gegenwärtigen Wissenschaftsbetriebs leisten: der unüberbrückbar scheinenden Kluft zwischen Geistes- und Naturwissenschaften.
Die literatur- und naturwissenschaftliche Annäherung an Rimbaud wird schließlich von einer künstlerischen komplettiert: am 14. Oktober wird in der Graphischen Sammlung des Martin-von-Wagner-Museums der Uni Würzburg um 19.30 Uhr eine Ausstellung eröffnet, in der zwei zeitgenössische Maler (Helmut Booz, Würzburg, und Frank Hempel, Ulm) bis zum 14. November ihre Rimbaud-Interpretationen zeigen. Die Ausstellungseröffnung wird von einer zehnminütigen audiovisuellen Präsentation der ausgestellten Bilder eingeleitet.
Information: Prof. Dr. Thorsten Greiner, Institut für Romanische Philologie, Am Hubland, T (0931) 888-5697/-5695, thorsten.greiner@mail.uni-wuerzburg.de
http://www.uni-wuerzburg.de/romanistik/termine.htm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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