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01.10.2004 13:34

Größte universitäre Materialprüfungsanstalt in Deutschland wird 120 Jahre

Ursula Zitzler Stabsstelle Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart

    Schäden in Bauteilen auf der Spur
    Die Objekte des Interesses reichen von Ziegelsteinen, Beton- oder Holzbauteilen, Bestandteilen für Fahrzeuge vom Kolben bis zum Reifen über Maschinenbauteilen bis zu Großbehältern für die Industrie oder Raketentriebwerken. Wenn es darum geht, Risse und Schäden aufzuspüren, das Verhalten von Werkstoffen und Bauteilen unter Extrembedingungen zu testen, die Lebensdauer und Sicherheit von Anlagen zu prüfen, Anforderungen des Wärme- oder Schallschutzes, die Brandsicherheit von Materialien oder beispielsweise die Eignung von Werkstoffen für Sportstätten nachzuweisen, hat mit großer Wahrscheinlichkeit die Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart (MPA) ihre "Finger im Spiel". Am Freitag, den 8. Oktober 2004 feiert die größte deutsche universitäre Prüfanstalt dieser Art und nach der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin zweitgrößte in Deutschland ihr 120-jähriges Bestehen. In ihren ober- und unterirdischen Prüfeinrichtungen können die Stuttgarter Materialforscher die weltweit größten Bauteile mit bis zu 10.000 Tonnen Gewicht "auf Herz und Nieren" - oder konkreter - auf Risse, Schäden und Ermüdungserscheinungen testen. Rund 400 Mitarbeiter sorgen dafür, dass sich die Einrichtung zu 90 Prozent selbst finanziert.

    Festveranstaltung
    Bei der Festveranstaltung am 8. Oktober auf dem Uni-Campus in Vaihingen (Pfaffenwaldring 47, Hörsaal 47.03 von 9.00 bis 13.30 Uhr) wird auch ein in jüngster Zeit in Baden-Württemberg kontrovers diskutiertes Thema behandelt: Nach einem Grußwort von Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch wird Umwelt- und Verkehrsminister Stefan Mappus über die "Neu-Akzentuierung der atomrechtlichen Aufsicht in Baden-Württemberg" sprechen. Anschließend würdigt Dr. Werner Zaiss, früheres Mitglied der Geschäftsführung der EnBWKernkraft GmbH, die Arbeit der MPA als "Beitrag zur Sicherheit kerntechnischer Anlagen". Michael E. Mayfield, Direktor des amerikanischen Office of Nuclear Regulatory Research, zeichnet eine historische Sicht der Fortschritte in den Materialwissenschaften und deren Beitrag zur nuklearen Sicherheit in den USA. Anschließend folgen Beiträge des Präsidenten des japanischen National Institute of Material Science (NIMS), Prof. Teruo Kishi, zur Politik der Nanotechnologie und Materialforschung in Japan und des Präsidenten des Deutschen Instituts für Bautechnik in Berlin zur "Sicherheit und Zuverlässigkeit im Bauwesen" und zur Rolle der MPA als Partner der Bauaufsicht. Den Reigen der Redner beschließt der Philosoph und Präsi-dent der Volkswagen AutoUni in Wolfsburg, Prof. Walter Zimmerli: "Köpfe sind unser einziger Rohstoff - Die Aufgabe der Wissenswirtschaft in einer Technologiegesellschaft" hat er seinen Beitrag überschrieben. Der Festveranstaltung vorgeschaltet ist am 6.und 7. Oktober das 30. MPA-Seminar mit dem Themenschwerpunkt "Sicherheit und Verfügbarkeit in der Anlagentechnik", das in diesem Jahr in Verbindung mit dem Deutsch-Japanischen Seminar stattfindet.

    Zur Entwicklung der MPA
    Gründer der Materialprüfungsanstalt war Professor Carl von Bach (1847 - 1931), ein Pionier der Ingenieurwissenschaften, der seit 1878 den Lehrstuhl für Maschinenelemente, Dampfmaschinen, Dampfkessel und Elastizitätslehre am damaligen Königlichen Polytechnikum innehatte. 1884 konnte die Materialprüfungsanstalt - zunächst noch auf viele Räumlichkeiten verteilt - ihren Betrieb aufnehmen. Schon damals war der noch heute gültige Bezug zur Lehre klar: "Die Materialprüfungsanstalt ist be-stimmt, den Interessen der Industrie wie auch denen des Unterrichts zu dienen", machte das "Departement des Kirchen- und Schulwesens" im Staatsanzeiger für das Königreich Württemberg bekannt. Binnen kurzem konnte sich die junge Einrichtung zunehmend aus Gebühreneinnahmen selbst finanzieren. 1907 wurde ein Neubau in Stuttgart-Berg eingeweiht. Nach von Bachs Emeritierung im Jahr 1922 erfolgte 1927 die Teilung: Forschungs- und Prüfaufgaben im Bereich Maschinenbau blieben bei der Staatlichen Materialprüfungsanstalt (MPA). Die anderen Aufgaben übernahm die "Forschungs- und Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen (FMPA)", die später nach ihrem langjährigen Institutsleiter den Beinamen "Otto-Graf-Institut" erhielt. Seit 1980 war sie als "Forschungs- und Materialprüfungsanstalt Baden-Württemberg" dem Wirtschaftsministerium zugeordnet und wurde im Jahr 2000 wieder in die Universität eingegliedert. Seit 2003 arbeiten MPA und FMPA, die seit vielen Jahren auf dem Vaihinger Uni-Campus angesiedelt sind, als "Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart" nun wieder unter einem gemeinsamen Dach. Mit dem Zusammenschluss der beiden Einrichtungen zu einer zentralen Einrichtung verfolgt die Universität Stuttgart das Ziel, die Ressourcen zu bündeln und die Effektivität in Materialforschung und -prüfung zu steigern. Nach wie vor aktuell ist der Gründungsgedanke einer engen Verknüpfung zwischen Praxis und Lehre: Die beiden Professoren Eberhard Roos und Hans-Wolf Reinhardt, die die MPA in Personalunion leiten (geschäftsführend ist zur Zeit Eberhard Roos), sind mit zwei Lehrstühlen an den Fakultäten Maschinenbau sowie Bau- und Umweltingenieurwissenschaften fest verankert.

    "Die Materialprüfung hat sich dramatisch verändert", berichtet Prof. Eberhard Roos, geschäftsführender Direktor der MPA. Während es früher vor allem darum ging, Werkstoffe und einfache Bauteile unter realen Bedingungen im Großversuch zu testen, erfordert die heutige komplexe Technik moderner Materialien wie etwa Verbundwerkstoffen genaue Kenntnis der Werkstoffgesetze und den Einsatz leistungsfähiger Rechner. Ohne Simulationen ist die heutige Materialprüfung nicht möglich. Dies gilt gleichermaßen für den Maschinenbau als auch für Baustoffe. Neben der Veränderung der untersuchten Werkstoffe hat sich eine weitere Verlagerung ergeben: während noch vor zehn Jahren rund 80 Prozent der untersuchten Objekte aus dem Maschinenbau aus dem Bereich Kerntechnik stammten, liegt dieser Anteil jetzt bei unter 20 Prozent. Heute untersu-chen die Stuttgarter Materialforscher im Bereich Maschinenbau verstärkt Bauteile aus konventionellen Kraftwerken und dem Bereich Kraftfahrzeugtechnik. Bei den Baustoffen reicht das Spektrum von Zulassungsprüfungen bis zur Eignung von Materialien für Straßenbeläge, Tunnels, Sportstätten oder dem Thema Brandsicherheit. Großen Wert legt Eberhard Roos neben dem Transfer in die Lehre auf die Weitergabe des Know-hows an Fachleute in der Praxis im In- und Ausland. Intensive Kontakte pflegen die Stuttgarter Wissenschaftler unter anderem nach Japan, Korea,Indien und zu den USA.

    Vertreter/innen der Medien sind zur Festveranstaltung am Freitag, den 8. Oktober herzlich willkommen. Wer sich einen Einblick von den Prüfeinrichtungen verschaffen möchte, kann - ab 14.30 Uhr - an Führungen teilnehmen (Treffpunkt: Pfaffenwaldring 4e auf dem Campus der Uni Stuttgart in Vaihingen) oder auf Wunsch dafür Sondertermine vereinbaren unter Tel. 0711/685-2599, e-mail: eberhard.roos@mpa.uni-stuttgart.de.

    Pressemappen können angefordert werden unter constance.crane@mpa.uni-stuttgart.de und simone.stumpp@mpa.uni-stuttgart.de.

    Weitere Informationen zum Programm unter
    www.mpa.uni-stuttgart.de/aktuelles/ankuendigungen/MPA_Seminar_2004_prog.pdf

    Ausführliche Informationen zu Carl von Bach, dem Gründer der Materialprüfungsanstalt, finden Sie unter www.uni-stuttgart.de/uni-kurier/uk75_76/inh75_76.htm.


    Weitere Informationen:

    http://www.mpa.uni-stuttgart.de/aktuelles/ankuendigungen/MPA_Seminar_2004_prog.p...
    http://www.uni-stuttgart.de/uni-kurier/uk75_76/inh75_76.htm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Maschinenbau
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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