30.7.1997
Komplikationen vielfach einsatzbedingt
Suedwestdeutscher Notaerztepreis fuer Ulmer Anaesthesisten
"Die vom Gesetzgeber geforderte Qualitaetssicherung im medizinischen Bereich findet im bundesdeutschen Notarztdienst gegenwaertig nicht statt", stellt Dr. Dr. Burkhard Dirks fest, Leiter der Sektion Notfallmedizin der Universitaet Ulm (Abteilung Klinische Anaesthesiologie, AErztlicher Direktor Prof. Dr. Michael Georgieff). Dieses Manko gab den Anstoss zu einer Untersuchung mit dem Titel "Relevanz und Nutzen der Erhebung von Zwischenfaellen, Ereignissen und Komplikationen fuer das Qualitaetsmanagement im Notarztdienst", die Dirks und sein Mitarbeiter Dr. Michael Leber durchgefuehrt haben. Die beiden Mediziner wollten ermitteln, inwieweit sich das fuer die Anaesthesie bereits existierende Instrumentarium der medizinischen Qualitaetskontrolle auch fuer eine Beurteilung notarztdienstlicher Einsaetze eignet.
Bei besagter Erhebung von Zwischenfaellen, Ereignissen und Komplikationen (ZEK) handelt es sich um ein standardisiertes Protokoll, das die wesentlichen Daten ueber kritische Phasen der aerztlichen Intervention erfasst. Den anhand dieses Protokolls gewonnenen Daten ueber notaerztliche Einsaetze im Bereich der Rettungsleitstelle Ulm aus dem Zeitraum vom 1. Juli 1993 bis 30. Juni 1994 stellten Dirks und Leber zur UEberpruefung des Verlaufs und Erfolges der aerztlichen Massnahmen die entsprechenden Entlassungs- und Verlegungsarztbriefe gegenueber.
Korrekte Diagnosen
Insgesamt 2740 Notarzteinsaetze wurden in der Ulmer Studie erfasst. Bei ungefaehr jedem achten Einsatz (358 Faelle) wurden die Mediziner, zum Teil mehrfach, mit Komplikationen konfrontiert: 446 ZEKs wurden protokolliert; die meisten davon waren waehrend der Patientenversorgung (59%) und des Transports (22%) aufgetreten. Bedenklich stimmt Dirks'/Lebers Resultat, dass mehr als die Haelfte der Zwischenfaelle und Komplikationen (56%) "sicher oder wahrscheinlich einsatzassoziiert" waren, also eine Folge medizinischer, technischer oder organisatorischer Massnahmen. Lediglich 41% der ZEK liessen sich mit einiger Sicherheit auf die ursaechlich vorliegende Erkrankung bzw. Verletzung des Patienten zurueckfuehren.
Leichtfertigkeit kann den Notaerzten der Studie zufolge nicht angelastet werden: was den Schweregrad der dokumentierten ZEK betrifft, zeigte der Vergleich mit Entlass- und Verlegungsarztbriefen, dass sie den Ernst des Vorfalls meist (in 50-69% der untersuchten Faelle) eher ueberschaetzt hatten. Vor allem aber ueberzeugen die notaerztlichen Diagnosen durch ihre Zuverlaessigkeit: in 95% der Faelle ergab der Vergleich von Notarzt- und Klinikdiagnose eine komplette oder ueberwiegende UEbereinstimmung, lediglich 5% der unter den notorisch erschwerten Bedingungen des Noteinsatzes gestellten Diagnosen waren unzutreffend.
Einzelfallanalysen
Rein statistische Auswertungen der ZEK, warnen Dirks und Leber, seien zur Qualitaetskontrolle im Rettungseinsatz allerdings wenig sinnvoll. Die in der Anaesthesie verwendeten Parameter koennten aufgrund des schlechten Ausgangszustandes der meisten Notfallpatienten nur bedingt uebertragen werden. Andererseits duerfen Komplikationen hoeherer Schweregrade als Indikatoren fuer Versorgungs-Schwachstellen gelten. Um sie zu beheben, muessen gegebenenfalls Einzelfallanalysen durchgefuehrt werden. Darueber hinaus fordern Dirks und Leber die Festlegung von Behandlungsstandards und die UEberwachung ihrer Einhaltung durch den jeweiligen Rettungsdienstleiter, ferner die zusaetzliche Einfuehrung eines Rettungsdienstprotokolls fuer das nichtaerztliche Rettungspersonal. Auch das EDV-Programm fuer die einschlaegige Datenerfassung beduerfe noch erheblicher Verbesserung.
Die Pionierarbeit der beiden Ulmer Anaesthesisten ist von der Arbeitsgemeinschaft Suedwestdeutscher Notaerzte e.V. mit dem Martin-Kirschner-Preis "fuer hervorragende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Notfallmedizin" ausgezeichnet worden.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).