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04.10.2004 14:04

Herr der Ringe - chemische Zaubertricks

Dr. Renate Hoer Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

    Selektive Herstellung von Kreuzcatenanen - Paaren aus zwei
    verschiedenen ineinander greifenden molekularen Ringen

    Gebannt schaut das Publikum auf die Bühne, wenn der Magier massiv scheinende Ringe wie Kettenglieder ineinander schiebt, wieder trennt, um sie dann erneut zu vereinen. Auch Chemiker beherrschen diesen Zaubertrick: Ein System aus zwei oder mehreren molekularen Ringen, die ineinander greifen, aber nicht über chemische Bindungen verbrückt sind, nennt man Catenan (von lat. catena = Kette).
    Japanische Forscher um Makoto Fujita von der Universität Tokyo setzten zwei verschiedene zyklische Palladium-Komplexe als "magische Ringe" ein. Das Palladium-Atom kann man sich dabei jeweils als eine Art "Verschluss" vorstellen, der die zwei Enden eines langen Liganden zum Ring verbrückt. Komplex Nr. 1 ist ein einfacher flacher Ring. In Lösung bilden diese Ringe sofort Zweier-Catenane. Die zweite Variante trägt zusätzlich zwei kurze Seitenketten, die wie gegenüber liegende Stäbe vom Ring abstehen. Diese Ringsorte ist deutlich zurückhaltender, hier dauert es ganze vier bis fünf Stunden, bis sich alle Moleküle mit einem Partner vereinigt haben. Woher der Unterschied? Des Rätsels Lösung ist der Reaktionsweg: Damit zwei Ringe ineinandergreifen können, muss bei einem der Ringe der Verschluss aufgehen, dann fädelt er sich durch einen anderen Ring hindurch und geht wieder zu. Das Einfädeln ist bei den einfachen Ringen kein Problem und geht rasch. Beim anderen Ringtyp sind die Stäbe beim Fädeln sehr hinderlich - es geht nur langsam. Warum tun sie es dann überhaupt? Aufgrund von Wechselwirkungen zwischen Bestandteilen beider Ringe ist die Catenanform für die Moleküle energetisch wesentlich günstiger, als als Einzelringe in der Lösung zu dümpeln. Werden beide Ringsorten 1:1 vermischt, finden die Ringe ausschließlich und ohne zu zögern zu gemischten Doppeln zusammen (Kreuzcatenierung). Warum? Bevor die trägen Ringe mit Stäbchen überhaupt anfangen, sich irgendwo einzufädeln, haben sich die wendigen glatten Ringe bereits mehrfach ein- und wieder ausgefädelt. Dabei spielt es für sie keine Rolle, ob sie einen gleich- oder einen andersartigen Partner erwischen. Aber nur im Fall der ausschließlichen Bildung von Kreuzcatenanen kann das Gesamtsystem rasch in den angestrebten energetisch günstigen Zustand, in dem alle Ringe gepaart sind, gelangen. Auf Dauer bewahrt allerdings nur ein Einfrieren alle Kreuzcatenane: Bei Raumtemperatur entstehen daraus nach und nach auch Paare aus je zwei gleichen Ringen. Nach etwa einer Woche herrscht ein Gleichgewicht zwischen den drei Catenansorten mit einer rein statistischen Verteilung von 2:1:1.
    Die Bildung molekularer Überstrukturen in einem Selbstorganisationsprozess kann, wie die beschriebene Kreuzcatenierung zeigt, stark von den Geschwindigkeiten einzelner Reaktionsschritte abhängen - eine vielversprechende, bisher wenig genutzte Methode, um zu gewünschten Strukturen zu gelangen.

    Kontakt: Prof. Dr. M. Fujita
    Department of Applied Chemistry
    School of Engineering
    The University of Tokyo
    7-3-1 Hongo
    Bunkyo-ku
    Tokyo 113-8656
    Japan

    Tel.: (+81) 3-5841-7259
    Fax: (+81) 3-5841-7257

    E-mail: mfujita@appchem.t.u-tokyo.ac.jp

    Angewandte Chemie Presseinformation Nr. 38/2004
    Angew. Chem. 2004, 116 (38), 5126 - 5129

    ANGEWANDTE CHEMIE
    Postfach 101161
    D-69451 Weinheim
    Tel.: 06201/606 321
    Fax: 06201/606 331
    E-Mail: angewandte@wiley-vch.de
    http://www.angewandte.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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