Tagung am 14./15. Oktober an der Universität Jena untersucht die Folgen
Jena (12.10.04) Wenn Unternehmen in Krisen geraten und Kosteneinsparung gefordert wird, dann werden oft "Betriebliche Bündnisse für Arbeit" zwischen den Betriebsparteien geschlossen, um diese Ziele zu erreichen. Unter einer solchen Bezeichnung firmieren jedoch recht unterschiedliche Vereinbarungen. Alle verfolgen das Ziel, in betrieblichen Krisenzeiten bedrohte Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungsverhältnisse sichern zu helfen. Prominentes Beispiel in der Vergangenheit war die 28,8-Stunden-Woche bei VW, das mit "30plus" bei Opel seit Ende letzten Jahres Nachahmung gefunden hat.
Mit diesem Thema beschäftigt sich auch die Jahrestagung der GIRA (German Industrial Relations Association) am 14./15. Oktober an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Etwa 40 Soziologen, Ökonomen und Juristen sowie Praktiker aus Unternehmen und Verbänden werden am Institut für Soziologie erwartet, um über "Betriebliche Bündnisse für Arbeit - ein Ausweg aus der Wettbewerbskrise mit seinen intendierten und nicht-intendierten Folgen?" zu diskutieren.
So verschieden mitunter die Etikettierungen für die Arbeits-Bündnisse, so heterogen sind auch deren Inhalte bzw. Maßnahmen - sie reichen von Arbeitszeitveränderungen bis hin zu Reduktionen des Einkommens und/oder Veränderungen der Arbeitsorganisation. Ob die zahlreichen Tarifverträge, die den Betriebsparteien die 'kontrollierte Abweichung' vom Flächentarifvertrag ermöglichen sollen, den ungesteuerten 'Wildwuchs' betrieblicher Vereinbarungen mittlerweile einzuhegen vermochten, lässt sich nur aus den Erfahrungen der Praxis heraus beantworten - begriffliche Klärung vorausgesetzt. "Bislang konnte sich die Wissenschaft lediglich darauf einigen, dass Merkmale wie die Reziprozität verbindlicher Zusagen, Selbstverpflichtungen sowie klare Begrenzungen und Befristungen betriebliche Bündnisse kennzeichnen sollen", erläutert Tagungsorganisator Prof. Dr. Rudi Schmidt. "Sie sind damit komplexer und übergreifender als Betriebsvereinbarungen, aber auch problematischer", so der Soziologe weiter. Da sie meist gegen geltende Tarifbestimmungen verstoßen, werden sie von den Gewerkschaften als Einstieg in Abwärtsspiralen abgelehnt. Sie wollen sie nur als genehmigungspflichtige Einzelfalllösung, nicht als generelle Handlungsoption der Betriebe. Verbunden damit sind juristische Streitigkeiten u. a. um die Frage der Erweiterung des Günstigkeitsprinzips auch in Richtung Arbeitsplatzerhalt. Radikaler gefragt, ob überhaupt der Tarifvorrang laut Gesetz (TVG) abgeschafft werden soll bzw. kann.
Ungeachtet der nach wie vor nicht ausreichenden wissenschaftlichen Klärung des Phänomens und seiner Folgen haben betriebliche Bündnisse in der Realität große Verbreitung gefunden. "Im Rahmen der Tagung soll versucht werden, diese Klärungsprozesse voranzubringen", betont Schmidt.
Kontakt:
Prof. Dr. Rudi Schmidt
Institut für Soziologie der Universität Jena
Carl-Zeiß-Str. 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945520
Fax: 03641 / 945522
E-Mail: schmidt@soziologie.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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