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26.01.1999 07:54

Der Islam in Deutschland

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Islamische Verse - Wie muslimische Medien ihre Religion und Werte vermitteln

    Jena (26.01.99) "Wir dürfen nicht unser westliches Verständnis auf das Verständnis des Islam übertragen", fordert Silvia Kaweh. Wie schwer das ist, weiß die Doktorandin am Lehrstuhl für Religionswissenschaft der Universität Jena spätestens, seit sie die Ergebnisse des DFG-geförderten Forschungsprojekts über die Religionstradierung außerchristlicher Religionen in Deutschland auswertet.

    Seit fast drei Jahren sammelt Kaweh in der "Forschungsstelle für Religionsvermittelnde Medien" (FRM) der Jenaer Universität alle ihr zugänglichen deutschsprachigen Zeitschriften, Bücher und Flugblätter muslimischer Organisationen in Deutschland, die "religiöses Wissen und religiöse Werte" jenseits des Schulunterrichts vermitteln. Obwohl über 2,7 Millionen Muslime - meistens türkischer Herkunft - in der Bundesrepublik leben, erwies sich bereits das Sammeln der Texte als schwierig. Denn das meist in kleinen Auflagen erscheinende Schriftgut ist so vielfältig und verstreut wie der Islam und seine einzelnen Gruppierungen selber.

    Silvia Kaweh war jedoch erfolgreich und hat einige der vorhandenen Schriften mit Hilfe eines gemeinsam mit Jenaer Soziologen entwickelten Textanalyseprogramms so aufbereitet, daß eine computergestützte systematische Inhaltsanalyse möglich wurde. "Damit übernimmt dieses Projekt eine einmalige Modellfunktion für die historische und systematische Erforschung weiterer Religionstraditionen", unterstreicht der Projektleiter Prof. Dr. Udo Tworuschka.

    In den deutschen Medien wird der "Islam meistens als Bedrohung dargestellt", sagt Silvia Kaweh. Man verwechsele dabei oft die religiös-ethische Anschauung mit der politischen Dimension, klärt die 35-jährige Islam-Expertin auf. Doch die inhaltliche Analyse der untersuchten religions- und damit wertevermittelnden Publikationen, die meistens von missionarisch engagierten Laientheologen herausgegeben werden, macht es einem Europäer schwer, die vermittelten Aussagen neutral zu werten.

    Die Jenaer Religionswissenschaft hat für ihre Untersuchung das Jahr 1993 ausgewählt, "in dem der Bosnien-Konflikt auch in den untersuchten Publikationen eine Rolle spielt", unterstreicht Kaweh. Selbst wenn man die Textinhalte vor diesem Hintergrund analysiert und weiß, daß die "Publikationen oft unter einem Selbstrechtfertigungszwang stehen", so ergeben sich deutlich "konservative Positionen". "Aber sie leiten sich davon ab", erklärt die gebürtige Kölnerin, "daß man den Westen als mittlerweile areligiös ansieht". Und sie entstammen ebenfalls einem "Überlegenheitsgefühl des Islam, der sich als einzige wahre und unverfälschte Religion betrachtet". Europa empfinden die muslimischen Autoren oft als eine kalte, materialistische und ambivalente Welt, die noch immer als Kolonialmacht gesehen und bewertet wird.

    Andererseits fordern die untersuchten Texte von den gläubigen Muslimen einen aktiven Einsatz für Natur und Mitmenschen. "Auf die Vermittlung ethischer Werte wie Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Mitgefühl usw. wird großes Gewicht gelegt", hat die Analyse ergeben. Optimistisch macht auch die Selbstdefinition des Islam als "Religion des Friedens" mit allen Menschen.

    Dieser Teil der Forschungsergebnisse und die Beobachtung, daß die religionsvermittelnden Schriften in den letzten Jahren teilweise selbstkritischer geworden sind, machen den Jenaer Forschern Hoffnung, daß ein verständnisvolles und krisenfreies Miteinander mit dem Islam jenseits des politischen Tagesgeschäftes möglich ist. Die Jenaer Forschungsstelle liefert mit dieser Analyse, die im Frühsommer beendet sein wird, und dem gesammelten Textmaterial eine gute Basis für einen religionsübergreifenden Dialog.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Udo Tworuschka, Silvia Kaweh
    Theologische Fakultät der Universität Jena, 07740 Jena
    Tel.: 03641/941164 oder 941160, Fax: 03641/941152
    e-mail: Udo.Tworuschka@t-online.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Axel Burchardt M. A.
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931041
    Fax: 03641/931042
    e-mail: hab@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medien- und Kommunikationswissenschaften, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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