Medizinische Hochschule Hannover (MHH) ehrt am Freitag ihre Doktoranden
Eltern, Freundinnen und Freunde, Kinder - alle werden sie wieder mit dabei sein, wenn die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) zum zehnten Mal im Hörsaal F ihre Promotionsfeier begeht. Präsident Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann wird die Urkunden für die erfolgreich beendeten Doktorarbeiten 69 jungen Ärztinnen und 59 Ärzten sowie Humanbiologen überreichen; 17 von ihnen haben ihre Promotionen "mit Auszeichnung" abgeschlossen.
Zwei Promotionspreise gehen an Dr. rer. nat. Melanie Brinkmann, MHH-Abteilung Virologie, und Dr. med. Sandra Ciesek, MHH-Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie. Die Auszeichnungen sind mit je 2.500 Euro dotiert und werden von der Gesellschaft der Freunde der Medizinischen Hochschule Hannover e. V. vergeben - wie auch das mit 12.500 Euro dotierte Hannelore-Munke-Forschungs-Stipendium zur Förderung der Krebsforschung. Stipendiatin ist Dr. med. Katharina Wagner, MHH-Abteilung Hämatologie, Hämostaseologie und Onkologie. Zum ersten Mal verleiht die Freundegesellschaft in diesem Jahr den Promotionspreis Tumorforschung, der mit 2.500 Euro dotiert ist. Damit ehrt die Hochschule Dr. med. Natalia Kremenevskaja aus der MHH-Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie. Der mit 10.000 Euro dotierte Sir-Hans-Krebs-Preis geht an Professor Dr. Georgios Tsiavaliaris, MHH-Abteilung Biophysikalische Chemie. Den Preis überreicht Vorstandsmitglied Volker Seidel von der Hannoverschen Lebensversicherung AG, die den Preis gestiftet hat, gemeinsam mit dem MHH-Präsidenten Professor Bitter-Suermann.
Die Promotionspreise
Das K15-Protein: "Wachmacher" für ein Herpesvirus, das Tumoren verursacht?
Dr. rer. nat. Melanie Brinkmann untersuchte in ihrer Doktorarbeit die Funktion eines bestimmten Eiweißes (K15-Protein) im Kaposi-Sarkom-assoziierten Herpesvirus (KSHV). Das Virus wurde vor zehn Jahren entdeckt und gilt als mitverantwortlich für Krebserkrankungen wie das Kaposi-Sarkom, das besonders häufig bei AIDS-Kranken auftritt und mittlerweile der häufigste Tumor in Afrika ist. KSHV hat Strategien entwickelt, die Abwehrmechanismen des Immunsystems zu umgehen und in einem Ruhezustand dauerhaft in der Wirtszelle zu bleiben, ohne angegriffen zu werden. Zugleich beeinflusst das Virus die Zellteilung und kann so schließlich zu Tumoren führen. Das K15-Protein weist Ähnlichkeiten mit einem Krebsprotein des Epstein-Barr-Virus auf - deshalb nahm die Wissenschaftlerin K15 unter die Lupe. Das Ergebnis: Melanie Brinkmann konnte zeigen, dass K15 in der Zellmembran sitzt. Es kann Signalwege in der Zelle beeinflussen, indem es an Zellproteine bindet und somit Informationen in die Zelle weiterleitet. Noch wichtiger: Das K15-Protein könnte eine wesentliche Rolle dabei spielen, wenn das Virus seinen Ruhezustand aufgibt und wieder aktiv wird. Wenn es künftig gelänge, mit Wirkstoffen diesen Signalweg zu stoppen, könnte dies möglicherweise das Wachstum des Kaposi-Sarkoms unterbinden.
Hepatitis C: Defekte Abwehrzellen können infizierte Zellen nicht mehr töten
Dr. med. Sandra Ciesek erforschte die Virusinfektion Hepatitis C. Weltweit sind heute 170 Millionen Menschen infiziert, in Deutschland geht man von 450.000 Virusträgern aus. Damit zählt sie zu den häufigsten chronischen Viruserkrankungen. Die Folge: Entzündungen der Leber, die zur Leberzirrhose oder sogar zum Leberzellkrebs führen können. Nur bei einem Drittel der Patienten heilt die Hepatitis-C-Virusinfektion aus, die meisten Betroffenen entwickeln aus bisher unbekannten Gründen eine chronische Erkrankung und bleiben lebenslang Virusträger. Eine wichtige Rolle in der Abwehr spielen bestimmte weiße Blutkörperchen, die dendritischen Zellen. Sandra Ciesek konnte in ihrer Arbeit erstmals zeigen, dass diese Abwehrzellen nicht nur andere Zellen des Immunsystems aktivieren, sondern auch infizierte Zellen töten. Diese "zytotoxische" Eigenschaft ist bei dendritischen Zellen von Hepatitis-C-Patienten offensichtlich nicht mehr nachweisbar - damit geht eine wichtige Abwehrfunktion verloren. Diese Erkenntnisse geben grundlegende Hinweise auf die Entstehungsursachen einer chronischen Hepatitis-C-Infektion und könnten für die Entwicklung eines Impfstoffes von Bedeutung sein.
Hannelore-Munke-Forschungs-Stipendium
Akute Leukämie: Wie wirken die Krebsgene?
Dr. med. Katharina Wagner wird sich mit Untersuchungen zum akuten Blutkrebs (Leukämie) beschäftigen. Bei dieser Krankheit verdrängen unreife Blutzellen, so genannte Blasten, die normalen Elemente des Blutes. Die Folge: Es drohen Infektionen oder Blutungen, an denen die Patienten ohne Behandlung versterben können. Forscher haben vor kurzem in den bösartigen Zellen Veränderungen der Erbinformation (so genannte Onkogene) entdeckt; die daraus entstehenden Eiweiße tragen zur Entwicklung der Leukämie entscheidend bei. Dr. Katharina Wagner wird nun in ihrem Projekt versuchen, die veränderte Erbinformation gezielt durch "Gene Silencing" (RNA-Interferenz) zu unterdrücken. Sie sucht nach wichtigen Zielstrukturen der Onkogene und wird dazu Zellen vor und nach Ausschalten der veränderten Erbinformation mit Hilfe einer Genexpressions-Analyse vergleichen. Diese Erkenntnisse sollen zu einem besseren Verständnis und langfristig zu neuen Therapie-Ansätzen bei akuter Leukämie beitragen.
Promotionspreis Tumorforschung
Neuer Signalweg in Schilddrüsen-Krebszellen entdeckt
Dr. med. Natalia Kremenevskaja untersuchte in ihrer Arbeit Mechanismen von Wachstum und Differenzierung bei Schilddrüsen-Krebszellen. Sie konnte nachweisen, dass die Ausbreitung der Tumorzellen durch das so genannte wnt-ß-Catenin-System kontrolliert wird: Ist das freie Protein ß-Catenin in der Zelle erhöht, stimuliert es Wachstums- und Dedifferenzierungs-Vorgänge. Der ß-Catenin-Spiegel wird wiederum durch eine Familie von Proteinen, wnt, über Rezeptoren der Zellmembran gesteuert. Die davon regulierten Zielgene konnte Dr. Kremenevskaja mit speziellen Untersuchungen erstmals für Schilddrüsenzellen charakterisieren. Zudem untersuchte sie ein Mitglied der wnt-Familie namens wnt-5a genauer. Wnt-5a wirkt über die Aktivierung eines bekannten Signalweges, der intrazellulären Calziumaktivität, direkt auf die ß-Catenin-Spiegel in der Zelle und übt darüber potente Wachstumsunterdrückende Wirkungen auf die Zellen aus. Dr. Kremenevskajas Untersuchungen an primären Schilddrüsenkarzinomen unterstreichen die Fehlregulation dieses neuen Signalweges. Ihre Ergebnisse eröffnen neue erfolgversprechende Wege, um die Redifferenzierung dieser Tumore und damit neue Therapieansätze weiter zu erforschen.
Der Sir-Hans-Krebs-Preis 2004
Eingriff in die molekulare Architektur: Biologische Bewegungsabläufe sind manipulierbar
Professor Dr. Georgios Tsiavaliaris nimmt den Preis stellvertretend für eine Forschergruppe der MHH und des Max-Planck-Institutes für medizinische Forschung in Heidelberg entgegen. Das Team konnte nachweisen, mit welchen Mechanismen ein biologischer Motor seine Bewegungsrichtung steuert. Das Protein Myosin ist der Motor, der in unseren Muskelfasern für die Bewegung verantwortlich ist. Es liegt in langen Strängen vor und zieht parallele Fasern eines zweiten Proteins, des Aktins, wenige Nanometer an sich vorbei. Myosin erzeugt bei der Umsetzung des zellulären Brennstoffes Adenosintriphosphat eine Drehbewegung. Diese wird durch einen Hebelarm verstärkt, der dafür verantwortlich ist, ob die Bewegung vor- oder rückwärts gerichtet ist. Die Forscher griffen in die molekulare Architektur des Myosins ein: Sie setzten ein U-förmiges Element ein, um den Hebelarm um 180 Grad zu drehen und damit die Bewegung umzukehren. Die erfolgreiche Umsetzung konnten sie durch das Lichtmikroskop mitverfolgen. Damit haben die Wissenschaftler gezeigt, dass sich die Eigenschaften von Proteinen gezielt modifizieren lassen - hier die umgekehrte Laufrichtung eines biologischen Motorproteins. Dies ermöglicht vielfältige Anwendungen für die Nanotechnologie und molekulare Medizin. Maßgeschneiderte Nanomotoren könnten zum Beispiel so verändert werden, dass sie gezielt neuartige Transportfunktionen in Zellen übernehmen. Diese künstlichen Motoren könnten in Zukunft dazu verwendet werden, Medikamente mit hoher Spezifität zum gewünschten Wirkungsort zu transportieren - das wäre ein großer Fortschritt für die molekulare Medizin.
Zeitablauf der MHH-Promotionsfeier am Freitag, 22. Oktober 2004, Hörsaal F
15.15 Uhr Musikalische Einleitung (MHH-Chor)
15.20 Uhr Begrüßung durch MHH-Präsident
Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann
15.30 Uhr Verleihung der Promotionspreise der
Gesellschaft der Freunde der MHH
(überreicht durch MHH-Forschungsdekan
Professor Dr. Karl Welte und Professor Dr. Hartmut Küppers, Vorsitzender der
Freundegesellschaft)
Verleihung des Hannelore-Munke-Forschungs- Stipendiums
(überreicht durch Professor
Dr. Arnold Ganser, Vorsitzender des MHH-
Tumorzentrums,und Professor Dr. Hartmut
Küppers, Vorsitzender der
Freundegesellschaft)
Verleihung des Promotionspreises
Tumorforschung,der erstmalig verliehen wird
von der Gesellschaft der Freunde der MHH
15.45 Uhr Persönliche Aushändigung der
Promotionsurkunden durch
Professor Bitter-Suermann
16.30 Uhr Verleihung des Sir-Hans-Krebs-Preises
(überreicht durch Professor Bitter-Suermann
und Volker Seidel, Vorstandsmitglied der
Hannoverschen Lebensversicherung AG)
16.40 Uhr Abschluss
16.45 Uhr Musikalischer Ausklang (MHH-Chor)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
regional
Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
Deutsch
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