Im Frühjahr 1997 begann der bislang größte Fälschungsskandal in der Geschichte der deutschen Wissenschaft: Zwei renommierte Krebsforscher aus Ulm gerieten in den Verdacht, Daten in ihren Publikationen gefälscht, zum Teil sogar erfunden zu haben. Derartigen Betrügereien in der Wissenschaft geht nun eine Arbeitsgruppe an der Universität Würzburg auf den Grund.
Die Vorwürfe gegen die Ulmer Krebsforscher wurden seinerzeit von Untersuchungskommissionen der betroffenen Einrichtungen geprüft. Eine übergeordnete "Gemeinsame Kommission" kam zu einem niederschmetternden Ergebnis: Experimente sollten vorgetäuscht, Daten manipuliert, Abbildungen gefälscht, Ideen geklaut und junge Wissenschaftler zum Fälschen verleitet worden sein. Mindestens 47 Publikationen, veröffentlicht in renommierten Fachjournalen, waren bis dahin vom Fälschungsverdacht betroffen. Doch nur wenige davon sind bis heute zurückgezogen worden.
Um diesen Fall vollständig aufzuklären, hat die Gemeinsame Kommission eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die von Prof. Dr. Ulf R. Rapp, Vorstand des Instituts für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung der Universität Würzburg, geleitet wird. Diese sogenannte "Task Force" wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Dr. Mildred-Scheel-Stiftung unterstützt. Sie soll das gesamte Schrifttum der umstrittenen Krebsforscher und einiger ihrer Mitautoren untersuchen.
Die "Task Force" arbeitet seit April 1998. Es gilt, 550 Publikationen und rund 80 Buchartikel minutiös nach Manipulationen zu durchforschen, wobei die jeweiligen Autoren in die Aufklärungsarbeit eingebunden werden: In Fragebögen sollen sie sich zu ihren Publikationen äußern. Ein Problem sei, so Prof. Rapp, daß viele Laborbücher, in denen die verdächtigen Tests eigentlich dokumentiert sein sollten, nicht existieren. Zudem seien in den Veröffentlichungen häufig Mitautoren genannt, die in Wirklichkeit nichts zu den jeweiligen Arbeiten beigetragen hätten.
Bisher hat die Würzburger Arbeitsgruppe 110 Publikationen bearbeitet und beim Vergleich der Abbildungen eine Reihe weiterer Fälschungen entdeckt. Ein Ziel der Ermittler ist es, eine kommentierte Liste der betroffenen Publikationen zu veröffentlichen. Aber es geht nicht nur um die Aufarbeitung dieses einen Vorfalls. Um künftig weitere Fälschungen zu verhindern, wird auch beleuchtet, wie es zu einer solchen Situation kommen konnte und wie man sie verhindern kann.
Die DFG und einige Forschungseinrichtungen haben bereits Empfehlungen erarbeitet, wie mit Fällen von wissenschaftlichem Fehlverhalten umzugehen ist. Diese Empfehlungen zum korrekten wissenschaftlichen Arbeiten und zur Publikationspraxis sollen dann auf der Grundlage der von der Würzburger "Task Force" gesammelten Erfahrungen nochmals überdacht und vervollständigt werden.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Ulf R. Rapp, T (0931) 201-5140, Fax (0931) 201-3835, E-Mail:
rappur@mail.uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Mathematik, Medizin, Physik / Astronomie, fachunabhängig
überregional
Forschungsprojekte, Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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