Am 29. und 30. Oktober 2004 veranstaltet das Institut für Geschichtswissenschaften, Bereich Mittelalterliche Geschichte I, unterstützt durch die Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung (Köln), ein internationales und interdisziplinäres Symposium zum Thema "Stiftungskonjunkturen im interkulturellen Vergleich". Neben Mittelalterhistorikern werden Byzantinisten, Osteuropahistoriker und Islamwissenschaftler bzw. Arabisten/Osmanisten aus Deutschland, Israel, den USA und Österreich bzw. Griechenland teilnehmen.
Die Frage nach dem Aufkommen, der extensiven Nutzung, dem Niedergang oder gar der völligen Verdrängung des Stiftungswesens eignet sich in hervorragender Weise dazu, den Zustand einer Gesellschaft zu erfassen. Bisher liegen dazu aber noch keine eingehenden Forschungen vor, und dies trifft für alle Kulturen zu, auf die sich die beteiligten Fächer beziehen. Immerhin sind einige der 'Konjunkturschwankungen' wenigstens bekannt. Man denke nur daran, dass die Kritik der Reformation an der Werkheiligkeit der alten Kirche und die Skepsis der Aufklärer gegenüber den retardierenden Momenten stifterlicher Verfügungen im 16. und 18. Jahrhundert einen Niedergang des Stiftungswesens bewirkt haben oder dass in Diktaturen oder autoritären Staaten wie der DDR das Stiftungswesen abgeschafft werden sollte - und dies zum großen Teil auch gelang. Es fragt sich aber, ob es allgemeine Verlaufskurven von Stiftungskonjunkturen gibt oder ob sich 'Gesetze' für die Verbreitung von Stiftungen formulieren lassen.
Beim Vergleich zwischen der gegenwärtigen Stiftungslandschaft in Deutschland und den USA drängt sich die Vermutung auf, dass ein starker Verwaltungsstaat (wie Deutschland) so lange stiftungsresistent ist, wie er die öffentlichen Aufgaben aufgrund einer guten Wirtschaftslage selbst erfüllen kann, während ein 'schwacher Staat' (wie die USA) von jeher viel nachhaltiger auf die private Eigeninitiative bei der Förderung von Sozialfürsorge, Bildung und Wissenschaft gesetzt hat.
Gerade für die gegenwärtige Diskussion um den Stellenwert von Stiftungen in den politischen Gemeinwesen, die in den traditionell stiftungsfreundlichen muslimischen Ländern ebenso geführt wird wie hierzulande, werden historische Einsichten über die Schubkraft der Stiftungen bei der Fortentwicklung einer Gesellschaft hilfreich und willkommen sein. Der transkulturell-vergleichende Ansatz ist hier besonders geeignet, weil er die Bedingungsgefüge für Erfolg oder Disfunktionalität des Stiftungswesens kritisch einzuschätzen erlaubt. Das wissenschaftliche Ziel der Tagung soll darin bestehen, jene Gegenstände zu identifizieren, anhand derer sich Aufkommen, Erfolg und Niedergang der Stiftungstätigkeit im Hinblick auf das jeweilige historische Umfeld am erfolgversprechendsten vergleichend studieren lässt.
Informationen Prof. Dr. Michael Borgolte
Telefon [030] 2093-2233, Fax - 2431
e-mail BorgolteM@geschichte.hu-berlin.de
http://www.geschichte.hu-berlin.de/ivgem
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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