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03.07.1997 00:00

Programmierter Zelltod

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    3.7.1997

    Memento mori fuer Tumorzellen

    Smith-Kline-Beecham-Preis an Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin

    Apoptose heisst der Tod, der einer Zelle zugedacht ist. Festgelegt ist qua genetischer Vorausbestimmung, dass staendig Zellen aus dem lebenden Gewebe abgestossen werden und zugrunde gehen. Das muss so sein, denn die Faehigkeit zu sterben bildet das unverzichtbare Komplement der biologischen Erneuerung. Welch verhaengnisvolle Folgen es hat, wenn sich Zellen reproduzieren, ohne sterben zu koennen, lehrt uns der Krebs: entartete Zellen, Tumorzellen, vermehren sich nicht nur ungehemmt, sie raeumen auch nicht ihren Platz, und - eine Erfahrung aus der Chemotherapie - oft gehorchen sie auch nicht dem Kommando "Stirb", das der Arzt ihnen durch ein Pharmakon erteilt.

    Woher weiss eine Zelle, wann sie sterben muss? Sie weiss es nicht, sie folgt vielmehr einem Todessignal, einem Selbsttoetungsbefehl, welcher der Zelle ueber ein System von Botenmolekuelen (Liganden) und Empfaengerstellen (Rezeptoren) uebermittelt wird. Ein solcher Nachrichtenweg ist das CD95(APO-1FAS)-System, bestehend aus CD95L, dem Liganden, und den CD95-Rezeptoren auf der Zelloberflaeche, die das Todessignal im Zellinneren ausloesen. Den eigentlichen Toetungsakt vollziehen schliesslich die sogenannten Caspasen - aggressive Enzyme, die den Zerfall des Zellkerns herbeifuehren.

    Bereits eingehend untersucht wurde die Arbeitsweise des CD95-Systems in Immunzellen. So weiss man, dass T-Lymphozyten, durch ein entsprechendes Antigen aktiviert, sowohl den Todesrezeptor CD95 als auch den Todesliganden CD95L produzieren. Damit ist die T-Zelle in der Lage, den Mechanismus der Apoptose sowohl bei sich selbst als auch bei anderen T-Zellen auszuloesen, also (autokrinen) Selbst- oder Brudermord zu begehen, und sogar zum parakrinen "Eliminator" an andersartigen Nachbarzellen zu werden.

    Brennpunkt

    Das Beispiel CD95 ist auch das Modell, an dem Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin, seit kurzem AErztlicher Direktor der Abteilung Kinderheilkunde der Universitaet Ulm, an seiner vorigen Arbeitsstaette in der Abteilung Molekulare Onkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg die apoptotischen Steuerungsmechanismen untersucht hat - so erfolgreich, dass er im Juni 1997 fuer seine Arbeiten zur "Aktivierung des CD95 (APO-1/FAS) Systems durch Zytostatika" mit dem Wissenschaftspreis fuer klinische Forschung der Smith-Kline-and-Beecham-Stiftung (Dotation DM 20.000,-) ausgezeichet wurde.

    Verschiedene Medikamente, die in der Chemotherapie von Leukaemien und Tumoren eingesetzt werden, benutzen den CD95-Signalweg, indem sie gewissermassen die Todesbotschaft auf diesem Signalweg verstaerken. Das kann aber nur gelingen, wenn das UEbertragungssystem selbst grundsaetzlich intakt ist. "Die Blockade des CD95-Signalwegs", schreibt Debatin, "fuehrt zur Zytostatika-Resistenz; in resistenten Tumorzellen kann der CD95-Signalweg nicht mehr aktiviert werden."

    Diese Erkenntnis war fuer die Krebsforschung ebenso wichtig wie ueberraschend. Der Ausloesemechanismus der Apoptose koennte zum Brennpunkt im Kampf gegen den Krebs werden, sowohl im Hinblick auf die Anwendung bekannter Medikamente als auch bei der Entwicklung neuer Zytostatika und zytotoxischer Wirkprinzipien, die die Tumorzelle das Memento mori lehren sollen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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