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27.10.2004 14:39

MHH: Freundegesellschaft fördert Hochschule mit fast 1,1 Millionen Euro

Dr. Arnd Schweitzer Stabsstelle Kommunikation
Medizinische Hochschule Hannover

    Hochdotierte Preise und Vortrag von Dr. Wilhelm Krull bei heutiger Jahresversammlung

    40 Jahre Hilfe, und nun auch in Zeiten knapper Kassen: Die Gesellschaft der Freunde der Medizinischen Hochschule Hannover e. V. (GdF) konnte für die MHH im vergangenen Jahr erneut insgesamt 1,081 Millionen Euro einwerben. Um die Förderung der Hochschule in Forschung und Krankenversorgung zu intensivieren, wird die Freundegesellschaft einen Stifterfonds gründen. "Damit wollen wir auch Stiftern mit kleineren Vermögen, die keine eigene Stiftung gründen wollen oder können, die Möglichkeit geben, Gutes zu tun", erklärt der GdF-Vorsitzende Professor Dr. Hartmut Küppers das Ziel der neuen Initiative. Während der heutigen Jahresversammlung stellte er die aktuellen Zahlen der Gesellschaft der Freunde vor:

    * Ein größerer Teil der Beiträge aller 798 Mitglieder fördert junge Wissenschaftler des MD/PhD-Aufbaustudiengangs "Molekulare Medizin": Elf Studierende werden mit Stipendien in Höhe von insgesamt 83.953 Euro über mehrere Jahre unterstützt.

    * 50.000 Euro flossen in das neue S2-Forschungslabor der Abteilung Virologie (Direktor: Professor Dr. Thomas Schulz).

    * Eine neue Kindertagesstätte speziell für Wissenschaftlerinnen unterstützt die GdF mit 5.000 Euro. Insgesamt sind auf diesem Förderkonto bislang 57.800 Euro eingegangen. Die Initiative ging von MHH-Präsident Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann aus.

    * Für den Umbau des Abschiedsraums der MHH spendierte die GdF 2.000 Euro.

    * Weiterhin fördert die Gesellschaft der Freunde den MHH-Chor, das MHH Symphonie Orchester und den MHH-Ball.

    Die Preussag-Stiftung erhöhte in diesem Jahr ihr finanzielles Engagement. "Der Rudolf-Schoen-Preis ist nun mit 20.000 Euro dotiert", freut sich Professor Küppers. Und immer wieder gibt es einzelne Förderer: So erhielt die GdF 50.000 Euro über ein Testament. Um die eigenen Kosten weiter zu reduzieren, wird die Gesellschaft in den nächsten Monaten ihre Mitglieder- und Datenverwaltung mit dem Ehemaligenverein MHH-Alumni e. V. zusammenführen. "Beide Vereine sprechen aber unterschiedliche Zielgruppen an, eine Fusion macht deshalb keinen Sinn", sagt Professor Küppers.

    MHH-Präsident Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann bedankte sich in seinem Bericht für die großzügige Unterstützung der Freunde im vergangenen Jahr. Gleichzeitig berichtete er über die Ergebnisse der Forschungsevaluation durch die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen und die Konsequenzen, die Präsidium und Senat der Hochschule daraus ziehen.

    Rudolf-Schoen-Preis 2004 für Hannoversche Eiweiß-Forscherin

    Der von der TUI AG, Hannover, gestiftete und mit 20.000 Euro dotierte Rudolf-Schoen-Preis geht in diesem Jahr an Privatdozentin Dr. med. Eva Mischak-Weissinger (41), MHH-Abteilung Hämatologie, Hämostaseologie und Onkologie (Direktor: Professor Dr. Arnold Ganser).

    Nach einer Stammzell-Transplantation ist die akute Reaktion der verpflanzten Zellen gegen den Wirt (Graft-versus-Host-Disease, GvHD) eine gefürchtete Komplikation. Privatdozentin Dr. Mischak-Weissinger hat gemeinsam mit der mosaiques diagnostics and therapeutics AG, Hannover, einen Weg gefunden, diese Reaktion mit einer Urinuntersuchung festzustellen: Ein komplexes Muster von vielen Eiweißmolekülen (Polypeptiden) weist auf die drohende Gefahr hin. "Damit ist es in Zukunft möglich, noch frühzeitiger einzugreifen und die Patienten eher vor der GvHD zu bewahren. Zudem benötigen wir keine Gewebeentnahme mehr", sagt die Wissenschaftlerin. Die Ergebnisse der Forschergruppe wurden im renommierten Fachjournal "Blood" veröffentlicht (2004; Volume 104, No. 2, 340-349).

    Die Stammzell-Transplantation ist aus der Therapie vieler Krebserkrankungen nicht mehr wegzudenken: Eine Hochdosis-Chemotherapie zerstört zunächst alle Zellen, die sich schnell teilen - vor allem die Krebszellen, aber auch Stammzellen im Knochenmark, die den Nachschub für die Zellen in Blut und Immunsystem bilden. Deshalb ist sofort eine Stammzellspende notwendig - meist von einem Fremdspender, der die gleichen Gewebemerkmale hat wie der Empfänger. Trotz des Abgleichs kommt es bei bis zu 70 Prozent der Patienten nach einer Stammzell-Transplantation zu einer Reaktion: Verpflanzte Zellen erkennen ihren neuen Wirt als fremd an, eine GvHD entsteht. Bislang war eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion lediglich klinisch zu vermuten, die Symptome reichen von Hautrötungen und Durchfall bis zu erhöhten Leberenzymen im Blut. Absolute Sicherheit brachte dann eine Gewebeentnahme (Biopsie), die eine solche GvHD klar feststellt. Mehrere Forschergruppen wiesen in jüngster Vergangenheit darauf hin, dass möglicherweise "Biomarker" solche risikobehafteten Eingriffe wie eine Biopsie ersetzen könnten. Eine wichtige Rolle spielen dabei Eiweißmoleküle, so genannte Polypeptide. "Vor allem ein Muster aus 29 Polypeptiden zeigt eine GvHD besonders deutlich an. Sie sind nicht erhöht bei Gesunden oder bei Patienten mit einer Blutvergiftung (Sepsis), die ähnliche klinische Symptome wie die GvHD aufweist", sagt Dr. Mischak-Weissinger. "Die Eiweißmoleküle könnten in Zukunft als früher Marker dienen und ermöglichen es damit, eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion einzudämmen oder ganz zu verhindern."

    Jan-Brod-Preis 2004 für Marburger Nierenforscher

    Den von der Solvay Arzneimittel GmbH, Hannover, gestifteten und mit 5.000 Euro dotierten Jan-Brod-Preis erhält Professor Dr. med. Siegfried Waldegger (35), Universität Marburg.

    Er hat mit anderen Forschern der Marburger Kinderklinik die Ursache eines angeborenen und lebensbedrohenden Salzverlustes durch die Niere aufgeklärt. Die Krankheit geht mit einer Innenohrtaubheit einher. Er veröffentlichte seine Arbeit in der Zeitschrift "New England Journal of Medicine" (2004; 350:1314-1319). Die Marburger Kinderärzte untersuchten mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit Hilfe moderner naturwissenschaftlicher Methoden diesen angeborenen Defekt. Dabei identifizierten sie Gendefekte (Mutationen), die mit einem Verlust der Funktion zweier Chloridkanäle verbunden sind. Diese Kanäle sind sowohl für den Kochsalz-Transport in den Nierenkanälchen als auch für den Chloridionen-Transport im Innenohr verantwortlich. Bisher war nur die Bedeutung einer der beiden Chloridkanäle (C1C-Kb-Kanal) für die Funktion der Niere bekannt. Durch den nun erstmals beobachteten zusätzlichen Ausfall eines weiteren Chloridkanals, dem C1C-Ka, entwickelt sich bereits im Mutterleib eine krankhafte Fruchtwasservermehrung (Polyhydramnion) aufgrund der Harnflut bei dem noch nicht geborenen Kind (Fötus).

    Die Kinder werden häufig zu früh geboren und das Problem setzt sich durch das so genannte Hyperprostaglandin-Syndrom fort; ein massiver Flüssigkeitsverlust droht, der ohne rechtzeitige Behandlung zum Kreislaufschock und zum Tod des Frühgeborenen führen kann. Mit der Erkenntnis von Professor Dr. Siegfried Waldegger ist es jetzt möglich, neue diagnostische und therapeutische Maßnahmen für Patienten mit dieser seltenen Krankheit zu entwickeln. "Noch bedeutender für die Gesamtmedizin ist es aber, dass mit diesem Wissen neuartige wassertreibende Medikamente entwickelt werden können, die zum Beispiel bei der Behandlung von Wassersucht bei Herzschwäche oder des hohen Blutdrucks bei Kochsalzeinlagerung eingesetzt werden können", sagt Professor Waldegger.

    Stipendium für Diabetes-Forschung

    Ein Forschungsstipendium der Wiedeking-Stiftung, Krefeld, erhält Dr. rer. nat. Simone Baltrusch (33), MHH-Abteilung Klinische Biochemie (Direktor: Professor Dr. Sigurd Lenzen). Das Stipendium ist mit 20.000 Euro dotiert.

    Eine exakt regulierte Konzentration des Blutzuckers ist für den menschlichen Organismus lebensnotwendig. Das Hormon Insulin spielt dabei eine wichtige Rolle, es wird in den so genannten Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse gebildet. Insulinmangel führt zu einer schweren Stoffwechselstörung, dem Diabetes mellitus - fünf Prozent der Bevölkerung in Industrienationen ist davon betroffen. Der überwiegende Teil der Patienten leidet am Typ-2-Diabetes: Dabei schütten die Beta-Zellen nicht genügend Insulin aus. Die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt. Deshalb untersuchen Forscherinnen und Forscher neue Wege der Therapie. Dr. Simone Baltrusch beschäftigt sich mit dem Enzym Glucokinase, das in den Beta-Zellen die bedarfsgerechte Insulin-Ausschüttung an die Blutzucker-Konzentration koppelt. Die Wissenschaftlerin möchte herausfinden, wie das Enzym reguliert wird - vor allem durch aktivierende und hemmende Bindungspartner in der Zelle. Dabei wird Dr. Baltrusch molekularbiologische und fluoreszenzmikroskopische Methoden einsetzen. Das Ziel: ein neues Medikament, um die Zuckerkrankheit besser behandeln zu können.

    Goldene Ehrennadeln

    Zwei goldene Ehrennadeln verleiht die MHH an zwei langjährige Mitstreiter der Freundegesellschaft: Dr. Georg Kurtz, zwölf Jahre lang Schriftführer der GdF, und Horst Schramm, 20 Jahre lang Geschäftsstellenleiter der GdF, werden für ihr unermüdliches und verdienstvolles Engagement für die Freundegesellschaft und die Hochschule geehrt.

    Festvortrag von Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung

    In seinem Festvortrag "40 Jahre ... !" beleuchtete Dr. Wilhelm Krull zunächst ein medizinisches, genauer, ein orthopädisches Problem: die weichen Knie des bürgerschaftlichen Engagements und ihre drohende Überlastung. "Die Bürger- oder Zivilgesellschaft wird immer öfter als Ersatz für staatliches Handeln gesehen, als Lösung für Probleme, die der Staat und seine Einrichtungen nicht mehr bewältigen", sagte Dr. Krull. Der moderne demokratische Staat habe ein vitales Interesse an einer aktiven Bürgergesellschaft: Sie leiste soziale Integration, versorge den Staat mit Ideen und Impulsen und entlaste ihn, indem sie wichtige Aufgaben in vielen gesellschaftlichen Bereichen übernehme. "Bürgerschaftliches Engagement wie dasjenige der Freunde der MHH ist "social capital" par excellence. Es stiftet nicht nur Identität und fördert sozialen Zusammenhalt, es kann auch immer wieder die notwendigen Funktionen eines unkonventionellen Anstoßgebers und einer Korrekturinstanz bei Fehlentwicklungen von Markt und Staat ausfüllen", sagte Dr. Krull. Er glaube nicht, dass die MHH ohne die Gesellschaft ihrer Freunde heute das wäre, was sie ist. Mit sechs Millionen Euro habe die GdF die MHH seit 1973 aus eigenen Mitteln unterstützt, hinzu kamen 30 Millionen Euro eingeworbener Spenden.


    Weitere Informationen:

    http://www.mh-hannover.de/einrichtungen/freunde/freunde.htm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
    Deutsch


     

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