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03.11.2004 08:56

Vor 105 neuen Standortschließungen: Wie sollen die Kommunen die strukturpolitischen Aufgaben bewältigen?

Susanne Heinke Public Relations
Bonn International Center for Conversion (BICC)

    Weitere 105 Standorte will das Verteidigungsministerium bis zum Jahr 2010 schließen. Nun steht fest - unter den geschlossenen Standorten sind Emmerich, Coesfeld und Lippstadt in Nordrhein-Westfalen, Fuldatal und Schwalmstadt in Hessen sowie Schneeberg in Sachsen, alles strukturschwache Regionen. Die Experten des BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn) warnen jedoch vor einer "Endzeitstimmung". Gleichzeitig stellen sie die Frage nach umfassenden Konversionskonzepten seitens des Bundes und der EU.

    "Standortschließungen sind zunächst mit negativen sozioökonomischen Auswirkungen verbunden, die sich vor allem in Arbeitsplatz- und Kaufkraftverlust sowie sinkenden Steuereinnahmen ausdrücken," unterstreicht Lars Wirkus, Projektleiter am BICC. Entscheidungskriterium des Bundesverteidigungsministerium seien "militärische und funktionale Notwendigkeit sowie die betriebswirtschaftliche Verantwortbarkeit". Es sei demnach zu befürchten, das der Beschluss vor allem Standorte in strukturschwachen Regionen trifft. Insbesondere für Städte und Gemeinden in überwiegend ländlichen Regionen, wo die Bundeswehr in den 50er Jahren nicht nur aus militärstrategischen Gründen, sondern auch aus strukturpolitischen Kalkül Quartier bezogen hatte, bringen Standortreduzierungen und -schließungen massive regionalökonomische und arbeitsmarktpolitische Probleme mit sich. Es ist nachvollziehbar, dass eine befriedigende Lösung für die dann leerstehende Kasernen, Depots und Übungsplätze zunächst kaum möglich scheint.

    Trotz aller Skepsis - Konversion bietet auch strukturpolitische Chancen

    "Bei allen Problemen sollten wir nicht vergessen, dass die bis dato durchgeführten Konversionsvorgänge durchaus nicht nur zu einer Schwächung der jeweiligen Kommunen und Regionen geführt haben," betont Lars Wirkus. Die künftig von Standortschließungen betroffenen Kommunen können zum einen auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz und zahlreiche "best-practice" Beispiele erfolgreicher Konversion zurückgreifen. Zum anderen böte die frühzeitige Ankündigung seitens des Verteidigungsministeriums - die Standortschließungen sollen 2006 beginnen und 2010 abgeschlossen sein - die Möglichkeit, sich flexibel auf die Veränderungen einzustellen.
    Auch wenn zu Beginn eines Konversionsvorhabens in vielen Kommunen die Skepsis überwiege, der Zwang zur Umorientierung in der Vergangenheit auch durchaus neue Chancen eröffnet, ist Wirkus sicher. Vielerorts seien aus Kasernenarealen Wohngebiete entstanden, aus Depotanlagen Gewerbeflächen und Truppenübungsplätze seien in Naturschutzgebiete integriert worden.

    Das BICC ist eine der Institutionen, die jahrelange Expertise in Hinblick auf die praktische Unterstützung von kommunalen und staatlichen Einrichtungen sowie bei der Erstellung von Evaluierungs- und Machbarkeitsstudien zum Thema Konversion hat. Regionale Schwerpunkte der Konversionsarbeit von BICC sind bis dato in Nordrhein-Westfalen, Ostdeutschland sowie Staaten in Zentral- und Osteuropa zu finden.

    Standortschließungen in Folge der Bundeswehrstrukturreform - Wo bleibt das Konzept für Konversion von Bund und EU?

    Die jetzt fälligen 105 Standortschießungen sind Bestandteil der von Verteidigungsminister Struck im Mai 2003 veröffentlichen neuen "Verteidigungspolitischen Richtlinien". Bereits 2001 hatte der damalige Verteidigungsminister Scharping ein "Ressortkonzept Stationierung" vorgelegt, das eine Verringerung der Standorte von damals 621 auf 505 vorsah. Davon sind noch nicht alle Schließungen vollzogen. Insgesamt geht es also bis 2010 um 175 Standorte der Bundeswehr. Dann soll das Ziel von nur noch rund 400 Bundeswehrstandorten erreicht sein.

    Als Ziel des Umbaus der Bundeswehr benennt das Bundesministerium für Verteidigung die nachhaltige Verbesserung ihrer Fähigkeiten und die Anpassung an die veränderte Anforderungs- und Sicherheitslage seit Ende des 20. bzw. Anfang des 21. Jahrhunderts. "Es greift zu kurz, wenn nur über Reduzierungen und Schließungen, nicht aber über ein umfassendes Konversionskonzept nachgedacht wird", mahnt Peter Croll, Geschäftsführer des BICC, an. Wenn die Bundesregierung verteidigungspolitisch in europäischen Dimensionen denke, dürften auch Überlegungen zu einem erneuten europäischen Konversionsprogramm nicht Tabu sein. Die alten EU-Mitgliedsstaaten haben zwischen 1994 und 2001 vom sog. KONVER-II-Programm profitiert, in dessen Rahmen über 700 Millionen Euro für Konversionsmaßnahmen zur Verfügung gestellt wurden. Ein neues Programm sollte zwar vor allem auf die Förderung der Konversion in den neuen Mitgliedsstaaten zielen, aber auch den Kandidatenstaaten und Problemgebieten in den alten Mitgliedsstaaten offen stehen.


    Weitere Informationen:

    http://www.bicc.de/liegenschaftskonversion/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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