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03.11.2004 09:51

Klassiker-Kommentierung im ottonischen Köln

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Durch eine Handschrift aus dem 10. Jahrhundert haben Wissenschaftler der Uni Würzburg neue Erkenntnisse zur Überlieferungsgeschichte gewonnen. Sie verfolgten den Weg, auf dem schriftliche Kommentare über das Werk eines römischen Satirikers nach Deutschland gelangt sind.

    Ulrich Schlegelmilch und seine Kollegen vom Institut für Klassische Philologie befassten sich intensiv mit dem Codex Ebnerianus. Diese Handschrift heißt so, weil sie einst zur Sammlung der Nürnberger Patrizierfamilie Ebner gehörte. Inzwischen befindet sie sich im Besitz des Melanchthon-Gymnasiums in Nürnberg.

    Die Handschrift überliefert die sechs Satiren des Nero-Zeitgenossen Aulus Persius Flaccus (34 - 62), des wohl meistgelesenen römischen Satirikers. Die Werke dieses Mannes wurden aufgrund ihrer bilderreichen und dadurch nur schwer verständlichen Sprache besonders reich kommentiert, wie Schlegelmilch erklärt.

    Derartige Kommentare finden sich in der Handschrift zur Genüge - sie wurden einfach zwischen die Zeilen oder an den Seitenrand geschrieben. Sie zu entziffern, ist ein mühsames Geschäft - die dunkle Tinte von damals ist gelb geworden und unterscheidet sich farblich kaum noch vom Pergament.

    Dennoch: Die Würzburger Forscher fanden heraus, dass die Anmerkungen nicht von einem einzelnen Gelehrten stammen. Stattdessen gehen die Kommentare auf Vorarbeiten zurück, die im späten 9. Jahrhundert in Frankreich entstanden, in der Schule von Auxerre, einem Zentrum der grammatischen und philologischen Gelehrsamkeit der Karolingerzeit.

    Die in der Nürnberger Handschrift verwendete Auswahl aus diesem Kommentarmaterial stimmt weitgehend mit derjenigen überein, die auch in drei anderen Handschriften zu finden ist. Diese werden in Kopenhagen, Wien und Köln aufbewahrt und lassen sich zeitlich und örtlich zuordnen. "Das weist den Ebnerianus als Zeugen einer gelehrten Kommentarredaktion aus, die am Ende des 10. Jahrhunderts in Köln, wahrscheinlich im Kloster St. Pantaleon, stattgefunden hat", so Schlegelmilch.

    Wie die Kommentare von Auxerre nach Köln gelangten, ist dem Forscher zufolge noch nicht präzise rekonstruierbar. Indizien weisen aber darauf hin, dass prominente Gelehrte wie der Bretone Israel (ca. 900 - 970) die Tradition der Schule von Auxerre verbreiten halfen. Von der letzten Wirkungsstätte Israels, dem Trierer Kloster St. Maximin, bestanden Verbindungen nach St. Pantaleon. Zudem beschäftigte sich dort zur gleichen Zeit der gelehrte Tegernseer Mönch Froumund mit den Schriften des römischen Satirikers.

    Die Universität Würzburg hat diese Forschungen mit einem Stipendium aus der anlässlich ihres 400-jährigen Bestehens eingerichteten Jubiläumsstiftung finanziell unterstützt. Eine detaillierte Darstellung der Arbeiten soll demnächst in den Würzburger Jahrbüchern für die Altertumswissenschaft ercheinen.

    Weitere Informationen: Dr. Ulrich Schlegelmilch, T (0931) 31-2822, Fax (0931) 31-2419, E-Mail: ulrich.schlegelmilch@mail.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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