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03.11.2004 12:12

Interkulturelle Kompetenz - Qualitätsmerkmal moderner Psychiatrie: Symposium in Hamburg

Siegmar Eligehausen Konzernbereich Unternehmenskommunikation/Pressestelle
LBK Hamburg GmbH

    Täglich erscheinen Nachrichten zum Thema Migranten, täglich auch Nachrichten zur Gesundheitsreform. Selten findet man gute Darstellungen zur Frage der Ursachen der Schwierigkeiten bei der Diagnosestellung und den Behandlungsmöglichkeiten psychisch kranker Migranten in Hamburg. Das Interesse der Medien am 5. norddeutschen Symposium Transkulturelle Psychiatrie und Migration kann dazu beitragen, viele der unterschiedlichen Aspekte dieses Themas aufzuklären.

    Wir beschäftigen uns nicht mit nur wenigen Menschen. Etwa 16 % der Patienten in der Psychiatrie, im stationären Bereich und in der psychiatrischen Ambulanz, haben einen uns fremden kulturellen Hintergrund. In den somatischen Stationen ist der Prozentsatz ähnlich. Es gibt bisher keine wissenschaftlichen Untersuchungen über die Anzahl von Menschen, die behandlungsbedürftig wären, unser Gesundheitssystem aber aus verschiedenen Gründen nicht erreichen, die z.B. in Asylunterkünften leben, Angst haben, aufzufallen, die deutsche Sprache nicht beherrschen oder nicht wissen, wie sie einen Arztbesuch bezahlen sollen.

    Mit der Veranstaltung am 5.November 2004 bringen wir Interessierte zu einem Meinungs- und Erfahrungsaustausch zusammen und sensibilisieren Menschen, die im Gesundheitswesen mit Migranten zu tun haben, auch die eigenen Vorurteile wahrzunehmen und die Qualität ihrer Arbeit zu verbessern.

    Vormittags finden Vorträge statt, Arbeitsgruppen am Nachmittag vertiefen Aspekte für die praktische Arbeit:

    - In der Arbeitsgruppe I werden unterschiedliche Erfahrungen beim Aufbau bzw. bei der Arbeit auf einer Station mit einem hohen Anteil an Migranten aus pflegerischer und ärztlicher Sicht dargestellt. Eine Station ist in der forensischen Psychiatrie, im Maßregelvollzug. Die andere Station ist eine allgemeinpsychiatrische, auf der sehr viele Patienten aus dem russischen Sprachraum behandelt werden.

    - Die Arbeitsgruppe II wird von zwei Fachleuten geleitet, die intensiv an der Ausarbeitung von Richtlinien für gutachterliche Stellungnahmen zur diagnostischen Einschätzung von psychiatrischen Krankheitsbildern, Traumafolgen und Aussagen zur Prognose des Krankheitsverlaufes bei Migranten mitgewirkt haben. Beide, Professor Zenker als Leiter des Gesundheitsamtes in Bremen und Herr Dr. Fiedler in der Praxis als Facharzt für psychotherapeutische Medizin, sind auch im Rahmen ihrer täglichen Arbeit mit solchen Fragestellungen konfrontiert.

    - In der Arbeitsgruppe III geht es um rechtliche Veränderungen durch das neue Ausländergesetz und deren Auswirkungen für Migranten mit psychiatrischen Erkrankungen.

    - Die Arbeitsgruppe IV bringt unterschiedliche Aspekte ambulanter Behandlungsangebote zur Diskussion. Solche Angebote sollen möglichst eine stationäre Aufnahme vermeiden oder einen stationären Aufenthalt verkürzen. Frau Dr. Chun-Juelich, die selbst Migranten ist. vertritt ihren Arbeitsschwerpunkt, die niedergelassene Psychotherapiepraxis, die Autorin die psychiatrische Ambulanz am KNO. Wenn möglich, wird noch ein(e) ärztliche(r) Mitarbeiter/in aus dem somatischen Bereich Gynäkologie dabei sein.

    Abstracts:
    Vortrag Professor Dr. Heinz-Jochen Zenker:

    Seelische Erkrankungen als Abschiebehindernis:
    Fachliche, ethische und politische Implikationen

    Zusammenfassung:
    Weltweit sind nach Schätzungen internationaler Organisationen ca. 25 Millionen Menschen als Folge von Armut oder der Verfolgung wegen ethnischer, religiöser oder politischer Zugehörigkeiten auf der Flucht. Nur ein kleiner Teil erreicht die Länder der westlichen Welt und von ihnen haben 3 bis 5 Prozent die Chance, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen. Krankheiten, die sich vor oder während des Migrationprozesses manifestiert haben, stellen eine Möglichkeit dar, im Aufnahmeland befristet oder unbefristet verbleiben zu können. In diesem Zusammenhang beauftragen die örtlichen Ausländerbehörden Ärzte und Psychologen der Gesundheitsämter oder anderer Institutionen, gutachterlich zur Frage der sogenannten Reisefähigkeit Stellung zu nehmen. Überwiegend geht es um die Fragestellung, ob ein Posttraumatisches Stresssyndrom (PTSD) vorliegt und ob Aussagen über die Ursachen, den Verlauf und die Prognose der Erkrankung gemacht werden können. Die gutachterlichen Stellungnahmen setzen eine hohe fachliche Qualifikation, Objektivität, Unabhängigkeit und souveräne ethische Grundhaltung voraus. Potenziellen Konflikten kann durch fachliche Rahmensetzungen, wie sie von Landes- und Bundesärztetagen und regionalen Gesundheitsfachverwaltungen formuliert wurden, begegnet werden. Die Problematik der Rückführung ausländischer Flüchtlinge in ihr Heimatland berührt überwiegend politisch / humanitäre Konfliktfelder, die nur begrenzt von Gutachtern und Therapeuten des Gesundheitsversorgungssystems aufgelöst werden können.

    Rainer Albrecht AG III:

    Welche Änderungen bringt das neue Ausländerrecht für psychisch kranke Migranten?

    Zusammenfassung:
    Am 01.01.2005 tritt das in der Vergangenheit vieldiskutierte Zuwanderungsgesetz - das neue Ausländerrecht - in Kraft. Neben systematischen Umstellungen sieht dieses Recht, wenigstens in einer Übergangsphase, auch materiell-rechtliche Möglichkeiten aus einer Duldung in eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis zu gelangen vor. Zwar dürfen die Hoffnungen nicht überspannt werden - es bleibt bei den Einzelfallprüfungen - jedoch können sich Chancen ergeben. Dies gilt auch für Inhaber einer bisherigen Aufenthaltsbefugnis für den möglichen Übergang in einen Daueraufenthalt. Als Schwerpunkt sollen Fragestellungen bereits hier lebender Betroffener erörtert werden. Zugleich ist eine erste Eingewöhnung an neue Begrifflichkeiten das Ziel.


    Weitere Informationen:

    http://www.lbk-hh.de/html/presse/pressemit/pressemit_2004_1198.php
    http://www.klinikum-nord.lbk-hh.de/html/fachabt/psych3/index.php


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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