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09.11.2004 09:30

Keramik aus Papier

Silvia Behr Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. (AiF)

    Eine Innovation aus der industriellen Gemeinschaftsforschung

    Bei modernen Brenntechniken, besonders für den Schnellbrand von Porzellan und Hochleistungskeramiken, sind großflächige Wärmeschutz-Bauteile (Schotten) notwendig. Sie bestehen aus hochtemperaturbeständigen Werkstoffen und sorgen für die thermische Abgrenzung unterschiedlicher Brennkammerbereiche. Diese thermischen Barrieren im Ofeninnenraum sind mehrere Quadratmeter groß und besitzen eine geringe Wärmeleitfähigkeit, eine gute Oxidationsbeständigkeit bis zu 1.500 Grad Celsius und eine hohe Formstabilität, um einen möglichst langen Einsatz zu ermöglichen. Sie sind der Größe des Brennguts angepasst, erleichtern das Stapeln der Ware im Ofen und werden möglichst oft wieder verwendet. Gegenwärtig haben die Schotten eine große Wandstärke von bis zu 6 Millimetern und eine entsprechend große thermische Masse, die zusätzlich zum Brenngut aufgeheizt werden muss. Mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" (AiF) haben Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) in Erlangen und der Papiertechnischen Stiftung in München Wärmeschutz-Bauteile in keramische Körper umgesetzt, die auf Papierstrukturen beruhen. Durch papiertechnisch etablierte Formgebungsprozesse können hohlräumige Siliziumcarbid-(SiC-)Körper mit geringer thermischer Masse entwickelt werden, deren Einsatz eine erhebliche Energieminderung bedeutet.

    Technische Keramik aus SiC gilt als eine der härtesten, schlag- und bruchzähesten Keramiken und wird in aufwändigen Verfahren für Bremsscheiben, Turbinenräder und Werkzeuge hergestellt. Sie hält in vielen Teilen der industriellen Technik Einzug, wo Prozesse unter extremen Bedingungen stattfinden, etwa in Triebwerken, Düsen, Treibstoffpumpen, Hitzeschilden und der Raumfahrt. Da Bauteile für derartige Anwendungen heute sehr komplexe Geometrien haben können, stellt sich für die Forschung die große Herausforderung, die Formgebungsprozesse erheblich zu optimieren oder die Formgebung überhaupt zu ermöglichen. Manche komplexe Geometrien oder großflächige Bauteile konnten bislang gar nicht hergestellt werden.

    Da carbidische Keramiken eine Kohlenstoffkomponente besitzen, kann der Kohlenstoff der Keramik auch organischen Ursprungs sein. Holz oder Fasern zum Beispiel können durch einen Pyrolyseschritt auf ein Kohlenstoffgerüst reduziert werden. Nach Infiltration von Silicium kann das pyrolysierte Holz oder Papier in eine SiC-Keramik umgewandelt werden. Die Mikrostruktur wird en detail in der Keramik abgebildet. An der FAU Erlangen wurde ein Verfahren entwickelt, das das Umsetzen von Papierstrukturen in keramische Körper durch Tauchen der Ausgangsform in einen keramischen Schlicker ermöglicht. Von großem Vorteil ist, dass die Form der Ausgangsstruktur in der keramischen Struktur abgebildet wird und die Festigkeit gebenden Fasergefügestrukturen ebenfalls in die Keramikkörper mit übertragen werden.

    In der Papiertechnischen Stiftung wurde jetzt ein präkeramisches Papier entwickelt, in das spezielle Füllstoffe wie Silicium oder Aluminium bereits bei der Herstellung des Papiers eingebracht werden. Damit die Metallpulver und der Kohlenstoff im richtigen Verhältnis vorliegen, müssen die Papiere einen Metallpulver-Gehalt von bis zu 70 Pro-zent aufweisen, was im Labormaßstab und auf einer Pilot-Papiermaschine bereits er-reicht wurde. Dieses Papier kann dann ohne den bisher notwendigen Schlicker-Tauchvorgang direkt in die keramische Struktur übertragen werden.

    Die vollkommen neuartige, fibrilläre Mikrostruktur der aus Cellulosematerialien erzeugten Faserkeramik weist gegenüber den durch konventionelle Pulvertechnologie erzeugten porösen Materialien entscheidende Vorteile auf. Über eine Variation der Cellulose-faserstrukur lassen sich Dichte und Porosität der Keramiken in weiten Grenzen variie-ren. Bei der Nutzung von vorgeformten Papieren (Wellpappestrukturen) lassen sich dadurch leichtgewichtige, keramische Bauteile herstellen, die nicht nur für Wärme-schutzanwendungen, sondern auch für Filter- und Katalysatorträgerstrukturen genutzt werden können. Die Herstellung von Spezialpapieren zur Produktion von großflächigen Ofenbauteilen oder anderen Leichtbaustrukturen für Hochtemperaturanwendungen aus Wellpappestrukturen ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen interessant, weil sie flexibel relativ geringe Mengen an Spezialpapier herstellen können.

    Ansprechpartner: Renate Kirmeier, Papiertechnische Stiftung, München,
    E-Mail: r.kirmeier@ptspaper.de, Tel.: 089 12146-73
    Dr. Heino Sieber/Dr. Olga Rusina, FAU Erlangen, LS Glas und Keramik,
    E-Mail: heino.sieber@ww.uni-erlangen.de, Tel.: 09131 85-27553

    Pressearbeit: AiF, Silvia Behr, E-Mail: presse@aif.de, Tel.: 0221 37680-55


    Weitere Informationen:

    http://www.aif.de Forschungsförderung zu Gunsten des Mittelstandes


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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