Noch bis zum 12. November präsentiert sich das Forschungszentrum TERRAMARE (FTM) auf der Eurotier mit Informationen über marine Aquakulturprojekte, die mit Unterstützung des Forschungszentrums realisiert wurden und werden.
TERRAMARE, in erster Linie Dienstleister für die Flachmeer-, Küsten und Meeresumweltforschung im Land Niedersachsen, engagiert sich vor diesem thematischen Hintergrund auch in der marinen Aquakultur. Services werden, je nach Anforderung, auf infrastrukturellem, organisatorischem und/oder wissenschaftlichen Gebiet erbracht. Die vom FTM in entsprechend unterschiedlicher Ausprägung begleiteten Projekte befassen sich sowohl mit ökologischen als auch ökonomischen Aspekten der Aquakultur. Die naturgemäß in erster Linie anwendungsbezogenen Vorhaben besitzen zum Teil auch Grundlagencharakter. Wenngleich keinem der genannten Bereich ausschließlich zuordenbar, sind dennoch Schwerpunkte auszumachen.
Schutz des Meeres
Gemeinsam ist den derzeit mit FTM-Beteiligung oder -Unterstützung bearbeiteten Vorhaben das Ziel, negative Auswirkungen menschlichen Wirkens auf das Ökosystem Meer zu verringern. Dies betrifft wirtschaftlich orientierte Eingriffe in das Meer ebenso wie wissenschaftliche. Ein Beispiel: Für das 2003 beendete niedersächsische Schwerpunktprogramm 'Marine Biotechnologie' wurden am Blättermoostierchen (Flustra foliacea) aus der Nordsee Wirkstoff-Untersuchungen durchgeführt. Es gilt für Flustra wie auch viele andere marine Organismen: Abgegebene Wirkstoffe liegen zumeist in geringen Konzentrationen vor. Es werden daher große Mengen an Untersuchungsmaterial benötigt, um potentielle Wirkstoffe zu identifizieren und Wirkungen zu untersuchen. Derartige Mengen sind entweder im Meer nicht verfügbar, oder ihre Entnahme aus der Natur stellt einen massiven Eingriff in das marine Ökosystem dar. Die Untersuchungen des FTM konzentrierten sich daher darauf, die Vermehrung Flustras in künstlichen Systemen an Land voranzutreiben. Ein gegenüber der geschlechtlichen Fortpflanzung deutlich effektiveres Verfahren zur vegetativen Vermehrung ("Stecklingsvermehrung") des Blättermoostierchens wurde entwickelt, ebenso Photobioreaktoren zur Bereitstellung ausreichender Mengen an Futterorganismen. Über Entwicklung, Bau und Betrieb von Bioreaktoren am FTM gibt es enge Verknüpfungen zur hier ebenfalls betriebenen marinen Biotechnologie.
Seezungen von Land
Unter dem Projekttitel 'Entwicklung umweltverträglicher Aquakulturverfahren zur nachhaltigen Produktion mariner Organismen in geschlosssenen Systemen' arbeitet Dr. Jens Kahle im Forschungszentrum Terramare an der Entwicklung einer wirtschaftlich und ökologisch tragfähigen geschlossenen Aquakulturanlage. Es handelt sich dabei um eine Kooperation TERRAMAREs mit der Universität Oldenburg und dem IFM Geomar der Universität Kiel, kofinanziert durch die Europäische Union. In der entstehenden sogenannten Rezirkulationsanlage sollen Meeresfische auf nachhaltige Weise produziert werden. Gedacht ist dabei zunächst an Seezungen. In bereits existierenden Rezirkulationsanlagen wird täglich ein zumeist noch beträchtlicher Anteil des Hälterungswassers ausgetauscht (oft ca. 10 Prozent).
Kahle will durch verschiedene Schritte biologischer Wasseraufbereitung diese tägliche Austauschrate weiter senken. Und nicht nur das Wasser soll rezirkulieren, sondern auch die darin gelösten Nährstoffe. Naturschutz und Wirtschaftlichkeit sind dabei von großer Bedeutung. So birgt die Rückführung von Hälterungswasser in natürliche Ökosysteme die Gefahr einer Faunenverfälschung durch Freisetzung von Larven und/oder ausgewachsene Fische. Zudem belasten ungeklärte Abwässer aus der Fischhaltung natürliche Ökosysteme. Andereseits fallen bei einer alternativen Entsorgung der Abwässer über kommunale Kläranlagen Abwasserkosten an. Das Konzept einer nahezu geschlossenen Anlage mit einem Minimum an Wasseraustausch kann somit den Umweltschutz wirtschaftlich sinnvoll machen.
Muscheln an der Leine
Fragen, denen Dr. Uwe Walter am Forschungszentrum TERRAMARE seit April 2000 nachging, lauteten etwa: wann treten Muschellarven in der Wassersäule auf, lassen sich Saatmuscheln von künstlichen Ansiedlungsmaterialien (Kollektoren) gewinnen und läßt sich etwa die Langleinenkultur für den Jadebusen und vergleichbare Standorte im Nordseeküstenraum sinnvoll adaptieren. Hintergrund für diese Untersuchungen war das äußerst ungleichmäßige Auftreten sogenannter Brutfälle und eine damit einhergehendeschwankende Versorgung der niedersächsischen Muschelfischerei mit Saatmuscheln.
Walter, der mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, der niedersächsischen Muschelfischer und der Nord-West Oelleitungs-GmbH arbeitete, konnte zeigen, das große Mengen von Muschellarven vor allem in den Maimonaten auftreten (in der Jade bis 52.000 Individuen pro m³). Und es zeigte sich, daß sie auf bestimmte Weise beschaffenen Leinen, sogenannten Kollektoren, bevorzugt siedeln (bis zu 70.000 Individuen pro m Kollektor). Um eine Vielzahl dieser Brutsammler zur Saatmuschelgewinnung einzusetzen, wurden seit 2001 verschiedene Langleinenkonstruktionen in der Jade und im Weserästuar erprobt. Es bewährte sich schließlich eine Konstruktion, bei der eine 50-m-Langleine mit insgesamt 8 Tonnen Grundgewichten am Meeresgrund verankert ist. Sie kann bis zu 100 Kollektoren tragen. - In den beiden vergangenen Jahren konnten etwa 2.000 kg Muscheln von je einer Langleine geerntet werden.
Die Langleinenkulturen am FTM sind ein Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in wirtschaftliches Handeln umgesetzt werden können. In einem Folgeprojekt erfolgt nun der Übergang von experimentellen Langleinen zur ersten kommerziellen Pilotfarm. Darüber hinaus führten die Forschungsprojekte am FTM rund um die Miesmuschel jüngst zur Ausgründung der Firma 'MYTILAMAR'. Das Dienstleistungsunternehmen bietet die langjährig erworbenen Erfahrungen im Bereich Aquakultur - Forschung und Consulting am Markt an.
Das Forschungszentrum Terramare nimmt zum zweiten Mal an der internationalen Fachausstellung für Tierhaltung und Management 'Eurotier' der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft e.V. (DLG) teil. Der Gemeinschaftsstand des FTM mit der Fachgruppe Meeresbiotechnologie des niedersächsischen Life-Science-Netzwerks und der BioRegioN GmbH befindet sich in Halle 23 (C23).
http://www.terramare.de/lenguado.htm Weitere Informationen zur Entwicklung umweltverträglicher Aquakulturverfahren
http://www.terramare.de/musscult.htm Projekte zur Marikultur von Muscheln am FTM
"Stecklingsvermehrung" von Flustra am FTM
Forschungszentrum TERRAMARE
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Eine Kolonie des Blättermoostierchens Flustra foliacea
Forschungszentrum TERRAMARE
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Geowissenschaften, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
regional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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