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07.02.1999 12:48

Babylon ist out - Künftige Ärzte und Medizin-Informatiker gemeinsam kreativ am Computer

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Erstmalig durchgeführtes Praktikum "Wissensbasierte Diagnose- und Therapieunterstützung" steht vor dem Abschluß - 36 Studierende der Fachrichtungen Medizin und Medizinische Informatik nahmen teil

    Interdisziplinär - was heißt das eigentlich? Wenn zwei oder mehr Fachleute unterschiedlicher Gebiete gemeinsam ein Problem lösen, das keiner von ihnen alleine lösen könnte. Dadurch, daß sie die Methoden und Kenntnisse ihrer Fächer zusammenbringen und gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten. Was natürlich verlangt, daß sie sich trotz unterschiedlicher Fachsprachen über Inhalte und Ziel verständigen. 36 Studierende der Fachrichtungen Medizin und Medizinische Informatik lernten jetzt im erstmalig durchgeführten Praktikum "Wissensbasierte Diagnose- und Therapieunterstützung", daß Babylon out ist.

    Ein Praktikum in der neuen Studienordnung der Medizinischen Informatik soll vermitteln, wie medizinisches Fachwissen in computergeeignete Form übersetzt wird. Die dabei entstehenden Wissensbasen sollen Ärzten helfen, in schwierigen Entscheidungssituationen Rat beim Computer zu holen. Solche Wissensbasen zu entwickeln, verlangt neben soliden Informatik-Kenntnissen auch vertieften Einblick in medizinische Details. Was lag also näher, als hierfür Studierende der Medizin mit in das Praktikum zu integrieren, im Rahmen der Übungen in "Klinische Anwendungen der Statistik und Medizinischen Informatik im Rahmen des Ökologischen Kurses".

    "Stellen Sie sich vor", so werden die Praktikumsteilnehmer angeleitet, "Sie beginnen nach dem 3. Staatsexamen als Arzt im Praktikum auf einer
    Neugeborenen-Station und sind während eines Nachtdienstes für ein Baby verantwortlich, bei dem eine Gelbsucht auftritt. Können Sie davon ausgehen, daß die Gelbsucht von alleine heilt? Oder ist sie zwar harmlos, muß aber durch Phototherapie behandelt werden? Oder ist sie Hinweis auf eine schwerwiegende Erkrankung, so daß Sie den Oberarzt aus dem Schlaf holen sollten?"

    Ein seltener Fall? Mitnichten, fast zwei Drittel der Neugeborenen haben kurzzeitig eine deutlich gelbe Haut. Meist harmlos? Zum Glück ja, aber in einigen der anderen Fälle ist schnelles Handeln angesagt. Auf den ersten Blick zu unterscheiden? Leider nein. Die Details stehen in einer Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin auf fünf Seiten Text, mit Verweisen auf neun Quellen. Zuviel, um sich schnell zu orientieren. Wie aber, wenn die Details auf dem PC sind, den der jungen Arzt oder die junge Ärztin in einem Dialog von 1 - 2 Minuten befragt, die Krankheitszeichen des Babys nennt und dann Empfehlungen erhält?

    Eine solche Wissensbasis sollen die Studierenden in interdisziplinärer Zusammenarbeit schaffen. In gemischten Vierergruppen sitzen sie am Computer. Die Mediziner verstehen die Leitlinie und finden geeignete Hintergrund-Quellen. Die Medizinischen Informatiker kennen Methoden, Wissen "auf den Computer zu bringen". Anfangs erscheint ihnen die Vermittlung zwischen beiden Welten fast unmöglich. Aber schnell weicht Ratlosigkeit einem immer intensiveren Dialog. Man lernt, die richtigen Fragen zu stellen, die Antworten in einer dem anderen verständlichen Weise zu formulieren. Das Ausgangsproblem wird so interpretiert, daß es in die formale Sprache des Computers übersetzt werden kann. Nach einigen Terminen können auch die künftigen Mediziner selber Wissensdetails eingeben, während die künftigen Medizinischen Informatiker die Logik der Leitlinie verstanden haben.

    Der Impuls für dieses neuartige Praktikum ging von Medizin-Informatik-Professor Dr. Thomas Wetter aus, der neben Unterstützung von nationalen und internationalen Fachkollegen aus Würzburg, Amsterdam, Zürich und Stanford auch vor Ort kompetente Mitstreiter fand. Prof. Dr. Otwin Linderkamp, ärztlicher Direktor der Abteilung Neonatologie der Universitätskinderklinik, beriet in der Auswahl der Leitlinie und steht den Teilnehmern und Teilnehmerinnen bei medizinischen Fragen zur Seite. Privatdozent Dr. Franz Schmalhofer vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern hilft mit seiner Erfahrung im Bereich der Psychologie des menschlichen Problemlösens. Gemeinsam und unter Mitwirkung von Stefanie Fischer, Christian Harries und Stefan Skonetzki vermitteln sie den Studenten die Kenntnisse - mehr noch die Einstellung -, in interdisziplinären Teams zu bestehen, flexibel Kommunikationsprobleme zu beheben und die Aufgabe gemeinsam zu lösen. Nach dem guten Lernerfolg dieses Jahres soll das Praktikum künftig in jedem Wintersemester angeboten werden.

    Rückfragen bitte an:
    Prof. Dr. Thomas Wetter
    Tel. 06221 567490 und -83
    Thomas_Wetter@med.uni-heidelberg.de

    oder:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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