Aktuelle Aspekte über gastrointestinale Tumoren
Samstag, 20. Februar 1999
Warnemünde
Darmkrebs ist besiegbar
Darmkrebs ist einer der häufigsten bösartigen Erkrankungen in Deutschland. Er steht neben dem Lungenkrebs bei Männern und dem Brustkrebs bei Frauen an 2. Stelle der bösartigen Erkrankungen. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen wird für Männer auf 23.000 und für Frauen auf 29.000 geschätzt. Damit trifft es etwa 60-70/100.000 Einwohner. Man rechnet mit einer Sterberate von 30-40 auf 100.000. Pro Jahr versterben 30.000 Menschen an Darmkrebs, davon 240-340 in Mecklenburg-Vorpommern.
In den letzten Jahren zeigt sich ein abfallender Trend der Sterblichkeit. Dies liegt wahrscheinlich an Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung mit Vermehrung des Ballaststoffanteils und Verminderung der gesättigten Fettsäuren. Weitere Punkte sind verbesserte Vorsorgeuntersuchungen und verbesserte Behandlung in der Chirurgie. Dazu kommt die Einführung der Chemotherapie vor oder nach Operation zum einem Zeitpunkt, in dem nur wenige Krebszellen im Körper vorhanden sind und daher noch leichter eine Heilung erzielt werden kann.
Man schätzt, daß bei 10% der Patienten eine erbliche Veranlagung zum Auftreten des Dickdarmkrebses beiträgt. Am längsten bekannt ist das Gen für die sogenannte familiäre adenomatöse Polyposis (FAP), eine Erkrankung, bei der Schleimhautwucherungen im Dickdarm auftreten. Das Gen wird dominant vererbt, hat also eine hohe Durchdringungskraft. Diese Patienten entwickeln Hunderte von Adenomen, Schleimhautwucherungen, aus denen sich schließlich ein Dickdarmkrebs entwickelt. Ein zweites wichtiges Gen, das für die Entwicklung von Dickdarmkrebs mitverantwortlich ist, wurde ebenfalls durch Familienuntersuchungen nachgewiesen: Es ist das sogenannte HNPCC-Gen (benannt nach dem erblichen, nicht durch FAP bedingten Dickdarmkrebs - hereditäres nicht polypöses Kolonkarzinom). Durch Studien konnte gezeigt werden, daß bei etwa 1-6 % aller Patienten mit Darmkrebs eine Veränderung der Gene in diesem Sinne vorliegt.
Bei den meisten Patienten liegt jedoch kein erbliche Anlage für einen Dickdarmkrebs vor. Vorsorgeuntersuchungen mittels der bekannten Tests auf verborgenes Blut im Stuhl, aber vor allen Dingen auch regelmäßige Darmspiegelungen in Abstand von 3-5 Jahren können zur Früherkennung der Erkrankung beitragen und damit zu verbesserten Heilungschancen führen.
Die für die Behandlung des Dickdarmkrebses notwendigen Operationen sind heute durch Richtlinien gut standardisiert. Vieles spricht dafür, daß die Operation in erfahrenen Zentren erfolgreicher durchgeführt werden kann. Die Aussichten auf Heilung stehen beim Dickdarmkrebs in enger Beziehung zur Eindringtiefe des Tumors in die Darmwand. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Befall örtlicher Lymphknoten. Die Aussichten verschlechtern sich dramatisch mit dem Auftreten von Absiedlungen (Metastasen) des bösartigen Tumors in Leber, Lunge und anderen Regionen des Körpers.
In den letzten Jahren hat sich immer mehr das Konzept der sogenannten adjuanten Chemotherapie durchgesetzt. Hierbei wird unmittelbar in Zusammenhang mit der Operation für eine Zeit eine Chemotherapie durchgeführt, um Tumorzellen, die zu diesem Zeitpunkt bereits über den Körper ausgestreut sind, zu vernichten. Offensichtlich ist die Behandlung zu einem Zeitpunkt, an dem nur wenige verborgene Tumorzellen vorhanden sind, besonders erfolgreich. Es wird geschätzt, daß bei konsequentem Einsatz dieser adjuvanten Therapie pro Jahr 3000 bis 5000 Menschenleben in Deutschland gerettet werden könnten.
Das Ostsee-Symposium soll helfen, gerade diese Behandlung weiter zu verankern.
Auch wenn der Tumor fortgeschritten ist, und bereits Metastasen aufgetreten sind, besteht durch neue Entwicklungen Hoffnung auf Linderung. Das Arsenal der Krebsmedikamente ist in den letzten Jahren gewachsen. So sind Medikamente wie das Irinotecan zu nennen bzw. das bereits in Frankreich zugelassene Oxaliplatin. Außerdem wird versucht, die Behandlung der Patienten einfacher zu gestalten durch die Entwicklung von Medikamenten, die als Tablette statt, wie bisher als Spritze in 24 Stundeninfusion, gegeben werden können. Die Behandlung des fortgeschrittenen Darmkrebses kann bei allen Fortschritten noch nicht eine Heilungsmöglichkeit eröffnen. Sie kann aber Linderung und Verlängerung der Lebenszeit versprechen und Lebensqualität verbessern. Der Einsatz dieser Medikamente erfordert die Hand des erfahrenen Arztes. Systematische Vergleiche von Therapiestudien (Therapieoptimierungsstudien) sind unentbehrlich für die weitere Verbesserung der Therapieergebnisse und für den Schutz der Patienten vor nötigen Nebenwirkungen.
Das diesjährige Ostsee-Symposium der Onkologie steht unter dem Thema "Aktuelle Therapie gastrointestinaler Tumoren". Die Abteilungen Gastroenterologie, Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie sowie Hämatologie/Onkologie und Chirurgie möchten die interdisziplinären Konzepte in der Behandlung von Patienten mit Magen- und Darmkrebs vorstellen. Hierbei ist es gelungen, international renomierte Referenten zu gewinnen. Die Konzepte der Fachgesellschaften werden durch die Deutsche Krebsgesellschaft, Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Onkologie, Arbeitsgemeinschaft für Internistische Onkologie und Arbeitsgemeinschaft für Radiologische Onkologie sowie internationale Konzepte der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) vertreten.
Ziel ist es, dem in der onkologischen Versorgung tätigen Arzt die derzeitigen Konzepte vorzustellen und in enger Kooperation der Klinikärzte mit niedergelassenen Hämatologen und Onkologen sowie onkologisch tätigen Ärzten den derzeitigen Wissensstand zu vermitteln und somit zur optimalen Versorgung unserer Patienten beizutragen. Wir erwarten ca. 150 Teilnehmer aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Hamburg und anderen Bundesländern.
Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin
Abteilung Hämatologie und Onkologie
Direktor: Prof. Dr. M. Freund
Abteilung Hämatologie und Onkologie · Klinik für Innere Medizin
Ernst-Heydemann-Str. 6, D-18057 Rostock
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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