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16.11.2004 09:35

Das Beste aus zwei Welten: enzymatische Verfahren zur Herstellung von Chemikalien

Dr. Christine Dillmann Kommunikation
DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V.

    DECHEMA-Preis 2003 für Prof. Dr.rer.nat. Bernhard Hauer, BASF AG, Ludwigshafen

    Der DECHEMA-Preis 2003 der Max-Buchner-Forschungsstiftung geht in diesem Jahr an Professor Bernhard Hauer von der BASF AG, Ludwigshafen. Damit werden seine richtungweisenden experimentellen Arbeiten zum zukunftsträchtigen Einsatz von Biokatalysatoren für die Synthese chiraler Verbindungen und deren Anwendung im industriellen Maßstab ausgezeichnet.

    Ob Mensch, Tier oder Pflanze, jeder hat sie und braucht sie: Enzyme. Als Katalysatoren im Stoffwechsel helfen sie, Essen zu verdauen oder nach einem Glas Wein den Alkohol in der Leber abzubauen. Aber auch bei der Herstellung von Chemikalien gewinnen Enzyme als Biokatalysatoren immer mehr an Bedeutung. Doch wo oder wie findet man das passende Enzym, um eine bestimmte Reaktion zu optimieren? Enzyme Engineering heißt das Zauberwort.

    Mikroorganismen oder Enzyme arbeiten lassen

    Um in der chemischen Industrie Naturstoffe wie Vitamine und Aminosäuren oder auch optische aktive Zwischenprodukte herzustellen, nutzt man zunehmend biokatalytische Verfahren. Zwei Wege gibt es da: Bei der Fermentation wird die katalytische Aktivität lebender Mikroorganismen genutzt. Diese werden mit dem richtigen Rohstoff "gefüttert" und produzieren über ihren Stoffwechsel das fertige Produkt. Bei Variante zwei, dem sogenannten enzymatischen Prozeß, werden einzelne Enzyme eingesetzt, um definierte Reaktionsschritte zu katalysieren.

    Enzyme, wie sie in der Natur vorkommen, sind jedoch nicht unbedingt für einen biokatalytischen Prozeß geeignet. Hauer und seine Mitarbeiter der Forschungsgruppe Biokatalyse nutzten deshalb die Strategie der Natur, durch Mutagenese kleine Veränderungen in die Enzyme einzubauen. Um dann aus Tausenden von Enzymvarianten die geeigneten herauszufinden, werden die Biokatalysatoren mit Hilfe von Robotern in einem sogenannten Screening-Verfahren automatisch und mit hohem Probendurchsatz auf die gewünschte Aktivität hin untersucht. Bis zu 50.000 Enzymvarianten können so pro Tag untersucht werden. Ein Ergebnis war beispielsweise die Optimierung einer Lipase, die zur Herstellung optisch aktiver Alkohole inzwischen im Tonnenmaßstab eingesetzt wird.

    Dem Team um Hauer ist es gelungen, mehrere Verfahren der Biokatalyse in die industrielle Praxis zu überführen, die heute schon im 50 bis zu 2000 Tonnen-Maßstab pro Jahr arbeiten. So werden derzeit durch enzymatische Prozesse im großtechnischen Maßstab optisch aktive Amine und Alkohole, chirale Hydroxycarbonsäuren und Epoxide hergestellt. Dies sind wichtige Zwischenprodukte für Arzneimittel- und Pflanzenschutzwirkstoffe. Sie können auf diesem Wege in hoher Reinheit hergestellt werden und die früher notwendigen, kostenintensiven und aufwendigen Reinigungs- und Anreicherungsschritte entfallen.

    Die Vorteile biokatalytischer Verfahren liegen in ihrer besseren Selektivität und Effizienz im Vergleich zu konventionellen chemischen Prozessen: Während chemische Prozesse oft nur unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen ablaufen, arbeiten Mikroorganismen und Enzyme meist bei Normalbedingungen. Das bedeutet Einsparung an Energie, Rohstoffen sowie an Abfall - und damit echte Kostenvorteile.

    Die Arbeiten von Hauer haben sich als Meilensteine von grundsätzlicher Bedeutung für die Etablierung biokatalytischer Verfahren in der chemischen Industrie erwiesen. Nach Aussagen einer McKinsey Studie liegt der Anteil von Chemieprodukten, die auf biotechnischem Wege hergestellt werden, derzeit bei 5%, bis 2010 wird eine Steigerung auf 10 bis 20% prognostiziert mit weiterhin steigender Tendenz.

    Beruflicher Werdegang:
    Prof. Dr. Bernhard Hauer (Jahrgang 1955) hat an der Universität Hohenheim in Stuttgart Biologie studiert und dort 1982 am Institut für Mikrobiologie promoviert. Nach seinem zweijährigen Aufenthalt Post-doctoral fellow am Department of Microbiology an der University of Chicago begann er 1983 als Laborleiter in der Abteilung Biotechnologie im Hauptlabor der BASF AG. Ab 1988 wurde er dort Gruppenleiter (Biokatalyse und Biotransformation) in der Abteilung Feinchemie. 1999 wurde er zum wissenschaftlichen Direktor (Biotechnologie) ernannt. Ihm obliegt die wissenschaftliche Betreuung der biotechnologischen Forschung der BASF und die Leitung der Forschungsgruppe Biokatalyse sowie der Aufbau wissenschaftlicher Netzwerke mit Universitäten.

    1996 habilitierte er sich an der Universität Heidelberg und wurde dort 2003 zum apl. Professor für das Gebiet Molekularbiologie ernannt. Für die Entwicklung kommerzieller biotechnologischer Produktionsverfahren wurde er 1997 mit dem Innovationspreis der BASF ausgezeichnet. Seit 2003 leitet Prof. Hauer den DECHEMA-Arbeitsausschuß "Grundlagen der Stoffproduktion" im Forschungsausschuß Biotechnologie. Eine besondere Auszeichnung ist der ihm für 2006 übertragene Vorsitz der US-amerikanischen Gordon Research Conference on Biocatalysis.

    Der DECHEMA-Preis der Max-Buchner-Forschungsstiftung wird seit 1951 jährlich vergeben. Damit werden herausragende Forschungsarbeiten aus den Bereichen Technische Chemie, Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Chemi-sche Apparatetechnik gewürdigt. Dabei werden besonders Arbeiten jüngerer Forscher berücksichtigt, die von grundsätzlicher Bedeutung sind und eine enge Verflechtung von Forschung und praktischer Anwendung zeigen. Dieser Preis ist mit 20.000 Euro dotiert.


    Bilder

    DECHEMA-Preisträger 2003:  Prof. Bernhard Hauer, BASF AG, Ludwigshafen
    DECHEMA-Preisträger 2003: Prof. Bernhard Hauer, BASF AG, Ludwigshafen

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik, Maschinenbau
    überregional
    Forschungsergebnisse, Personalia
    Deutsch


     

    DECHEMA-Preisträger 2003: Prof. Bernhard Hauer, BASF AG, Ludwigshafen


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