Einfach Hochschulen mit Geld ausstatten und ihnen dann das Prädikat "Elite-Uni" verleihen? Über diese Pläne der Bundesregierung kann Professor Sigrid Metz-Göckel nur den Kopf schütteln. Denn ein deutsches Harvard lässt sich nicht allein mit üppigen Finanzspritzen realisieren - wie Exzellenz und Elite entstehen, zeigt die Soziologin in Ihrem neuen Buch "Exzellenz und Elite im amerikanischen Hochschulsystem".
Am Beispiel des renommierten Wellesley College, einer Hochschule für Frauen, beschreibt Metz-Göckel exemplarisch, dass Exzellenz und Elite eine gewachsene Kultur ist, bei der die Finanzen nicht die größte Rolle spielen. "Man kann nicht einfach "Elite machen" - so etwas entsteht und wächst über viele Jahre", erklärt sie. Zwar verfügt Wellesley als Elite-College natürlich über viel Geld - doch das erklärt sich vor allem durch das umfangreiche und aktive Alumnae-Netzwerk (Ehemalige). Bei der Aufnahme der Studentinnen spielen die finanziellen Verhältnisse eine untergeordnete Rolle. Neben den Schulnoten werden vor allem die Hobbies und sozialen Aktivitäten der Bewerberinnen unter die Lupe genommen. Erst, wenn eine Schulabgängerin aufgrund ihrer Qualitäten ausgewählt ist, macht sich das College gemeinsam mit der Studentin und ihren Eltern an die Finanzierung. Die Studentinnen können zum Beispiel durch Arbeit auf dem Campus, etwa in der Bücherei oder an Departments, Geld verdienen.
Neben finanzieller Unterstützung, ist das Alumnae-Netzwerk in Wellesley vor allem das langsam gewachsene, soziale Kapital der Hochschule. Mit Absolventinnen wie Hilary Clinton, die nie ganz aus der Uni ausscheiden, sondern ihr immer verbunden bleiben, hat Wellesley auch als reines Frauen-College keine Schwierigkeiten bei der Nachwuchsrekrutierung. Hunderte von Bewerberinnen wetteifern um die begehrten Studienplätze, und die so genannte "selection rate", also der Quotient aus Bewerberinnen und Studienplätzen, ist ebenfalls ein Kriterium für Elite in den USA.
Der augenfälligste Indikator für Exzellenz und Elite ist jedoch die allgemeine Stimmung - der "Geist" auf dem Campus. Anders als an den meisten deutschen Unis herrscht in Wellesley eine absolute Verbundenheit und Identifikation mit der Hochschule. Die Studentinnen sind extrem leistungsbereit und werden von den Universitäts-Mitarbeitern extrem wertschätzend behandelt. "Dort herrscht eine ganz ausgeprägte Kultur von Unterstützung, Anerkennung und Ermutigung in der Gemeinschaft", berichtet Metz-Göckel von den Eindrücken ihres einjährigen Forschungsaufenthaltes. Besonders merkwürdig für deutsche Verhältnisse ist der so genannte "honor code". Dieser Ehrenkodex regelt das Zusammenleben auf dem Campus und in der akademischen Gemeinschaft. So verbietet er sowohl Mehrfach-Ausdrucke am Computer, da Kopieren günstiger ist, als auch Betrug und Täuschung bei Hausarbeiten. Durch den "honor code" können die Professoren den Studentinnen vertrauen - sogar Klausuren werden in Wellesley ohne Aufsicht geschrieben!
Metz-Göckel, Sigrid: Exzellenz und Elite im amerikanischen Hochschulsystem. Portrait eines Women`s College, VS Verlag für Sozialwissenschaften, ISBN: 3-8100-3711-7.
Kontakt:
Sigrid Metz-Göckel
Ruf: (02 31) 7 55 - 5530
Mail: sigrid.metz-goeckel@uni-dortmund.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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