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01.12.2004 15:05

Experiment auf Höhenforschungsrakete MAXUS 6 erfolgreich

Christel Lauterbach Presse, Kommunikation und Marketing
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Verhalten von Teilchen in Strömungen unter Schwerelosigkeit getestet - Kooperation des 1. Physikalischen Instituts mit der Technischen Universität Wien und der Tokio University of Science

    Die Höhenforschungsrakete MAXUS 6 wurde letzte Woche auf ESRANGE bei Kiruna in Nordschweden gestartet. Unter den fünf Experimenteinheiten in der Nutzlast der Rakete befand sich eine, die hauptsächlich von Prof. Dietrich Schwabe, 1. Physikalisches Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen, entwickelt wurde. Dabei wurden kleine Diamantteilchen in pulsierenden Wirbelströmungen untersucht. Das Verhalten von Teilchen in Strömungen ist für die Strömungsmesstechnik wichtig, aber auch in der Verfahrenstechnik und ebenso bei Umweltfragen von Bedeutung, so z.B. bei der Verteilung oder Sedimentation von Partikeln in der Luft oder in Gewässern.

    Das Experiment ist eine Kooperation des 1. Physikalischen Instituts der Justus-Liebig-Universität Gießen, die die wissenschaftliche Leitung hat, mit der Technischen Universität Wien und der Tokio University of Science. Es wird von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA finanziert, und die Arbeiten der Gießener Wissenschaftler werden vom Bundesministerium für Forschung und Bildung unterstützt. Das Experiment wurde von Ingenieuren der Firma EADS Space-Transportation (Bremen-Trauen) realisiert.

    Das Experiment

    Während der parabolischen Flugbahn nach dem Erlöschen des Raketenantriebs und der Absprengung der Nutzlast von der ausgebrannten Raketenhülle nach 70 Sekunden herrschte etwa zwölf Minuten lang Schwerelosigkeit in der Nutzlast. Diese Zeit der Schwerelosigkeit konnte experimentell genutzt werden, denn während dieser Zeit gibt es beispielsweise keine hydrostatische Verformung von großen Flüssigkeitstropfen, keine Sedimentation von Teilchen abweichender Dichte in Flüssigkeiten und keine thermische Konvektion, also keine durch Temperaturunterschiede bewirkte Flüssigkeitsbewegung oder Luftbewegung. Dieser auf der Erde allgegenwärtige Konvektionsmechanismus fällt unter Schwerelosigkeit weg.

    Der von den Gießener Wissenschaftlern untersuchte Wirbel ist ein kreisförmig geschlossener Wirbel. Ein Wirbel ist eine in sich geschlossene, kreisförmige Flüssigkeitsbewegung. Als geometrisches Modell könnte man sich einen völlig geschlossenen Kringel Fleischwurst vorstellen; die kreisförmige Flüssigkeitsbewegung verläuft in allen "Wurstscheiben", die man aus diesem Kringel schneiden könnte. Im Experiment werden die Teilchen zuerst gleichmäßig in der Flüssigkeit verteilt. Man findet sie aber nach wenigen Sekunden wie in einem in sich geschlossenen Faden angeordnet. Dieser Faden ist in unserm Bild spiralförmig um den "Fleischwurstkringel" gewickelt. Er verläuft also wie die Spirale der Schnecke eines Fleischwolfs und dreht sich auch so wie eine Fleischwolfspirale. Der "Teilchenfaden" steht also nicht fest, sondern wird mit dem Wirbel mitgeführt. Der Grund dieses Effektes ist der speziell eingestellte Strömungszustand und die größere Dichte der Diamantteilchen im Vergleich zu der der Flüssigkeit. Diese Spiralstruktur der Teilchenanordnung wird durch die Wechselwirkung der Strömung mit den Teilchen bewirkt und spiegelt eine dynamische Strömungsstruktur wieder, die die Strömung von sich aus entwickelt.

    Das in Kiruna durchgeführte Experiment ist ein geeignetes Modell für die Wirkung der Strömung auf Teilchen, denn der pulsierende Ringwirbel des Gießener Experiments kann beliebig lange aufrechterhalten werden, so dass das Verhalten der Teilchen lange und ungestört beobachtet werden kann.

    Die Strömung wird durch den thermischen Marangoni-Effekt erzeugt, der bei freier Flüssigkeitsoberfläche und angelegter Temperaturdifferenz eine Flüssigkeitsbewegung auch unter Schwerelosigkeit erzeugt. Die Schwerelosigkeit ermöglicht ein Experiment ohne die natürliche Konvektion, die auf der Erde hier mit der Marangoni-Konvektion gekoppelt ist. Außerdem wirkt im Erdlabor zusätzlich die störende Sedimentation auf die Teilchen. Die den Experimentatoren bereits vorliegenden Videobilder der Teilchen in der Strömung zeigen, dass das Gießener Experiment erfolgreich war.

    Kontakt:

    Prof. Dr. Dietrich Schwabe
    1.Physikalisches Institut
    Heinrich-Buff-Ring 16
    35392 Gießen
    Tel.: 0641/99-33150
    Fax: 0641/99-33119
    E-Mail: Dietrich.Schwabe@exp1.physik.uni-giessen.de

    Bildunterschrift:

    Shiho Tanaka von der Tokio University of Science und Prof. Dietrich Schwabe, Justus-Liebig-Universität Gießen, vor der Nutzlastspitze der MAXUS-Rakete. Die einzelnen Experimenteinheiten werden in tonnenförmigen Abschnitten darunter angeordnet. Dahinter befindet sich dann der viel größere Raketenmotor. Die Nutzlastspitze enthält mehrere Antennen und GPS, außerdem ein Fallschirmsystem, denn die 800 kg schwere experimentelle Nutzlast soll sanft zur Erde zurückkehren. Das Gießener Experiment wird vom Boden aus von Frau Tanaka und Dietrich Schwabe ferngesteuert. Zwei Videokanäle und mindestens 30 Datenströme werden ohne Zeitverzögerung zur Bodenstation gesendet.


    Bilder

    Shiho Tanaka von der Tokio University of Science und Prof. Dietrich Schwabe vor der Nutzlastspitze der MAXUS-Rakete.
    Shiho Tanaka von der Tokio University of Science und Prof. Dietrich Schwabe vor der Nutzlastspitze d ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Shiho Tanaka von der Tokio University of Science und Prof. Dietrich Schwabe vor der Nutzlastspitze der MAXUS-Rakete.


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