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02.12.2004 10:22

Wo kommen die Walnüsse her?

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    Sonntag, 5. Dezember, 18 Uhr: Wissenschaftsreportage auf 3sat über die einzigartigen Walnuss-Wildobstwälder in Kirgisistan. VolkswagenStiftung fördert Projekt vor Ort zur Erforschung der Mensch-Umwelt-Beziehungen

    "Naturreporter unterwegs" - unter diesem Motto lässt sich seit Mitte Oktober jeden Sonntag von 18 bis 18.30 Uhr auf 3sat verfolgen, wie Wissenschaftler etwa vor den Bahamas Haie beobachten, Madagaskars einzigartige Inselflora und -fauna erkunden oder sich in Aserbaidschan auf die Suche nach dem Land des ewigen Feuers begeben. Kommenden Sonntag nun folgt der bislang sechste Teil der Filmreihe mit einer Wissenschaftsreportage, die in Kirgisistan spielt: "Im Schatten des Tienschan".

    Was Wissenschaftler dort vorfinden, ist einzigartig: Walnuss-Wildobst-Wälder, die in ihrer Ausdehnung und Biodiversität weltweit ihresgleichen suchen. Die Wälder werden bewirtschaftet und dienen damit der Bevölkerung vor Ort als Lebensgrundlage. Durch die intensivierte Nutzung ist dieses Ökosystem zunehmend bedroht, die Wälder sind inzwischen in kritischem Zustand. Anlass genug für einheimische und deutsche Wissenschaftler, sich - mit Unterstützung der VolkswagenStiftung - dieses Ökosystems von internationaler Bedeutung anzunehmen. Bei ihrer Arbeit vor Ort wurden sie im September/Oktober 2004 begleitet von einem Kamera-Team, und es entstand jene Reportage, die kommenden Sonntag auf 3sat zu sehen ist.

    Der Film zeigt eine Gruppe kirgisischer und deutscher Wissenschaftler, die Ende September die Obstwälder während der Walnussernte bereisen. Zu dieser Zeit ziehen Kirgisen und Usbeken in die Wälder, wo sie in provisorisch - aus Ästen, Folien und Stroh - gebauten Unterständen und Zelten übernachten, ihre Nussbäume beernten und bewachen. Die natürlichen Walnuss-Wildobst-Wälder beherbergen eine große genetische Vielfalt an Wildformen zahlreicher Obstgehölze, darunter neben der Walnuss etwa Apfel, Birne, Pflaume und Weißdorn. Sie erstrecken sich über eine Fläche von 230.700 Hektar, davon sind 25.600 Hektar Walnuss-Reinbestände. Das Gebiet dieser Wälder ist von herausragender weltweiter Bedeutung für den Erhalt des genetischen Potenzials der Wildformen zahlreicher Obstgehölze und hat gute Chancen, den Rang eines UNESCO-Weltnaturerbes der Menschheit zu erhalten. Und so wird auch im Film das große öffentliche Interesse in Kirgisistan am Projekt deutlich - und zudem der landschaftliche Reichtum, der die gesamte Region auszeichnet.

    Hintergrund: Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion spielen diese Wälder eine immer größere Rolle für die Subsistenzversorgung der lokalen Bevölkerung (Früchte, Brennholz, Weide). Während in den letzten Jahrzehnten der Sowjetunion das Walnussholz nur wenig genutzt wurde, steigt jetzt der Nutzungsdruck auf das hochwertige Holz und die Maserknollen der Walnussbäume, die vor allem von ausländischen Händlern nachgefragt werden. Aktuelle Folgen sind ein weiterer Rückgang der Waldfläche und eine Verringerung der Bestandsdichte der Wälder. Wald wird zunehmend in Mähwiese und Ackerland umgewandelt; ein Großteil wird beweidet, sodass sich die Walnuss nicht mehr über ihre Samen verjüngen kann. Das führt dazu, dass die Bestände immer älter werden und letztlich zusammenbrechen, ohne sich regenerieren zu können - auch wenn sich alte Walnussbäume unter optimalen Bedingungen noch mehrere Generationen über die Bildung von Stockausschlägen erhalten können. Aufforstungen durch die staatlichen Forstbetriebe finden kaum statt. Durch die fehlende natürliche Verjüngung der Populationen droht nun die genetische Vielfalt der Obstgehölze verloren zu gehen, was sich durch Aufforstungen auch nur zum Teil kompensieren ließe. Weiterhin verlieren die Wälder zunehmend ihre Schutzfunktion - und das begünstigt Bodenerosion, Hangrutschungen und Hochwasser. Bei einer weiteren Ausdehnung der Nutzungsintensität sind die Wälder mittel- bis langfristig in ihrem Bestand bedroht.

    Das Forschungsvorhaben selbst wird von der VolkswagenStiftung mit 400.000 Euro gefördert, als Kooperationsprojekt der Professoren Udo Schickhoff von der Universität Hamburg, Michael Succow von der Universität Greifswald und Hermann Kreutzmann von der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie beschäftigen sich am Beispiel der Walnuss-Wildobst-Wälder mit den Zusammenhängen zwischen dem sozio-ökonomischen Wandel in Süd-Kirgisistan und dort zu beobachtenden Umweltveränderungen. Dabei gehen sie zunächst den politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen und Prozessen nach, die mit dem Zusammenbruch des autoritären, staatszentrierten sozialistischen Systems zusammenhängen. Ganz konkret aber wollen sie klären, wie sich die Aktivitäten der Menschen in der Region in ökologischer Hinsicht auf die Wälder auswirken: Analysiert werden die Veränderungsprozesse in Reaktion auf den zunehmenden Nutzungsdruck - mit dem Ziel, in einem letzten Schritt eine am Leitbild der Nachhaltigkeit orientierte Entwicklungsperspektive für die bewirtschafteten Wälder aufzuzeigen.

    Kontakt Universität Greifswald
    Institut für Botanik und Landschaftsökologie
    Dr. Hagen Gottschling
    Telefon: 0 38 34 / 86 41 83
    E-Mail: gottsch@uni-greifswald.de

    Kontakt Universität Erlangen-Nürnberg
    Institut für Geographie
    Dr. Matthias Schmidt
    Telefon: 0 91 31/8 52 66 80
    E-Mail: mschmidt@geographie.uni-erlangen.de
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    Die Ergebnisse dürften von Interesse sein für Entscheidungsträger in Kirgisistan, internationale Entwicklungsorganisationen mit Engagement vor Ort und Wissenschaftler weltweit. Darüber hinaus soll Material für die Öffentlichkeitsarbeit und die Umweltbildung in Kirgisistan erarbeitet werden. So könnte über ein verstärktes öffentliches Interesse ein Beitrag geleistet werden zum Schutz der Wälder und zur Sicherung der Existenzbedingungen der lokalen Bevölkerung. Auf der anderen Seite dient das Projekt der Forschungsförderung in Kirgisistan, da viele junge Wissenschaftler in das Projekt einbezogen sind.

    Einen Eindruck von dieser Arbeit können Sie sich nun selbst verschaffen - am 5. Dezember um 18 Uhr auf 3sat (Wiederholung am 10. Dezember um 15 Uhr).
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    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/02122004.pdf

    Unter http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/02122004.htm finden Sie auch ein Bild zum Thema.
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    Kontakt VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 05 11/83 81 - 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    Kontakt VolkswagenStiftung
    Förderinitiative "Mittelasien/Kaukasus"
    Dr. Matthias Nöllenburg
    Telefon: 05 11/83 81 - 290
    E-Mail: noellenburg@volkswagenstiftung.de


    Weitere Informationen:

    http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/02122004.pdf
    http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse04/02122004.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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