Erstmals hat ein deutscher Geheimdienst freiwillig die Hosen heruntergelassen und seine Panzerschränke zu wissenschaftlichen Zwecken geöffnet: In seinem Buch "Geheime Hüter der Verfassung" zeichnet der Bochumer Politologe Dr. Wolfgang Buschfort die Entstehungsgeschichte des Verfassungsschutzes nach, basierend auf Originalakten des Landesverfassungsschutzes in Düsseldorf. Das Buch ist jetzt im Schöningh-Verlag erschienen.
Bochum, 09.12.2004
Nr. 379
Geheime Hüter der Verfassung
Erste Studie über den deutschen Verfassungsschutz
RUB-Politologe "durchleuchtet" Nachrichtendienst
Erstmals hat ein deutscher Geheimdienst freiwillig die Hosen heruntergelassen und seine Panzerschränke zu wissenschaftlichen Zwecken geöffnet: In seinem Buch "Geheime Hüter der Verfassung" zeichnet der Bochumer Politologe Dr. Wolfgang Buschfort die Entstehungsgeschichte des Verfassungsschutzes nach, basierend auf Originalakten des Landesverfassungsschutzes in Düsseldorf. Die zentralen Ergebnisse: Das Land Nordrhein-Westfalen legte den Grundstein für den bundesdeutschen Verfassungsschutz, baute den Nachrichtendienst jedoch ohne Zustimmung der britischen Besatzungsmacht auf. Vorrangige Beobachtungsziele der ersten Verfassungsschützer in der noch jungen Republik waren die FDP und die KPD. Das Buch ist jetzt im Schöningh-Verlag erschienen.
Entstehung zurückdatiert
Das Resultat der umfangreichen Untersuchung ist die erste Geschichte eines westdeutschen Nachrichtendienstes, die auf Originalquellen beruht. Wolfgang Buschfort datiert die Entstehung des Verfassungsschutzes gegenüber bisherigen Annahmen deutlich zurück: bis in die unmittelbare Nachkriegszeit. Demnach gab es in Düsseldorf bereits ab 1947 erste Pläne und Vorbereitungen, einen deutschen Geheimdienst aufzubauen.
An den Briten vorbei
Dabei hatten es die Düsseldorfer mit der britischen Besatzungsmacht zu tun. Alles, was heute einen modernen Nachrichtendienst ausmacht, war bereits damals Gegenstand der Pläne und der Verhandlungen zwischen Briten und Deutschen: die Trennung von der Polizei, die Anbindung an ein Innenministerium und die föderalistische Gliederung. Basierend auf den Erfahrungen aus dem "Dritten Reich" erachteten die Väter des Verfassungsschutzes diese Struktur für essenziell. Trotz aller Einigkeit mit den Briten baute das Landesinnenministerium die so genannte Informationsstelle ("I-Stelle") an den Besatzern vorbei auf, so Buschfort: "Mit nachrichtendienstlichen Praktikern der Wehrmacht und einem Remigranten an der Spitze, Fritz Tejessy."
Auf dem Kieker: KPD und FDP
Nach ihrer Gründung hatte die I-Stelle vor allem zwei Parteien auf dem Kieker: die KPD und die FDP. In Nordrhein-Westfalen war die KPD mit ihren Neben- und Tarnorganisationen angesiedelt. Von hier aus haben "Industriebarone" wie Stinnes jun. rechtsextreme Gruppierungen finanziert und ehemalige Nazis wieder in Lohn und Brot gebracht. Vor allem aber gab es hier das wohl einzige nennenswerte Unterwanderungsunternehmen durch Rechtsextremisten: Den Versuch, die FDP in eine NS-Kaderorganisation umzuwandeln. So wurde die FDP neben den Kommunisten zum bevorzugten Ausforschungsobjekt der Verfassungsschützer.
Der Autor
Dr. Wolfgang Buschfort, Jahrgang 1961, arbeitet als Hörfunk- und Fernsehjournalist beim WDR und ZDF, ist Autor politischer Sachbücher und Lehrbeauftragter an der Fakultät für Sozialwissenschaft der RUB am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft I (Prof. Dr. Wilhelm Bleek).
Titelaufnahme
Wolfgang Buschfort: Geheime Hüter der Verfassung. Von der Düsseldorfer Informationsstelle zum ersten Verfassungsschutz der Bundesrepublik (1947-1961). Schöningh-Verlag, Paderborn 2004, 327 Seiten, 39,90 Euro, ISBN: 3-506-71728-6
Weitere Informationen
Dr. Wolfgang Buschfort, Tel. 0179/4630099, E-Mail: wolfgang@buschfort.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Politik, Recht
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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