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15.12.2004 10:20

Sonderforschungsbereich zieht Bilanz seiner wissenschaftlichen Arbeit

Ricarda Wessinghage Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt a. M.

    Der Sonderforschungsbereich 269 (Sprecher: Professor Dr. H.-W. Korf, Institut für Anatomie II, Fachbereich Medizin, J.W. Goethe-Universität Frankfurt) veranstaltete mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 18. bis 20. November 2004 am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main ein internationales wissenschaftliches Symposium zum Thema Molekulare und zelluläre Grundlagen neuronaler Organisationsprozesse. Mit dem Symposium wurde eine Bilanz der 12-jährigen wissenschaftlichen Arbeit des Sonderforschungsbereichs gezogen, in dem dynamische Prozesse untersucht wurden, die für die Funktion des Gehirns, die synaptische Übertragung neuronaler Signale sowie die Entwicklung und Stabilisierung neuronaler Netzwerke von größter Bedeutung sind. Die Untersuchungen des Sonderforschungsbereichs konzentrierten sich dabei auf neuronale Schaltkreise mit klar umrissenen Funktionen: circadianes System, Hörsystem, Sehsystem, limbisches System und autonomes Nervensystem.

    Neue Behandlungsmöglichkeiten bei Störungen des Tag und Nacht-Rhythmus in Sicht

    Untersuchungen des Tag- und Nacht-Rhythmus (circadianes System) zeigen, dass die zeitliche Orientierung sowohl durch die klassischen Photorezeptoren (Stäbchen, Zapfen) der Netzhaut (H. Meissl, Frankfurt/M), als auch durch einen neuen Photorezeptortyp mit einem bisher unbekannten Photopigment vermittelt wird (R. Foster, London). Die Anpassung an sich verändernde Lichtbedingungen der Umwelt wird hierbei durch ein komplexes Wechselspiel zwischen verschiedenen Neurotransmittern und Hormonen (z. B. Melatonin) erreicht (H.-W. Korf, J.H. Stehle, Frankfurt/M). Diese Untersuchungen liefern eine Grundlage zur Entwicklung von Therapien, etwa mit Medikamenten oder auch mit Licht verschiedener Wellenlängen zur Behandlung circadianer Störungen, wie sie bei Schichtarbeitern, beim Jet-lag oder bei der Winterdepression (seasonal affective disorder= SAD) auftreten.

    Gehörlose Kinder bereits vor Ende des ersten Lebensjahres mit Cochlea- Implantaten versorgen

    Elektronische Hörhilfen, sogenannte Cochlea-Implantate, können den Hörnerv elektrisch reizen und so ein Hörvermögen aufbauen. In experimentellen Studien an gehörlosen Katzen, denen frühzeitig ein Implantat eingesetzt wurde, wiesen R. Klinke und Mitarbeiter (Frankfurt/M) nach, dass die Verarbeitung von Schallreizen im Gehirn nachträglich gelernt werden kann und schließlich in fast normaler Weise abläuft. Gehörlose Kinder, deren Hörnerv noch intakt ist, sollten diesen Untersuchungen zufolge bereits vor Ende des ersten Lebensjahres mit einem Cochlea-Implantat versorgt werden, um eine natürliche Sprachanbahnung zu erreichen.

    Oszillatorische Erregungsmuster im visuellen Cortex entdeckt

    Untersuchungen von W. Singer (Frankfurt/M) zeigen, dass kortikale Netzwerke im visuellen Cortex oszillatorische Erregungsmuster in verschiedenen Frequenzbändern ausbilden. Diese intern generierten, zeitlich strukturierten Aktivitätsmuster zeigen eine enge Korrelation mit der Gedächtnisleistung. Hieraus kann die Hypothese abgeleitet werden, dass diese Mechanismen zur Erzeugung von zeitlichen Rastern genutzt werden, welche die periodische Wiederholung sukzessiv einlaufender Signale ermöglichen und durch entsprechende Überlagerung zeitlich getrennte Ereignisse binden.

    Dornapparat wichtig für den Kontakt zwischen Nervenzellen

    Lern- und Gedächtnisprozesse führen auf der Ebene von Nervenzellen zu strukturellen Veränderungen der Nervenzellkontakte (Synapsen). T. Deller (Frankfurt/M) beschäftigte sich mit den molekularen Grundlagen dieser Vorgänge und konnte im Verbund mit anderen Arbeitsgruppen zeigen, dass eine Zellorganelle (Dornapparat) für die Anpassungsvorgänge im Bereich der Zellkontakte wichtig ist. Hierzu entfernten sie Synaptopodin, ein für den Dornapparat wesentliches Molekül, aus Nervenzellen und wiesen nach, dass die Fähigkeit dieser Nervenzellen zu funktionellen Anpassungsvorgängen stark eingeschränkt ist. Es soll jetzt untersucht werden, inwieweit Veränderungen dieser Zellorganelle auch bei krankhaften Prozessen des Nervensystems (Verletzungen, Alzheimersche Krankheit) eine Rolle spielen.

    Neue Strategien in der Schmerztherapie und bei der Bekämpfung zentralnervöser Atemregulationsstörungen

    H. Betz (Frankfurt/M) und Kollegen (u.a. D. Richter, Göttingen) entdeckten, dass der Neurotransmitter Glyzin eine wichtige Rolle bei der Regulation der Atmung durch das Atemzentrums im Hirnstamm und bei der Verarbeitung und Weiterleitung von Schmerzreizen im Rückenmark spielen. Diese Befunde bilden eine Basis zur Entwicklung von Substanzen, die eine gezielte pharmakologische Beeinflussung von spezifischen Glyzin-Transportern und -Rezeptoren ermöglichen. Hierdurch könnten sich neue Strategien in der Schmerztherapie und bei der Bekämpfung zentralnervöser Atemregulationsstörungen ergeben.

    Wie Nervenzellen des autonomes Nervensystems entstehen

    Untersuchungen von C. Goridis (Paris) und H. Rohrer (Frankfurt/M) haben zur Aufklärung des intrazellulären regulatorischen Netzwerks geführt, das die Entstehung und Differenzierung der Nervenzellen des autonomen Nervensystems steuert. Es zeigte sich, dass einige der beteiligen Faktoren erforderlich und ausreichend sind, um die Entstehung autonomer Nervenzellen aus neuralen Stammzellen auszulösen. Des Weiteren konnte ein direkter Bezug zu bestimmten Erkrankungen des autonomen Nervensystems hergestellt werden. Es handelt sich dabei um Neuroblastoma und um CCHS (Congentiales Centrales Hypoventilations-Syndrom).

    Der Sonderforschungsbereich 269 nahm am 1. Januar 1993 unter Federführung von Professor Dr. Rainer Klinke, ehemaliger Direktor des Physiologischen Instituts II an der J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main, seine Arbeit auf und wird bis zum 31. Dezember 2004 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. Im Sonderforschungsbereich arbeiteten Frankfurter und Darmstädter Neurowissenschaftlers zusammen.

    Für weitere Informationen:

    Ricarda Wessinghage
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Universitätsklinikum Frankfurt
    Fon (0 69) 63 01 - 77 64
    Fax (0 69) 63 01 - 8 32 22
    E-Mail ricarda.wessinghage@kgu.de
    Internet http://www.kgu.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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