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05.10.1995 00:00

Angreifer bei Zystischer Fibrose durchschaut

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 05.10.1995 Nr. 155

    Angreifer durchschaut

    Neue Erkenntnisse zur Zystischen Fibrose

    RUB-Wisenschaftlerin in Amerika ausgezeichnet

    Immer toedlich endet der Abwehrkampf des an Zystischer Fibrose Erkrankten, wenn er von Pseudomonas aeruginosa Bakterien angegriffen wird: die Angreifer zerstoeren seine Lunge. Die Zystische Fibrose ist die am haeufigsten vererbte Stoffwechselerkrankung der weissen Rasse. Wie die Bakterien dabei genau vorgehen, hat Dr. Brigitte Koenig (Abteilung fuer Medizinische Mikrobiologie und Immunologie, Medizinische Fakultaet der Ruhr-Universitaet Bochum) herausgefunden. Fuer ihre Ergebnisse, die zu neuen Therapieansaetzen beim Krankheitsbild der Zystischen Fibrose fuehren koennen, wurde sie jetzt auf dem groessten internationalen Kongress fuer Mikrobiologie von der American Society of Microbiology mit dem ,Postdoctoral Fellow Award" ausgezeichnet.

    Einer von 2000 bis 4000 Weissen leidet an der Stoffwechselkrankheit Zystische Fibrose. Durch einen Defekt im ,Zystische-Fibrose-Transmembran-Protein" bilden Bauchspeicheldruese sowie Druesen in Darm und Lunge einen besonders zaehen Schleim, den der Patient nicht ausscheiden kann. Die Therapie, z.B. mit DNAse zur Schleimverfluessigung, hat in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht, so dass die Lebenserwartung der Patienten heute schon bei 27 Jahren liegt. Das eigentliche Problem wird damit jedoch nur hinausgezoegert: die chronische Besiedlung mit P. aeruginosa Bakterien. Diese Bakterien loesen schwere Krankheitserscheinungen aus, z.B. Blutvergiftung bei Patienten mit durch Operation geschwaechtem Immunsystem. Bei Menschen mit Zystischer Fibrose, die eine intakte Abwehr haben, besiedeln sie die Lunge und ,graben" sich im dickfluessigen Schleim ein. So sind sie selbst vor intensiver Antibiotikatherapie geschuetzt und koennen dann das Organ zerstoeren. Allgemein haengt das Ausgehen eines Angriffs von Mikroorganismen auf das menschliche Immunsystem von der Balance zwischen den krankmachenden Faktoren (Pathogenitaetsfaktoren) der Bakterien und dem Abwehrsystem des Menschen ab.

    Diesem Zusammenspiel war Dr. Brigitte Koenig schon in der seit ueber 15 Jahren bestehenden Infektabwehrgruppe unter Prof. Dr. Wolfgang Koenig (Medizinische Mikrobiologie und Immunologie, RUB) auf der Spur. Die Gruppe fand heraus, dass ein Netzwerk von Stoffen in der Abwehrzelle die menschliche Verteidigung steuert, darunter Botenstoffe wie Leukotriene oder Zytokine. Wird aber das Gleichgewicht zwischen diesen Boten zerstoert, koennen sie dem Menschen auch schaden. Von diesen Vorarbeiten ausgehend untersuchte Brigitte Koenig die Infektion mit P. aeruginosa. In Zusammenarbeit mit Priv.-Doz. Dr. Karl-Erich Jaeger (Lehrstuhl fuer Biologie der Mikroorganismen, Fakultaet fuer Biologie der RUB) und Prof. Michael Vasil (Department of Microbiology and Immunology, Denver) stellte sie bei Experimenten mit gereiningten menschlichen Blutzellen fest, dass die Bakterien von ihren Pathogenitaetsfaktoren hauptsaechlich die Enzyme Phospholipase C und Lipase als ,Waffen" fuer den Angriff auf die Lunge einsetzen. Zusaetzlich unterstuetzen im menschlichen Immunsystem beispielsweise Leukotrien B4 oder gewebszerstoerende Enzyme die Erkrankung. Diese Ergebnisse aus dem Labor mussten nun ,in vivo" an der Lunge ueberprueft werden. Mit PD Jaeger und der Forschergruppe ,Zystische Fibrose" der DFG (Leitung Prof. Dr. Dr. Burkhard Tuemmler, Medizinische Hochschule Hannover) untersuchte Dr. Koenig klinische Bakterienisolate von Zystische Fibrose-Patienten. Tatsaechlich fand sich in ihnen das festgestellte Spektrum an Pathogenitaetsfaktoren wieder. Damit stand die Bewaffnung des Angreifers fest - doch noch nicht seine Taktik. Durch zellbiologische und molekularbiologische Experimente bewies die Gruppe, dass die P. aeruginosa in der fruehen Krankheitsphase im menschlichen Koerper Mediatoren, also Botenstoffe, freisetzt, die die Entzuendung ausloesen. Ausserdem unterdruecken die Bakterien in der Spaetphase andere Mediatoren - die ausserordentlich wichtig fuer die Abwehr waeren. Daraus schloss Dr. Brigitte Koenig, dass sich das Spektrum der Pathogenitaetsfaktoren veraendert: Durch geringere Konzentration koennen die Stoffe anders wirken. Diese Vermutung wurde durch weitere Experimente bestaetigt. Mit dieser Veraenderung der Pseudomonas aeruginosa Bakterien und der verschlechterten Abwehr ist das Fortschreiten der Krankheit zu erklaeren. Durch die Erkenntnisse lassen sich neue Therapieansaetze fuer Patienten mit Zystischer Fibrose entwickeln. So koennten z.B die gefaehrlichen Botenstoffe der Abwehrzellen, die die angreifenden Bakterien unterstuetzen, gezielt abgefangen werden.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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