Wissenschaftler der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg finden Schlüsselmolekül für Nervenschäden durch Zuckerkrankheit
Langjährige Zuckerkrankheit lässt das Schmerzempfinden schwinden: Kleine Verletzungen werden nicht wahrgenommen und können zu Entzündungen und Hautgeschwüren führen. Die Heidelberger Wissenschaftler Dr. Angelika Bierhaus und Professor Dr. Peter Nawroth (Ärztlicher Direktor der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Medizinische Universitätsklinik) haben ein Schlüsselmolekül für die "diabetische Neuropathie" und damit einen neuen Ansatzpunkt für das weit verbreitete Leiden gefunden.
Gemeinsam mit Forscherteams aus Erlangen-Nürnberg, Tübingen, New York, Georgia, Dresden, dem Deutschen Krebsforschungszentrum sowie aus der Industrie konnten sie nachweisen, dass das Schlüsselprotein RAGE maßgeblich zur Entstehung der Nervenschäden beiträgt. Die herausragenden Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "The Journal of Clinical Investigation" veröffentlicht.
RAGE ist für die Heidelberger Wissenschaftler ein alter Bekannter, den sie bereits bei verschiedenen chronischen Entzündungs- und Alterungsprozessen, z.B. der Sepsis (Blutvergiftung), identifiziert haben. Bei dem Regulatormolekül handelt es sich um einen so genannten Rezeptor, der auf der Oberfläche von Zellen sitzt. Er erkennt und bindet bestimme Eiweißstoffe, vor allem "AGE" ("Advanced Glycation End products") - daher auch der Name RAGE. Unter Aktivierung des Moleküls NFkappaB werden Entzündungsprozesse in Gang gesetzt.
Schmerzempfinden kann im Tierversuch wieder hergestellt werden
"Wir konnten zeigen, dass die Menge an RAGE und an aktiviertem NFkappB in Nervenzellen von Diabetes-Patienten mit Neuropathie eindeutig erhöht ist", erklärt Dr. Angelika Bierhaus. Außerdem konnten die Forscher im Mausmodell die Entzündungs-Kaskade unterbrechen. Dazu behandelten sie genetisch veränderte Mäuse mit Diabetes mit einer löslichen Form von RAGE. Dieses sRAGE (soluble RAGE) fängt die Bindemoleküle AGE ab, bevor sie das in der Zellmembran verankerte RAGE erreichen. Dadurch vermindert sich auch die Aktivität von NFkappaB, die Mäuse zeigten ein deutlich verbessertes Schmerzempfinden.
Ein weiterer Hinweis auf den RAGE-Einfluss: Diabetischen Mäusen, die keine RAGE-Rezeptoren entwickeln, bleibt das Schmerzempfinden (trotz Diabetes) erhalten. "Bisher gibt es kaum Therapiemöglichkeiten für Patienten mit chronischer Nervenentzündung", sagt Professor Nawroth. "Das Schlüsselmolekül RAGE ist ein Ansatzpunkt für neue Behandlungsformen."
Bei Rückfragen:
Dr. Angelika Bierhaus
Abt. Innere Medizin I der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
Tel: +49-6221-564752
Fax: + 49-6221-564754
E-Mail: angelika_bierhaus@med.uni-heidelberg.de
Literatur:
Bierhaus A, Nawroth P, et.al. (2004): Loss of pain perception in diabetes is dependent on a receptor of the immunoglobulin superfamily. Journal of Clinical Investigation, Vol 114, No 12.
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)
Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
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