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04.03.1999 13:58

37 mittelständische Betriebe lernen zu Lernen: Die eigene Kraft des Betriebs mobilisieren

Dr. Thomas Pleil Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

    In einem vor kurzem abgeschlossenen Projekt schickte die Katholische Universität Eichstätt (KUE) zweieinhalb Jahre lang mittelständische Betriebe auf den Weg zum lernenden Unternehmen: Das EU-Projekt "Training Trainers in Learning to Learn Skills" des Wirtschafts- und Organisationssoziologen Prof. Dr. Rainer Greca hatte das Ziel, Mitarbeitern von kleinen und mittleren Unternehmen der Region Strategien zur Diagnose und Lösung von Problemen mit auf den Weg zu geben. Diese Strategien ermöglichen es ihnen, künftige Herausforderungen für ihr Unternehmen besser zu bewältigen. Insgesamt profitierten von dem Projekt 412 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus 37 Handwerks-, Dienstleistungs- und Handelsbetrieben der Region Ingolstadt.

    Die Unordnung des Chefs führt zu ständigen Kundenbeschwerden. Wie läßt sich die innerbetriebliche Kommunikation besser regeln? Oder: Warum sind unsere Sitzungen so ineffizient? In Großkonzernen werden solche Fragen in großflächige Consulting-Aktionen eingebunden. Die Kleinen und Mittleren Unternehmen dagegen haben dafür weder die finanziellen Mittel noch die zeitlichen Ressourcen. Sie werden daher noch bis Ende des Jahres 2000 von der EU-Gemeinschaftsinititative ADAPT und ihren bundesweit 438 Projekten unterstützt.

    Denn oft helfen scheinbar einfache Veränderungen wie institutionalisierte Besprechungen oder störungsfreie Team-Arbeitszeiten bereits ein großes Stück weiter. Vorausgesetzt, das Unternehmen und seine Mitarbeiter gestehen sich die Schwachpunkte ein. Im eingangs erwähnten Fall, in dem der Chef Ordnungsprobleme hatte, kam gar von den Mitarbeitern der Vorschlag einer gemeinsamen Aufräumaktion. Trainer Gerhard Stiglmair: "Nach anfänglichem Zögern und Skepsis konnte ich durchsetzen, daß die Aufräumaktion umgesetzt wird. Dies verbesserte viele Abläufe nachhaltig. Und durch die praxisnahe Orientierung dieser Aktion fanden dann auch die übrigen Ideen, die im Training entstanden, eine wesentlich bessere Akzeptanz."

    Der freie Kommunikationsberater und einer der sechs ADAPT-Trainer erklärt "Lernen lernen" so: "Mitarbeiter und Chefs lernen, die eigene Motivationsstrategie zu hinterfragen, identifizieren erfolgreiche Lernstrategien aus früheren Lernerfah-rungen und schaffen eine positive Lernumgebung". Und Trainer Bernd Wiest vom Teleinstitut Eichstätt ergänzt zum Thema "Wie funktioniert Telelernen?": "Hauptsächlich dadurch, daß ich lerne, daß meine Wirklichkeit auch erlernt ist. Dann bin ich nämlich eher bereit zu hinterfragen, zu ändern, zu lernen."

    Von den Trainingsmaßnahmen des Eichstätter ADAPT-Projekts profitierten 412 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus 37 Handwerks-, Dienstleistungs- und Handelsbetrieben der Region Ingolstadt. 73 weitere Arbeitnehmer wurden durch ihre Kollegen systematisch mit den Ergebnissen der Schulungen vertraut gemacht und so indirekt in die Schulungsmaßnahme eingebunden. Eine der Teilnehmerinnen, Angela Leichtl, zusammen mit ihrem Mann Eigentümerin der Styling-Garage Ingolstadt, faßte den Wert ihres Trainings auf der Abschlußtagung so zusammen: "Man macht den gleichen Job seit 30 Jahren und muß sich ständig um neue Kleinigkeiten kümmern. Ich war so drin im Trott. Da sieht man viele Sachen einfach nicht mehr. Da tut es gut, wenn man mal einen Schubs von außen bekommt."

    Entwickelt wurde das Trainingsprogramm zum "Lernen lernen" durch Anwendung verschiedener anerkannter Lerntheorien auf die Kleinen und Mittleren Unterneh-men am Gwent Tertiary College in Wales. Die beiden Experten dieser Partnerorganisation des Eichstätter Projektes übernahmen auch die Ausbildung der Eichstätter Trainer. Theoretisches Lern-Know-How war dabei nur ein Randthema. Im Vordergrund stand der unmittelbare Nutzen: Chefs und Mitarbeiter analysierten gemeinsam mit dem jeweiligen Trainer die individuellen Schwierigkeiten des jeweiligen Unternehmens. Dann etablierte man Lösungswege, um sie aus der Welt zu schaffen.

    Die verschiedenen Trainerteams entwickelten dazu unterschiedliche Ansätze: Eine Gruppe arbeitete mit neuesten Erkenntnissen der Informationsverarbeitung im Gehirn, Neuro-Linguistischem-Programmieren, Suggestopädie und verschiedenen Kommunikationsmodellen. Die andere mit mentalen Modellen und Personal Mastery. Dabei geht es um die Frage "Was halte ich für wirklich, und wie kann ich damit konstruktiv umgehen?". Einbezogen wurden außerdem Systemdenken, die Entwicklung gemeinsamer Visionen und Methoden des Team-Lernens.

    Aus dem Projekt konnten neben den Trainingserfolgen in den Betrieben auch einige Erkenntnisse über die Unternehmensstrukturen der bevorzugten Zielgruppe der EU-Projekten KMU (Kleine und Mittlere Unternehmern) gezogen werden: Am deutlichsten wurde dabei, daß größere KMU bereits sehr stark auf Führung durch ihr Management fixiert sind, kleinere dagegen viel häufiger zu Team-Lösungen bereit sind.

    Auch zeigte sich, daß Kleinere Unternehmen auf große Programme wie ADAPT, sehr zurückhaltend reagieren. Lassen sich dagegen "Stakeholder", also wichtige Unternehmer aus den lokalen und regionalen Netzwerken für den Kurs gewinnen und im Schulungsverlauf begeistern, braucht der Anbieter sich über die Nachfrage keine Gedanken mehr zu machen. Das Projekt wird zum Selbstläufer - wie das Beispiel "Training Trainers" der Katholischen Universität Eichstätt zeigt, das die bayerische Staatsregierung zunächst wegen sehr großer Nachfrage um ein halbes Jahr verlängert hat. Auch das genügte nicht. Inzwischen vermitteln einige freiberufliche Trainer die Inhalte in Eigenregie weiter.

    Des weiteren ist aus dem Projekt zum "Lernenden Unternehmen" der ersten ADAPT-Förderrunde nun in der zweiten ADAPT-Förderrunde das ein Projekt "Tele 21" entstanden und von Teilen des alten Teams zusammen mit neuen Mitarbeitern in der Region Neumarkt in der Oberpfalz durchgeführt wird. Auch hier stehen Schulungen für Kleine und Mittlere Unternehmen im Vordergrund - diesmal allerdings zu den Themen "Betriebliches Umweltmanagement" und "Telearbeit". Ziel ist dabei die Vernetzung der Kleinen und Mittleren Unternehmen der Region Neumarkt. Lernmedium ist bei Tele 21 zudem nicht mehr alleine der "reale" Schulungsraum, sondern parallel der "virtuelle" Schulungsraum Internet - Stichwort: Telelernen.

    Kontaktstelle für weitere Informationen zu beiden Projekten, bzw. Bezugsstelle für den Bericht zu "Training Trainer" ist das neue Projekt: Tele 21, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Ingolstadt, Tel. 0841-937-1991; eMail: tele21@ku-eichstaett.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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