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20.12.2004 12:11

Das Leben der Weihnachtskarte nach Weihnachten

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    TU-Juniorprofessorin über Mülltrennung, Restmüll und Schwermetalle in unserem Abfall

    "Es sind oft kleine Dinge wie die Knopfzelle in der sprechenden Weihnachtskarte, die der Müllwirtschaft Probleme bereiten", stöhnt Susanne Rotter, die an der Technischen Universität Berlin in der Fakultät Prozesswissenschaften das Fachgebiet Abfallwirtschaft als Juniorprofessorin leitet. Denn oft genug ahnt der Empfänger der Glückwunschkarte nicht einmal etwas von der versteckten Mini-Batterie in seiner Karte. Wer die Knopfzelle aber gar nicht entdeckt, hat nach den Feiertagen keinen Grund für den Gang zur Batteriesammelstelle und wird die Karte wohl im Papier- oder Restmüll deponieren. Aber auch wenn jeder Deutsche seinen Abfall pingelig genau in Papier, Glas, Gelbe Tonne oder Sack, Bioabfall, Batterien, Elektronikschrott und Restmüll trennen würde, bleiben noch Umweltprobleme, zeigt die Forscherin in einer Studie zu Schwermetallen im Abfall.

    Manchmal verschärft die Mülltrennung einige Probleme sogar noch. So hilft der "Grüne Punkt" tatsächlich, Schwermetalle in Kunststoffen für Verpackungen zu reduzieren, Susanne Rotter misst dort abnehmende Werte. Anders sieht die Situation dagegen bei langlebigen Gebrauchsgütern aus, die nicht so schnell in der Tonne landen. Von ihnen sind noch viele aus Zeiten im Umlauf, in denen Schwermetalle weniger im Blickpunkt standen als heute. Obendrein ist der Druck bei solchen Gebrauchsgegenständen auch nicht so groß, die Beimengungen von Blei, Cadmium oder anderen Schwermetallen zu senken. Schließlich kommen Schuhe, Gummi oder andere Gebrauchsgegenstände heute oft genug aus Ländern, in denen noch weniger auf giftige Beimengungen geachtet wird als hierzulande. Obendrein landen Problemkunststoffe wie Kinderspielzeug mit elektronischen Komponenten im Restmüll, sobald sie ausgedient haben. Von dort aber wandern sie in die Müllverbrennungsanlage, deren Filter solche Schwermetalle gut abfängt, so dass sie später in unterirdischen Salzlagerstätten deponiert werden können.

    So weit die Theorie, die Praxis liefert allerdings ein differenziertes Bild: In Berlin wird zur Zeit zum Beispiel nur etwa die Hälfte des Restmülls in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben verfeuert, der Rest landet noch immer auf der Deponie. Damit ist aber ab Juni 2005 Schluss, wenn eine Verordnung die vollständige Vorbehandlung des Abfalls vorschreibt. Dann wird die nicht verbrannte Restmüllhälfte getrocknet und sortiert. Eine Hälfte von ihr wird zu einem sogenannten Ersatzbrennstoff verarbeitet, der je nach Trennverfahren ein ähnliches Spektrum von Schadstoffen enthalten kann wie der ursprüngliche Abfall. Er kann in Kohlekraftwerken oder in Zementwerken mit verbrannt werden. Aus Klimaschutzgründen macht eine solche Maßnahme durchaus Sinn, weil man so weniger fossile Brennstoffe verfeuert und das Klima weniger stark aufheizt. Ein Teil der enthaltenen Schwermetalle landet in den Filtern solcher Kraftwerke und bildet also ebenfalls kein Problem. Ein Teil aber landet auch in der Asche aus dem Kohlekraftwerk oder im Zement. Als so genannter Zuschlag für Baustoffe verwendet, können die Schwermetalle von dort im Laufe vieler Jahre wieder in die Umwelt gelangen. "Abfälle werden mit Blick auf Schwermetalle eben nie gleiche Qualitäten wie Kohle erreichen", vermutet Susanne Rotter.

    Es sind eine ganze Menge Schwermetalle, die auf diesem Weg in die Umwelt gelangen können, zeigt die Studie der TU-Wissenschaftlerin: Blei und Kadmium stammt zum Beispiel aus Kunststoffen, aber auch aus Schuhen, Leder und Gummi. Zink wiederum findet sich gern in Holz, Schuhen und Gummi und erneut auch in Kunststoffen. Immerhin stellt Susanne Rotter fest, dass der Anteil des sehr giftigen Kadmiums in neueren Kunststoffen deutlich abnimmt.

    Oft tragen gerade Gegenstände, die nur einen geringen Anteil am Müll stellen, einen sehr großen Teil der Schwermetall-Belastung in sich, die später im Restmüll gefunden wird. Und dazu gehört nicht nur die Knopfzelle in der Weihnachtskarte, sondern auch das Kinderspielzeug oder Elektronikmüll. Bei diesem wiederum denkt Susanne Rotter nicht einmal nur an den ausgedienten PC oder Monitor, von denen viele ohnehin tatsächlich zur Annahmestelle für Elektronikschrott wandern. Immer stärker aber drängen auch Kleingeräte wie Handys, Game-Boys, Spiele-Konsolen, elektrische Thermometer und Saftpressen oder auch nur moderne Föne, deren zunehmend aufwändigere elektronische Bauteile oder Mini-Computer recht viele Schwermetalle enthalten. Sind solche Gegenstände einmal verschlissen, werden die meisten wohl in den Restmüll wandern, weil niemand an die darin enthaltene Elektronik denkt. (Roland Knauer)


    Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne: Institut für Technischen Umweltschutz an der TU Berlin, Professor Dr.-Ing. Vera Susanne Rotter, Tel: 030/314-28512 oder 314-22619, E-Mail: vera.rotter@tu-berlin.de, <http://itu107.ut.tu-berlin.de/naw/rotter.html<


    Weitere Informationen:

    http://www.tu-berlin.de/presse/pi/2004/pi318.htm
    http://itu107.ut.tu-berlin.de/naw/rotter.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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