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21.12.2004 15:49

Mangas bedienen die Träume von Mädchen und Managern

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Mangas - das sind Comics aus Japan. Ihre Existenz wurde hierzulande anfänglich mit einer Mischung aus Neugier und Spott zur Kenntnis genommen. Doch inzwischen hat sich die Lage geändert: Neben spezialisierten Comic-Läden unterhalten nun auch große Buchhandlungen eigene Manga-Abteilungen. Diese Entwicklung interessiert die Japanologen von der Uni Würzburg besonders brennend, denn in ihrem Forschungsschwerpunkt "Populär- und Medienkultur" befassen sie sich auch intensiv mit Mangas.

    Von wegen akademischer Elfenbeinturm! Was Martina Schönbein und Stephan Köhn spannend finden, begeistert Millionen von Japanern und eine wachsende Fan-Gemeinde in Europa und Amerika. Die Mangas überschwemmen den Markt täglich in riesigen Auflagen (ein Drittel aller Druckerzeugnisse) und mit immer neuen Serien. Ein Forschungsobjekt also, das sich ständig wandelt und weiterentwickelt.

    Für jeden Geschmack und jede Zielgruppe ist etwas dabei: "Leserspezifizierung" heißt das Zauberwort der japanischen Comic-Verlage, deren Kundenspektrum vom romantischen Schulmädchen über den einfachen Arbeiter oder Büroangestellten bis hin zum bildungsbeflissenen Akademiker reicht. Auch hier zieht vor allem das, was den großen Boulevardzeitungen Rekordauflagen sichert: "Sex and Crime" und, je nach Zielgruppe etwas variiert, die Träume vom großen Glück, Reichtum oder sportlichem wie beruflichem Erfolg.

    Neben "Aufklärungs-Comics" für Teenies, blutrünstigen Samurai- oder Mafiageschichten und tränenreichen Liebesstorys gibt es inzwischen auch Sport- und Spielemangas, zum Beispiel über Boxen, Baseball oder asiatische Brettspiele. Höhere Ansprüche werden mit Historienschinken und Literaturklassikern befriedigt, die sogar mit einem umfangreichen, wissenschaftlich fundierten Kommentarteil aufwarten.

    Mangas sind laut Stephan Köhn ein Spiegel der japanischen Gesellschaft - oder zumindest der Wunschvorstellungen und Ideen, die jeder einzelne bei der Lektüre ausleben kann. Hinter den Heftchen, die etwa soviel kosten wie eine Tageszeitung, steht eine beträchtliche Industrie: Neben den gedruckten Comics gibt es Zeichentrickfilme mit den Serienhelden, Musikvideos, Computerspiele und ein ausgefeiltes Merchandising-Programm mit Fan-Artikeln. Hier geht es um Urheberrechte und viel Geld.

    Darum ist auch intensive Marktforschung angesagt: In Fragebögen, die am Ende einer jeden Comic-Zeitschrift eingeheftet sind, kann der Fan postwendend sein Urteil abgeben. "Das Diktat des Lesers geht sogar so weit, dass der Autor das Schicksal seines Helden den Wünschen der Fangemeinde unterwirft", sagt Köhn. Der Würzburger Wissenschaftler hat sich in seiner Habilitationsschrift unter anderem mit dem Thema Manga als Ausdruck der visuellen Kultur "made in Japan" auseinandergesetzt.

    Die Comics aus Japan haben auch in Deutschland Fuß gefasst. Eingefleischte Fans können hier mittlerweile Manga-Zeichensets kaufen und ihre selbst produzierten Werke bei so genannten Manga-Conventions vorstellen, tauschen oder verkaufen. Aber, und das interessiert wiederum die Würzburger Kulturwissenschaftler, die Auswahl ist selektiv. Hier wie in Japan werden gezielt die Vorlieben der Leser bedient: Je klischeehafter und exotischer, desto erfolgreicher sind die Mangas in Europa.

    Übrigens: Nicht nur hinter unübersehbar japanischen Comic-Helden, sondern auch hinter scheinbar eindeutig westlichen Zeichentrickfilmen stehen "Anime-Künstler" aus Nippon: Die bekannten "Heidi"- und "Biene Maja"-Produktionen sind japanische Exporte. Das für Mangas typische Körperschema mit den charakteristischen großen Augen hat sich also schon vor vielen Jahren unbemerkt in deutsche Kinderzimmer eingeschlichen. Die Globalisierung, glaubt Lehrstuhlinhaberin Martina Schönbein, wird diese Tendenzen weiter verstärken. Weil die blühende Manga-Kultur dicht am Puls der Zeit lebt, erlaube ihre Erforschung auch Rückschlüsse auf gesellschaftliche Entwicklungen in Japan. Zudem schärfe sie den Blick für Klischees und die interkulturelle Wahrnehmung.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Martina Schönbein, T (0931) 888-5518, Fax (0931) 5516, E-Mail:
    martina.schoenbein@mail.uni-wuerzburg.de


    Bilder

    Mit modernen japanischen Comics, den Mangas, setzen sich die Japanologen Martina Schön-bein und Stephan Köhn auseinander.
    Mit modernen japanischen Comics, den Mangas, setzen sich die Japanologen Martina Schön-bein und Step ...
    Foto: Andreas Mettenleiter
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Kunst / Design, Musik / Theater, Sprache / Literatur, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Mit modernen japanischen Comics, den Mangas, setzen sich die Japanologen Martina Schön-bein und Stephan Köhn auseinander.


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