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05.03.1999 09:42

Wissenschaftler klären den innerbetrieblichen Stellenwert der spontanen Kommunikation

Heiner Stix Abteilung Kommunikation
Universität Mannheim

    Bürokommunikation beschränkt sich nicht nur auf dienstliche Themen. Für den Small Talk aber gilt: Informell ist informativ. In Zeiten elektronisch vernetzter Arbeitsplätze bleibt daher ein wesentlicher Arbeitsbestandteil auf der Strecke. Mannheimer Wissenschaftler entwickeln jetzt eine Software zur Unterstützung des elektronischen Smalltalk.

    Die Diskussion ist wettbewerbsrelevant und erhitzt immer wieder die Gemüter. Dabei ist die eigentliche Frage bald so alt wie das Wirtschaften selbst und beschäftigt Sozialwissenschaftler wie Unternehmensführer seit geraumer Zeit: Welche Bedeutung hat die sogenannte informelle Kommunikation im internen Kommunikationsprozess? Jene regelmäßigen Schwätzchen in der Teeküche und am Kopierer also, die, vermeintlich privater Natur, meist unter Kollegen, aber immer während der regulären Arbeitszeit stattfinden. Scheinbare Belanglosigkeiten wie auch eindeutig private Themen stehen zumindest am Beginn einer solchen Unterhaltung. In wie weit diese Plaudereien aber tatsächlich nur privaten Bedürfnissen genügen, ist umstritten. Eine Studie aus den USA sorgte in dieser Frage bereits für Überraschungen. Wissenschaftler der Universität Mannheim entwickeln jetzt ein Kommunikationstool in Form eines virtuellen Unternehmens, um diesen durchaus relevanten Informationsfluß auch in Zeiten vernetzter Arbeitsplätze über räumliche Distanzen hinweg sicherzustellen.

    Im Rahmen einer Befragung klärten die beiden Diplom-Psychologen Wolf-Bertram von Bismarck und Markus Held, in wie weit innovative Kommunikationstechnologien in deutschen Unternehmen eingesetzt werden. Dabei fanden sie unter anderem heraus, daß der informellen Kommunikation weit mehr als nur soziale Bedeutung zukommt. Die Befragten sahen durch diese Art der Unterhaltung auch die Chance, schnell und hoch effektiv mit Kollegen in Kontakt zu treten. Tätigkeitsrelevante Informationen lösten Privates als Gesprächsthema regelmäßig ab, so der Tenor der 213 rückgelaufenen Fragebögen. Insbesondere Terminabsprachen fänden auf diesem Wege statt. Darüber hinaus verbessere das zwanglose Gespräch unter Kollegen wesentlich die Arbeitsatmosphäre und leiste auch bei der Konfliktvermeidung wertvolle Dienste.

    459 Fragebögen verschickten die Mannheimer Forscher insgesamt an 46 Unternehmen. Beleuchtet werden sollte einerseits die Mediennutzung und Zusammenarbeit bei räumlich getrennten Arbeitsplätzen. Andererseits galt dem Stellenwert der formellen und insbeson-dere der informellen Kommunikation innerhalb der Unternehmen besonderes Interesse. Initiiert wurde die Befragung im Rahmen des Teilprojektes A8 im Sonderforschungsbereich (SFB) 346 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Betreut wird dieses Projekt vom Lehrstuhl für Wirtschafts- und Organisationspsychologie der Universität Mannheim (Prof. Dr. Walter Bungard) und von Informatikern des Instituts für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik der Universität Karlsruhe. Das Teilprojekt befasst sich mit einer "Integrierten Methodik zur Unterstützung der informellen Kommunikation im fertigungsnahen Umfeld" und hat die Entwicklung eines Kommunikationstools zum Ziel, das räumlich voneinander getrennt arbeitende Gruppen bei ihrer Kommunikation unterstützen soll. Vor dem Hintergrund zunehmender Internationalisierung und Arbeitsteilung eine sinnvolle Aufgabenstellung. Das globale Dorf ist so klein nämlich nicht, Arbeitsgruppen und Spezialistenteams finden ihre Mitglieder zuweilen auf mehreren Kontinenten. Solche, aber auch geringere räumliche Distanzen machen heute den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien erforderlich. E-Mail, Internet und Intranet sowie gemeinsame Daten- und Terminverwaltungen in Computernetzwerken zählen hier zu den gängigen Anwendungen. Immerhin 87% der Befragten verfügen über eine elektronische Briefadresse, 85% sind an das firmeninterne Computernetz angeschlossen.

    Die zunehmende Arbeitsteilung und die damit einhergehende Vernet-zung der Arbeitsplätze erschweren zusehends die Befriedigung des informellen Kommunikationsbedarfes - moderne Intranetsysteme beispielsweise sehen die Möglichkeit zur spontanen elektronischen Kommunikation höchst selten vor. Die in der Entwicklung befindliche Software der Mannheimer Psychologen rückt diese informelle Kommunikation dagegen in den Vordergrund. Das Befragungsergebnis belegt, dass gerade das oft gescholtene "Privatgespräch" für den Erfolg der Kooperation in verteilten Strukturen unerlässlich ist. Die Umgebung des zur Zeit noch prototypischen Desktop-Videokonferenzsystems begünstigt daher gezielt das spontane und ungeplante Gespräch, um dessen Kontaktqualitäten im Sinne des Wertschöpfungsprozesses nutzbar zu machen. Die Benutzeroberfläche gleicht einer virtuellen Bürolandschaft, die plattformübergreifende Multipoint-Verbindungen ermöglicht und sich hinsichtlich ihrer Funktionen an realen Kooperationserfordernissen orientiert. Hierzu zählt als elementare Funktion eine videogestütze spontane Kommunikationsmöglichkeit, die den Anwendern jederzeit Raum für Unterredungen von Angesicht zu Angesicht läßt. Die gemeinsame Datenverwaltung und die Möglichkeit, Dateien simultan zu bearbeiten befinden sich derzeit noch in Programmierung.

    Kontakt und Information:
    Dipl.-Psych. Wolf-Bertram v. Bismarck, Dipl.-Psych. Markus Held, Universität Mannheim, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Organisationspsychologie: Ergebnisbericht der Befragung zur Anwendung innovativer Kommunikationstechnologien, Oktober 1998
    Tel. 0621/292-2721
    Fax: 0621/292-5085
    mail: von.bismarck@psychologie.uni-mannheim.de


    Weitere Informationen:

    http://sfb346-a8.psychologie.uni-mannheim.de/homepage/home.htm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Psychologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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