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07.01.2005 13:46

Spuren von Leben unter extremsten Bedingungen

Dipl.-Biol./Journalist Manfred Braun Presse und Kommunikation
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

    Bakterien-DNA in hochkonzentrierter Salzlake aus der Tiefsee entdeckt

    Wo eigentlich nichts leben und wachsen dürfte, haben Forscher jetzt Hinweise auf eine komplexe Gemeinschaft verschiedenster Bakterienarten entdeckt. Ein Wissenschaftler-Team aus sechs europäischen Ländern hat DNA-Moleküle von Mikroorganismen in Wasserproben gefunden, die aus einem so genannten "Brine-Becken" des Mittelmeers stammen. Brine-Becken sind Senken in 3000 bis 4000 Metern Tiefe, in denen hoher Druck und eine extreme Salzkonzentration herrschen, während Sauerstoff vollständig fehlt. Ihre Ergebnisse beschreiben die Forscher in der jüngsten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Science.

    "Bakterien können unter vielen Umweltbedingungen leben, auch äußerst ungewöhnlichen", erklärt der Mikrobiologe Professor Kenneth Nigel Timmis, Bereichsleiter der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig und Mitautor des Fachartikels. "Aber an dem untersuchten Standort, einem Brine-Becken namens Discovery westlich von Kreta, hätten wir sie dennoch nicht vermutet. Es gehört sicher zu den extremsten Umgebungen, die wir kennen." Dort herrscht eine derartige Überkonzentration von Magnesiumchlorid, dass das Meerwasser mit diesem Salz fast gesättigt ist. "Das müsste eigentlich für jede Form von Leben tödlich sein", sagt Timmis. In gesättigter Magnesiumchlorid-Lösung kann kein bislang bekannter Organismus existieren.

    Vermutlich gibt es jedoch Bakterien im untersuchten Brine-Becken, die damit kein Problem haben. Dafür spricht jedenfalls die Analyse von Proben und Sedimenten, die die Forscher mittels spezieller Sonden aus der Tiefsee ans Tageslicht geholt haben. Dabei fanden sie die DNA verschiedenster Kleinstlebewesen - einige davon waren bislang unbekannt, andere zeigen Verwandtschaft mit schon länger bekannten Organismen-Gruppen wie Proteobacteria, Sphingobacteria und Halobacteria. "Die Zusammensetzung dieser Bakterien-Flora ist eine ganz andere als die, die man in gewöhnlichem Meerwasser findet", betont Timmis. Die Atmung, die in extremen Lebensräumen wie den Brine-Becken mangels Sauerstoff nicht möglich ist, ersetzen die Bakterien wahrscheinlich durch Stoffwechsel-Prozesse, bei denen Methangas oder Schwefelverbindungen entstehen.

    "Die Brine-Becken im östlichen Mittelmeer sind aus unterirdischen Salzlagerstätten entstanden, die irgendwann überflutet wurden und mit Wasser in Berührung kamen", erklärt Timmis. Die hochkonzentrierte Salzlake, die dabei entstand, hat eine viel höhere Dichte als normales Meerwasser - deshalb vermischt sie sich nicht mit diesem, sondern bleibt als davon getrennte Flüssigkeitsschicht ganz unten auf dem Meeresgrund liegen.

    Jetzt wollen Forscher an der GBF versuchen, die neu entdeckten Bakterien, die ihre Existenz bislang nur durch Spuren ihrer DNA verraten, in Kultur zu züchten und näher zu untersuchen. Timmis: "Wir hoffen, dass diese Organismen Wirkstoffe produzieren, die man bis jetzt noch nicht kennt - vielleicht sogar solche, die man für medizinische Zwecke einsetzen kann."

    Hinweis
    Ausführliche Informationen bietet der Originalartikel: van der Wielen, P., Bolhuis, H., Borin, S., Daffonchio, D., Corselli, C., Giuliano, L., D'Auria, G., de Lange, G., Huebner, A.,Varnavas, S., Thomson,, J., Tamburini, C., Marty, D., McGenity, T., Timmis, K., BioDeep Scientific Party: The Enigma of Prokaryotic Life in Deep Hypersaline Anoxic Basins. Science, Vol. 307, 2005 January 7, pp 121-123.

    Die Autoren forschen an Instituten in England, Frankreich, Italien, Deutschland, den Niederlanden und Griechenland.


    Weitere Informationen:

    http://www.gbf.de/presseinformationen


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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