idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
20.01.2005 11:00

Dr. Jens Dibbern erhält Dissertationspreis der Alcatel SEL Stiftung für Kommunikationsforschung

Achim Fischer Abteilung Kommunikation
Universität Mannheim

    Arbeit behandelt Entscheidungskriterien für Auslagerung von Softwaredienstleistungen

    Der Mannheimer Wirtschaftsinformatiker Dr. Jens Dibbern ist mit dem Dissertationspreis der Alcatel SEL Stiftung für Kommunikationsforschung ausgezeichnet worden. In seiner Doktorarbeit hat Dibbern untersucht, warum manche Unternehmen die Gestaltung und Wartung von Anwendungssoftware hausintern übernehmen, während andere sich für einen externen Dienstleister entscheiden. Die Auszeichnung ist mit 5.000 Euro dotiert.

    Dibberns Arbeit zeigt auf, welche Faktoren für die Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug von Anwendungssoftware-Dienstleistungen maßgeblich sind, und unter welchen Umständen es für ein Unternehmen vorteilhafter ist, die Gestaltung und Wartung der Software selbst zu übernehmen. Zur Darstellung dieses komplexen Entscheidungsprozesses entwickelte er ein umfassendes Modell. Dieses Modell wurde mit Hilfe einer Fragebogenerhebung in den USA und Deutschland einem empirischen Test unterzogen. Der Fragbogen wurde von insgesamt 180 Unternehmen aus der Finanz- und der Maschinenbaubranche beantwortet. Die Ergebnisse zeigten auf, dass neben rationalen Entscheidungskriterien wie Unterschiede in der Höhe der Produktionskosten auch emotionalere Kriterien ausschlaggebend sind: Dazu gehören die grundsätzliche Einstellung der Entscheidungsträger zur Auslagerung von Informationsverarbeitungs-Leistungen (IV-Leistungen) oder die Vorbildfunktion anderer Unternehmen. Um zu entscheiden, ob es kostengünstiger ist, Anwendungssoftware durch eigene Mitarbeiter gestalten und warten zu lassen oder durch externes Personal, muss ein Unternehmen beurteilen, wie unternehmensspezifisch ihre Anwendungssoftware ausfällt. Wenn die Gestaltung und Wartung ein hohes Maß an Wissen über unternehmensindividuelle Geschäftsprozesse und Softwareprodukte erfordert, und gleichzeitig ein ständiger Prozess der sozialen Interaktion zwischen den IT-Experten sowie zwischen den Anwendern und den IT-Profis von Nöten ist, so erweist sich in den meisten Fällen die Eigenerstellung als kostengünstiger.

    Äußerst kritisch ist zu bewerten, dass Unternehmen bei ihrer Sourcing-Entscheidung im Gegensatz zu den Produktionskosten die Transaktionskosten - also alle Kosten, die im Rahmen der Delegation von Aufgaben anfallen, wie z.B. die Auswahl des Aufgabenträgers, die Aufgabenspezifikation, vertragliche Vereinbarungen, die Überwachung der Aufgabenerfüllung, Vertragsanpassungen und mögliche Vertragsauflösungen - völlig vernachlässigen. Dies ist deshalb bedenklich, weil die Transaktionskosten einen nicht unerheblichen Anteil der Gesamtkosten der Gestaltung und Wartung von Anwendungssoftware ausmachen und bei der Auslagerung durchschnittlich um 30% höher ausfallen als bei der Eigenerstellung (ca. 15% der Gesamtkosten beim Outsourcing und ca. 11% in-house).

    Neben diesen grundsätzlichen Beobachtungen zeigt die Untersuchung von Dibbern einige Unterschiede zwischen den betrachteten Ländern, Branchen und Dienstleistungsfunktionen auf. Der Vergleich zwischen Deutschland und den USA ergibt z.B., dass die deutschen Unternehmen die Informationsverarbeitung eher als Gesamtkonzept betrachten. Deswegen berücksichtigen sie bei einer Teilauslagerung, ob sich dadurch negative Auswirkungen für das Gesamtsystem ergeben. In den USA werden Aufgaben dagegen eher als teil- und delegierbar erachtet, so dass mögliche Einflüsse der Sourcing-Entscheidung auf das Gesamtsystem wenig Beachtung finden. Ein weiterer kultureller Unterschied zeigt sich auch darin, dass deutsche Unternehmen darauf achten, durch eine Auslagerung die Kontrolle nicht zu verlieren, während dies in den USA eine untergeordnete Rolle spielt.

    Deutliche Unterschiede im Entscheidungsverhalten zeigte auch ein Branchenvergleich anhand der Beispiele Finanzwesen und Maschinenbau. Der relative Anteil der IV-Ausgaben ist in der Finanzbranche fast drei Mal so hoch. Die benötigten Anwendungen sind dort individueller als im Maschinenbau, wo der Einsatz von Standardsoftwarepaketen sehr stark verbreitet ist. Während im Finanzsektor die strategische Planung im Vordergrund steht und ein zu erwartender Wettbewerbsvorteil für die Sourcing-Entscheidung gewichtig ist, bestimmen im Maschinenbau operative Aspekte die Überlegungen. Im Maschinenbau wird vermehrt integrierte Unternehmenssoftware angewandt. Hier ist eine Auslagerung mit größeren operativen Risiken verbunden, da Fehlleistungen bei der Gestaltung und Wartung von Anwendungssoftware schwerwiegende Konsequenzen auf das Gesamtsystem haben können.

    Schließlich weist Dibberns Studie darauf hin, dass bei der Sourcing-Entscheidung die verschiedenen Funktionen der IV einzeln betrachtet werden müssen: Es finden sich Anzeichen dafür, dass bei der Softwarewartung Kosten- und Know-how-Unterschiede zwischen der Eigenherstellung und dem Fremdbezug oftmals falsch eingeschätzt werden, während dies bei Entwicklungsarbeiten nicht festzustellen ist. Die Kosten und die notwendigen Ressourcen der Wartung werden von vielen Unternehmen nach wie vor unterschätzt. Dies wiederum führt zu entsprechenden Fehleinschätzungen bei der Auslagerungsentscheidung.

    Die Arbeit wurde kürzlich im Springer Verlag veröffentlicht (http://springeronline.com/):
    Dr. Jens Dibbern: The Sourcing of Application Software Services

    Kontakt:
    Dr. Jens Dibbern
    Universität Mannheim
    Lehrstuhl für ABWL und Wirtschaftsinformatik
    Tel.: 0621-181-1688
    E-Mail: dibbern@uni-mannheim.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).