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25.01.2005 11:50

Gebührende Bildung - lebenslänglich!

Dipl. Oec. Tim Göbel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Zeppelin University

    Verwechslungen in der aktuellen Diskussion
    um Studiengebühren und Humankapital

    Warum wird über die Gebühren für ein Hochschulstudium gestritten und nicht über die für Kindertagesstätten? Warum hat die Wahl des Unworts des Jahres mit "Humankapital" vor allem progressive Perso-nalvorstände bestürzt? Warum wird sich die Konsumausgabenstruktur in den kommenden Jahren zugunsten der Bildung radikal verändern?

    Fragen, die Stephan A. Jansen, Gründungspräsident der Privaten Zeppelin University und Ökonomieprofessor, mit einem einfachen Konzept diskutieren will: Die Analyse der integrierten Bildungswertschöpfungskette.

    Am morgigen Mittwoch wird das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Entscheidung über die Möglichkeit der Einführung von Studiengebühren treffen. Es scheint entschieden - keine der Parteien zweifelt. Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg, das Saarland, Sachsen und viele weitere stehen in den Startlöchern - die Universitätsgesetze sind vielfach bereits modifiziert.

    Wie sieht die neue Welt der Studiengebühren in nackten Zahlen aus? Die in der Diskussion befindlichen Gebühren haben sich in den jeweiligen Ländern um die 500 Euro im Semester eingependelt. Damit kostet der Bachelor-Abschluß also ca. 3.000 Euro. Die Master-Studiengänge dürften indes viel-fach deutlich teurer werden. Dass Studiengebühren zumindest die Statisti-ken bereinigen zeigt Nordrhein-Westfalen: Nach der Einführung der Gebüh-ren für Langzeitstudierende haben sich 60.000, also 12 Prozent exmatriku-liert.

    Zwei Aspekte sind dabei in der politischen Diskussion auffällig, die zu schwerwiegenden Verwechslungen führen:

    (1) Primat der Gerechtigkeit und ohne soziale Selektion und
    (2) Studiengebühren als Beitrag zur Hochschulfinanzierung

    (1) Die soziale Selektion ist - wie durch vielzählige Studien und For-schungsergebnisse belegt - insbesondere in Deutschland vielmehr heute bereits gegeben. So ist die Bildungsbiographie der jungen Menschen in Deutschland stärker von der ihrer Eltern abhängig als in vielen anderen Ländern. 68 Prozent der Beamtenkinder und nur 18 Prozent der Arbeiterkinder nehmen ein Hochschulstudium auf. Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Krankenschwester und der Rechtsanwaltsgehilfe die Ausbildung der Chefs finanzieren.

    "Die individuellen Beiträge für staatliche und private Bildungsleistungen müssen vielmehr umgedreht werden, d.h. kostenlose Kindertagesstätten und Vorschulen sowie ein kostenpflichtiges Hochschulstudium", fordert Jan-sen mit Blick auf die Kosten für Kindertagesstätten, die mehr als fünfmal so hoch wie die zukünftigen Studiengebühren sein können. "Die individuellen Bildungsrenditen für ein zusätzliches Bildungsjahr betragen durchschnittlich bis zu 7,6 Prozent. Bildung ist damit tatsächlich eine der besten Investitio-nen", so Jansen, der an der Zeppelin University ca. ein Drittel der Kosten durch Studiengebühren finanziert.

    "Universitäten, die sich die besten Studierenden selbst aussuchen können, wissen sehr genau, dass der Vermögenshintergrund der Eltern nicht mit der Intelligenz der Studienbewerber zusammenhängt", verweist Jansen auf die Erfahrung an der Zeppelin University (ZU). Wer die besten Studierenden gewinnen will, der wird sich ähnliche Finanzierungsmodelle und Stipendien-Systeme ausdenken müssen.

    Die ZU hat gemeinsam mit der Sparkasse Bodensee ein sozial verantwortliches und zugleich unternehmerisches Modell der nachlaufenden Studiengebühren entwickelt, das nun bereits seit drei Semestern erfolgreich umgesetzt wurde. Die Studierenden bekommen die Studiengebühren zu einem gesponsorten Niedrigzins vorfinanziert - mit individueller Rückzahlungsplanung und ohne weitere Bonitätsprüfung. Das Bestehen des Auswahlverfahrens der ZU reicht aus. Über 50 Prozent der Studierenden nehmen dieses Modell bereits in Anspruch.

    (2) Eine weitere Frage ist die der Verwendung von Studiengebühren. Es besteht die einhellige Meinung, dass diese den Hochschulen zur Verbesse-rung der zum Teil sehr schwierigen Studienbedingungen zur Verfügung gestellt werden müssen. Das deutsche Bildungssystem ist im OECD-Vergleich chronisch unterfinanziert und weist das schwächste Wachstum seit Mitte der 1990er Jahren auf.
    Aber selbst wenn in einigen Jahren alle Bundesländer Studiengebühren einführen sollten, würde dies bei ca. zwei Millionen Studierenden maximal zwei Milliarden Euro pro Jahr entsprechen. Experten gehen davon aus, dass durch die Verwaltungskosten für das Inkasso sowie die Stipendien nur eine Milliarde Euro bei den Hochschulen ankommen.

    Das deutsche Bildungssystem benötigt aber einer aktuellen Studie der Prognos zufolge ca. 27 Milliarden Euro jedes Jahr zusätzlich. Davon mindestens sieben Milliarden Euro für die Verbesserung der Betreuungszahlen von Professoren, um wieder den OECD-Durchschnitt zu erreichen.

    Das vielfach angeführte Beispiel Australien hat aber gezeigt, dass die Stu-diengebühren zwar die Hochschulen erreichte, aber die staatliche Förde-rung in der Folge entsprechend gesenkt wurde. "Die Höhe der staatlichen Ausgaben muss daher als Relation zu den Gesamtstaatsausagen festgeschrieben werden", so Jansen, wenngleich er für eine weitere Umverteilung zugunsten der Bildung votiert: "Wir investieren zu wenig in die Wissensgesellschaft - bei unseren hohen Lohnkosten ein hohes Risiko!"

    Dabei werde der private Sektor eine herausragende Rolle in der Zukunft einnehmen. "Mit 8,2 Prozent der privaten Bildungsträgerschaft ist Deutschland Schlusslicht in der OECD. Im Durchschnitt werden 21,4 Prozent der Bildungseinrichtungen privat getragen. Deutschland muss hier aufzuholen", so die Einschätzung des Privatuni-Präsidenten.

    Die deutschen Unternehmen - Konzerne wie Mittelstand - sehen zuneh-mend ihre Verantwortung. Denn für Unternehmen in Deutschland wird mit Blick auf den demographischen Wandel die Investition in den wissenschaftlichen Nachwuchs erfolgskritisch: Allein mit einem Rückgang von ca. 10 Millionen Menschen im berufstätigen Alter wird bis zum Jahr 2050 gerech-net. Doch wenn sie Beiträge zur Finanzierung über Spenden, Sponsoring und Forschungsförderungen leisten sollen, dann erwarten sie auch die Eigenverantwortung der Studierenden.

    Dass angesichts dieser Ausgangssituation ausgerechnet zur gleichen Zeit "Humankapital" als Unwort des Jahres gewählt wurde, hat viele Personalve-rantwortlicheerschreckt. So auch Günther Fleig, Personalvorstand und Ar-beitsdirektor von DaimlerChrysler, der anläßlich der BürgerUniversität der Zeppelin University über die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Perso-nalarbeit sprach.

    "Wir müssen uns endlich mit einer integrierten Bildungswertschöpfungskette beschäftigen - inhaltlich wie finanziell - und zwar von der Früherziehung, über Schule und Hochschule bis hin zur Erwachsenenbildung", so die Forderung von Jansen, der selbst mit zahlreichen Schulrektoren über die inhaltlichen Schnittstellen diskutiert. "Bei der Finanzierung dieser Bildungswert-schöpfungskette wird es zu einer Privatisierung des Bildungskonsums kommen - und zwar mit steigendem Abschluss", prognostiziert Jansen die Veränderung im zukünftigen Konsumverhalten.

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    K O N T A K T

    Zeppelin University gGmbH
    Hochschule zwischen
    Wirtschaft, Kultur und Politik

    Tim Göbel

    Am Seemooser Horn 20
    88045 Friedrichshafen | Bodensee

    Tel +49-7541-6009-1112
    Fax +49-7541-6009-1199
    tgoebel@zeppelin-university.de
    www.zeppelin-university.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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