idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.01.2005 12:06

FiBS: Länder tragen hohe Verantwortung - Studiengebühren sollten mit Bedacht eingeführt werden

Birgitt A. Cleuvers Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS)

    Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts erklärt das bundesweite Gebührenverbot zwar für verfassungswidrig und spricht den Ländern die Entscheidungskompetenz und enorme Verantwortung für den Hochschulstandort Deutschland zu. Die Umsetzung und Ausgestaltung von Studiengebühren sollte jedoch in einer unideologischen Diskussion geklärt und möglichst in Übereinstimmung aller Länder erfolgen. Das FiBS-Konzept ist eine gute Grundlage für ein sozialverträgliches Modell.

    "Die vorbehaltlose Übertragung der Entscheidungskompetenz zur Einführung von Studiengebühren auf die Länder stellt das deutsche Hochschulsystem und die Bildungspolitik vor große Herausforderungen," stellt FiBS-Leiter Dr. Dieter Dohmen zum heutigen Urteil fest. "Es besteht die Gefahr, dass einheitliche Lebensverhältnisse hinsichtlich der Hochschulausbildung in Zukunft nicht mehr gegeben sein werden, wenn einzelne Länder Studiengebühren einführen und andere nicht. Exmatrikulationen und Wanderungsbewegungen aus den Ländern, die Gebühren erheben, werden die Folge sein. Die Länder ohne Studiengebühren werden dadurch gezwungen sein, Regelungen zu schaffen, wie die Verdrängung ihrer eigenen Studienberechtigten verhindert werden kann. Dies wird zu weiteren Rechtsstreitigkeiten führen. Auf Dauer werden vermutlich aber auch diese Bundesländer nicht umhin kommen, Studiengebühren einzuführen."

    Wissenschaftsminister, Bildungspolitiker und Experten sind nun nach Ansicht des Experten für Hochschul- und Studienfinanzierung aufgefordert, eine sachliche Diskussion über die Vor- und Nachteile konkreter Modelle von Studiengebühren zu führen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass faktisch bereits heute eine Eintrittsgebühr ins Studium in Höhe von rund 20.000 Euro besteht. Sie setzt sich einerseits aus der Ausbildungsvergütung aus Sicht der Jugendlichen und den Lebenshaltungskosten aus Sicht der Eltern zusammen. Dies erklärt auch den geringen Anteil an Jugendlichen mit einer Studienberechtigung in Deutschland.

    "Die meisten der bisher vorliegenden Modelle erfüllen wesentliche Anforderungen an ein gutes Gebührenmodell nicht," meint Bildungsökonom Dohmen. "Statt dessen würden sie dem deutschen Hochschulsystem erheblichen Schaden zufügen. Zentrale Kriterien für jedes Modell sind nicht nur, dass die Darlehenslast für die Studierenden nicht zu hoch ist und die Rückzahlung nach dem Studium einkommensabhängig erfolgt, sondern es sollte auch unterschiedlichen Studienplanungen gerecht werden und die Vereinbarkeit von Beruf oder Familie und Studium gewährleisten.

    Auch sollte es eine bundesweit einheitliche Regelung geben. Ansonsten wird es zu einer noch stärkeren sozialen Selektion bei der Zusammensetzung der Studierenden kommen, wenn sich einkommensschwache Studierende ein Studium an einer Metropoluniversität nur leisten können, wenn sie bereit sind, hohe Schulden auf sich zu nehmen. Eine differenzierte Gebühr hätte vielmehr erhebliche negative Auswirkungen auf die Hochschulen selbst, wenn der Fächerkanon einer Hochschule deren Gebühreneinnahmen beeinflusst und Hochschulen mit Jura und BWL hohe Einnahmen bei geringen Kosten erwarten können, technisch ausgerichtete Hochschulen aber nicht. Damit verbunden sind auch Ausstattungsunterschiede, die nur teilweise auf Qualität, sondern vor allem auf ein attraktives Umfeld und andere Rahmenbedingungen zurückzuführen sind. Berlin, Hamburg, München oder Köln werden ganz andere Beträge nehmen können als Siegen, Greifswald oder Chemnitz - und das nicht, weil sie unbedingt besser sind, sondern weil die Großstädte auch attraktiver erscheinen und einen größeren unmittelbaren Einzugsbereich haben.

    Ebenso dürfen Studienfach, sozialer Hintergrund, Besicherungsmöglichkeiten und Studienfach keinen Einfluss auf die Refinanzierung haben, d.h. es sollte sich um eine öffentliche Bank, wie etwa die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder vergleichbare Landesbanken, handeln. Dies reduziert aufgrund der geringeren Refinanzierungskosten auch das Bürgschaftsrisiko für den Staat. Ein Studium darf nicht zum Renditeobjekt für Banken oder sonstige Institutionen werden.

    Das FiBS hat vor diesem Hintergrund ein eigenes Finanzierungsmodell entwickelt, das alle genannten Forderungen berücksichtigt," so Dr. Dieter Dohmen. "Die Hochschulen erhalten je Credit 20 Euro; dies entspricht 600 Euro je Vollzeit-Semester bzw. 6.000 Euro für ein Bachelor- und Master-Studium. Die Rückzahlung erfolgt über eine sechsprozentige Abgabe, die über sieben Jahre zu entrichten ist. Die Vorteile dieses Modells liegen auf der Hand," so Dohmen weiter. "Für die Studierenden besteht keine unmittelbare Verschuldung, sondern sie zahlen letztlich nur eine zeitlich begrenzte 'Akademikersteuer', die zudem einen impliziten Risikoausgleich zwischen den Studierenden enthält und für den Staat als Bürgen mit einem geringen Ausfallrisiko verbunden ist."

    (Insgesamt: 61 Zeilen à ca. 85 Anschläge, 4.960 Zeichen)

    Kontakt: Birgitt A. Cleuvers (FiBS), Tel. 02 21 / 550 95 16
    Wir freuen uns über einen Hinweis auf Ihre Berichterstattung. Vielen Dank!


    Weitere Informationen:

    http://www.fibs-koeln.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).