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14.10.1997 00:00

Ein kleines Ding, das es 'in sich' hat

Dr. Elisabeth Zuber-Knost Presse und Kommunikation
Universität Karlsruhe (TH) - Forschungsuniversität.gegründet 1825

    Nr. 094 / 13. Oktober 1997 / sho

    Ein kleines Ding, das es ,in sich" hat:

    Waermespannungen bei Herstellung von metallkeramischen Kronen auf der Spur

    Risse in der Keramik oder gar Abplatzen ganzer Keramikstuecke - die Herstellung von metallkeramischen Kronen als modernem Zahnersatz bei rund 1.000 C im Spezialofen ist stets mit gewissen Risiken verbunden. Verantwortlich sind Waermespannungen in der Krone, die bislang kaum zu kalkulieren waren. Dies soll nun eine Methode aendern, die Prof. Dr.-Ing. Karl Schweizerhof, Dr. rer.nat. Juergen Lenz und Dr.-Ing. Matthias Thies, Institut fuer Mechanik und Institut fuer Theoretische Mechanik der Universitaet Karlsruhe, im Rahmen eines DFG-Projekts angewandt haben: Sie kombiniert Experiment mit Berechnung und ermoeglicht es, Waermespannungen auf eine Schadensminimierung hin zu untersuchen. Ziel ist, dem Zahntechniker praktische Empfehlungen zur risikoarmen Herstellung von metallkeramischen Kronen bereitzustellen.

    Die metallkeramische Krone besteht aus einem Materialverbund, der die Festigkeit des Metalls mit der Haltbarkeit und dem ,natuerlichen" Aussehen der Keramik (farbliche Anpassung) verbindet. Diese Vorzuege sind jedoch nur zum Preis einer aufwendigen und damit kostspieligen Herstellung zu haben: Auf ein Legierungsgeruest aus Edelmetall oder Nichtedelmetall, gegossen nach dem Abdruck vom Restzahn des Patienten, wird in mehreren Schritten Keramik schichtweise bei rund 1.000 C aufgebrannt. Nachdem die Temperatur auf etwa 600 C gesenkt worden und die zaehfluessige Keramik erstarrt, das heisst fest geworden ist, wird das Brenngut dem Ofen entnommen und kuehlt ausserhalb vollstaendig ab.

    Sowohl das Bestreben der Materialien, sich beim Abkuehlen unterschiedlich stark zusammenzuziehen, als auch die oertlich unterschiedliche Abkuehlung selbst verursachen Waermespannungen. Dabei handelt es sich um in der Krone auftretende materielle Belastungen, die diese im kritischen Fall beschaedigen, so dass sie nicht weiter verwendbar ist. Der wirtschaftliche Schaden ist betraechtlich.

    Der genaue ,wissenschaftliche Blick" der Karlsruher Forscher entlarvt die ueberraschende Vielschichtigkeit dieses handfest praktischen Problems. Denn die Waermespannungen in der metallkeramischen Krone unterliegen grob gegliedert zwei Einfluessen: Einerseits spielen die geometrische Form sowie die verwendeten Materialien der Krone eine Rolle, andererseits die Art, wie die heisse Krone mit der kuehlen Umgebung thermisch interagiert.

    Die Physik stellt zwar grundsaetzlich Modelle bereit, solche Abkuehlungsvorgaenge zu beschreiben, doch lassen sich die hierfuer notwendigen ,Rahmenbedingungen" wie Stroemungsgeschwindigkeit der vorbeistreichenden Luft, Abstrahlverhalten der Materialien und Strahlungsaustausch der beteiligten Koerper etc. nicht genau genug angeben. Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, haben die Wissenschaftler an der Fridericiana daher die Berechnung um das Experiment, genauer: die Temperaturmessung, ergaenzt. Denn mit den Temperaturen zu Beginn des Abkuehlens und an der Oberflaeche der Krone im Verlauf des Abkuehlens lassen sich die gesuchten Waermespannungen im Innern der Krone ,schlicht" berechnen. In diesem Fall sind die Modelle der Physik ganz unproblematisch zu handhaben.

    Als Messfuehler kommen dabei nur duenne und damit ,massearme" Draehte, sogenannte Thermoelemente, in Betracht, deren Durchmesser nicht groesser als 0,05 mm ist. Wollte man die Temperatur durch Beruehrung wie mit einem Thermometer messen, liefe man naemlich schnell Gefahr, die Messung zu verfaelschen. Denn mit einer Hoehe von maximal 7,5 mm ist die Krone nicht nur sehr klein, sondern nimmt aufgrund ihrer geringen Masse auch nur wenig Waerme auf und ist ,thermisch" gesehen ein Isolator; ihre Waermeleitfaehigkeit gegenueber dem Metall ist daher verschwindend gering.

    Fuer das Experiment wird also eine ,normierte" Krone an den markanten Stellen ihrer Oberflaeche mit Thermoelementen versehen. Dann wird der Brennvorgang wie in der Praxis ueblich durchgefuehrt und die Temperatur an den Messstellen nach Entnahme aus dem Ofen mit einer entsprechenden Messelektronik simultan gemessen. Ein spezielles Messprogramm wertet die Messungen aus und bereitet die Werte fuer die Berechnung der Temperatur und Waermespannungen im Inneren der Krone auf. Somit kann der Abkuehlungsvorgang ,numerisch simuliert" (virtuell am Computer), und die dabei auftretenden Waermespannungen koennen analysiert werden.

    ,Unsere neue Methode erlaubt es, im Umfeld der Waermespannungen einzelne Aspekte mit Blick auf eine Schadensminimierung gesondert zu untersuchen", beschreibt Dr. rer. nat. Juergen Lenz die Vorteile. So koennen nicht nur Waermespannungen fuer verschiedene Materialien und Kronengeometrien ermittelt, sondern jede Art von Abkuehlungsprozess kann simuliert werden. Selbst die schichtweise Herstellung mit der Abfolge der einzelnen Brennvorgaenge ist auf diese Weise der Analyse zugaenglich.

    Naehere Informationen: Dr. Juergen Lenz Institut fuer Theoretische Mechanik Tel. 0721/608-2613, Fax 0721/608-4860


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Maschinenbau, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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