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22.03.1999 15:01

Streßreaktion in der Frühphase der HIV-Infektion

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Durch den Vergleich der körperlichen Reaktionen gesunder und HIV-infizierter Menschen auf psychischen Streß ist es dem Bochumer Wissenschaftler Dr. Georg Reimann gelungen, der Aids-Forschung neue Perspektiven zu eröffnen.

    Bochum, 22.03.1999
    Nr. 65

    Streßreaktion in der Frühphase der HIV-Infektion
    Wissenschaftspreis für interdisziplinäre Dissertation
    Neue Forschungsansätze der Immunologie

    Durch den Vergleich der körperlichen Reaktionen gesunder und HIV-infizierter Menschen auf psychischen Streß ist es dem Bochumer Wissenschaftler Dr. Georg Reimann gelungen, der Aids-Forschung neue Perspektiven zu eröffnen. Für seine an der Dermatologischen Klinik der Uni GH Essen entstandene Dissertation "Beeinflussung klinischer, hormoneller und immunologischer Parameter durch experimentell induzierten akuten psychischen Streß bei asymptoma-ti-schen HIV-1-infizierten homo- und bisexuellen Männern", hat er unlängst den mit 10.000 DM dotierten Wissenschaftspreis für Medizin der Sparkasse Essen erhalten. Die Untersuchung von Dr. Reimann wurde von Priv.-Doz. Dr. Norbert Brockmeyer (Leiter der interdisziplinären immunologischen Ambulanz für HIV-Patienten im St. Josef-Hospital Bochum - Klinikum der RUB) betreut. Dr. Reimann gehört der Bochumer HIV-Ambulanz seit Juli 1998 an.

    Körperliche Reaktion auf psychischen Streß

    Das Thema der Arbeit stammt aus der Psychoneuroimmunologie, einem Forschungszweig, den es erst seit etwa 20 Jahren gibt. Im Mittelpunkt steht hierbei das Zusammenspiel von Psyche, Nerven- und Immunsystem. Aus früheren Forschungen ist bekannt, daß das Immunsystem des Menschen auf psychischen Streß reagiert, indem es vermehrt Lymphozyten ins Blut ausschüttet. Diese Kenntnisse machte sich Dr. Georg Reimann zunutze: Er setzte gesunde und HIV-infizierte Männer in der Frühphase der Infektion, in der sie noch keine Symptome der Krankheit zeigen, unter Laborbedingungen Streß aus. Durch den Vergleich der beiden Gruppen wollte er herausfinden, ob die Immunreaktion infizierter Menschen sich von der normalen Reaktion unterscheidet.

    Zwischen "peinlichem" Gespräch und autogenem Training

    Die Studie dauerte insgesamt acht Monate, in denen zweimal ein Streßexperiment durchgeführt wurde. 23 gesunde und 17 infizierte homo- oder bisexuelle Männer nahmen an der Studie teil. Vor den Experimenten entnahmen die Ärzte den Probanden Blutproben. Darauf folgte eine Phase der Entspannung, z. B. autogenes Training, nach deren Ende wieder Blut entnommen wurde. Danach begann die Streßphase: Jeder einzelne Proband führte ein 20-minütiges Gespräch mit einem Psychologen. Darin ging es um ein Thema, das er vorher in einem Fragebogen als starken persönlichen Streßfaktor angegeben hatte, z. B. die eigene Homosexualität oder die Infektion. Nach dem Gespräch folgte wieder eine Blutentnahme, dann eine zweite Entspannungsphase und eine letzte Blutprobe. Außerdem nahmen die Ärzte jedesmal Messungen des Blutdrucks und der Herzfrequenz vor. Nach Ablauf von vier Monaten wiederholten sie diesen Versuch.

    Von der Antwort des Immunsystems auf Streßhormone

    Im Blut der Probanden bestimmten sie die Menge an Streßhormonen wie Kortisol und Katecholamine sowie das Vorkommen bestimmter Lymphozytensubpopulationen, zu denen z. B. die Helferzellen gehören, die sich in späteren Stadien einer ausgebrochenen Aidserkrankung typischerweise stark vermindern. Die Untersuchungen ergaben, daß die Ausschüttung der Streßhormone bei beiden Versuchsgruppen gleich war. Auch das Herzkreislaufsystem wurde in gleichem Maße aktiviert. Die Antwort des Immunsystems auf diese körperlichen Vorgänge war aber unterschiedlich. Bei den infizierten Probanden wurden weniger Lymphozytensubpopulationen ins Blut abgegeben als bei den gesunden - die Immunreaktion war gestört. Die Ärzte vermuten daher, daß im Falle einer HIV-Infektion entweder die Rezeptoren gestört sind, die es den Lymphozyten ermöglichen, das Vorhandensein von Streßhormonen im Blut wahrzunehmen, oder daß die Übertragung des jeweiligen Signals dieser Adrenorezeptoren nicht einwandfrei funktioniert.

    Neue Forschungsansätze

    Zukünftige Untersuchungen werden an kultivierten Lymphozyten außerhalb des menschlichen Körpers zeigen müssen, wie genau die Stimulation der Adrenorezeptoren das Verhalten der Lymphozyten beeinflußt. Interessant ist z. B., ob die Funktion von sogenannten Adhäsionsmolekülen, die im Falle einer Immunreaktion ein Anhaften der Lymphozyten an den Gefäßwänden bewirken, beeinflußt wird. Im Laborversuch wird man dann auch feststellen können, ob dabei Unterschiede zwischen HIV-negativen und HIV-positiven Probanden bestehen.

    Weitere Informationen

    Dr. Georg Reimann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Dermatologischen Klinik, Interdisziplinäre immunologische Ambulanz des St. Josef Hospitals - Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, Gudrunstr. 56, 44791 Bochum, Tel. 0234/5093473, Fax 0234/5093472


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Personalia
    Deutsch


     

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