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31.01.2005 10:42

Ökologische Veränderungen in der Nordsee durch biologische Globalisierung und Klimawandel

Dipl.-Ing. Margarete Pauls Kommunikation und Medien
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung

    Langzeituntersuchungen an der Biologischen Anstalt Helgoland des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung dokumentieren einen raschen ökologischen Wandel in der Nordsee.

    Die Wissenschaftler führen diese Änderungen vor allem auf die Einschleppung gebietsfremder Arten und den globalen Klimawandel zurück. Das haben die seit 1962 kontinuierlich fortgeführten Untersuchungen ergeben. Mit fast lückenlosen werktäglichen Messungen physikalisch-chemischer und biologischer Parameter verfügt die Biologische Anstalt Helgoland über einen der weltweit wertvollsten marinen Langzeit-Datensätze. Mit modernen Methoden der Langzeit-Datenerhebung und in enger Kooperation mit anderen Institutionen leisten die Wissenschaftler auf Helgoland einen wesentlichen Beitrag dazu, ökologische Veränderungen zu analysieren und damit Entscheidungshilfen für das Management mariner Ressourcen und die Umweltpolitik bereitzustellen. Die aktuelle Ausgabe (Band 58, Heft 4) der Zeitschrift "Helgoland Marine Research" (Springer-Verlag) ist der ökologischen Langzeitforschung auf Helgoland gewidmet.

    Mehr als 150 Jahre Forschung auf der Nordsee-Insel Helgoland haben einen Datensatz von unschätzbarem Wert hervorgebracht, dessen Auswertung die Wissenschaft noch lange beschäftigen wird. "Regelmäßige Messungen und Beobachtungen, die Jahrzehnte überspannen, sind das wichtigste Instrument, mit dem historische Veränderungen der ökologischen Bedingungen erfasst werden können. Nur so können wir den heutigen Zustand unserer Ökosysteme bewerten und Modelle entwickeln, die begründete Aussagen über deren künftige Entwicklung erlauben", erläutert Dr. Karen Wiltshire von der Biologischen Anstalt Helgoland.

    Die Daten belegen einen Anstieg der Wassertemperatur von 1,1 ºC über die letzten 40 Jahre, bei gleichzeitigem leichten Anstieg des Salzgehalts. Meereisbildung bei Helgoland, ein Phänomen das bis in die 1940er Jahre im Mittel etwa alle zehn Jahre auftrat, wurde in den letzten 60 Jahren nur ein einziges Mal beobachtet (1963). Die Nordsee weist deutliche Veränderungen in der Häufigkeit von Arten, im jahreszeitlichen Muster ihres Auftretens und im Artenspektrum auf. Weil die eng miteinander verbundenen Glieder von Lebensgemeinschaften nicht gleichlaufend reagieren, verändert sich das Ökosystem. Erstmalig konnte für die Nordsee eine mit dem Temperaturtrend gekoppelte Veränderung von Zeitpunkt und Stärke der Kieselalgenblüte nachgewiesen werden. Kieselalgen stellen die Basis des Nahrungsnetzes im Meer dar. Weil ihr Wachstum weitgehend die Saisonalität der Lebensgemeinschaften in der Wassersäule und am Meeresboden bestimmt, erwarten die Forscher für die Zukunft eine tief greifende Änderung des gesamten Ökosystems.

    Die Helgoländer Wissenschaftler stellten fest, dass einige heimische Arten wie Hummer und Kabeljau seltener geworden sind. Manche Organismen, wie verschiedene Algen und die europäische Auster, verschwanden ganz aus dem Gebiet. Andere Arten, wie der Taschenkrebs, nahmen in ihren Beständen zu oder traten neu auf. Die große Mehrzahl der seit etwa 15 Jahren neu aufgetretenen Arten sind "südliche" Arten aus der atlantischen Region, die durch den Temperaturanstieg jetzt auch weiter nördlich leben können. Damit sind sie gleichsam Indikatoren dieses Trends. Andere neue Arten wurden vom Menschen eingeschleppt und haben einige lokale Lebensräume und Lebensgemeinschaften bereits deutlich verändert.

    Schon 1873 wurde auf der Nordsee-Insel Helgoland mit den ersten regelmäßigen Messungen begonnen. Mit der Gründung der Biologischen Anstalt Helgoland 1892 wurde eine permanente Institution etabliert, die sich von Beginn an einer "Forschung mit langem Atem" verpflichtet sah. Seit 1998 ist die Biologische Anstalt Helgoland Teil des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung.

    Bremerhaven, den 31. Januar 2005
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    Hinweise für Redaktionen: Ihre Ansprechpartnerin in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist Dr. Ingrid Zondervan, Tel. 0471 4831-1680; Email: izondervan@awi-bremerhaven.de. Ihre Ansprechpartner an der Biologischen Anstalt Helgoland sind Prof. Dr. Heinz-Dieter Franke, Tel. 04725-819346, Email: hfranke@awi-bremerhaven.de und Dr. Karen Wiltshire, Tel. 04725-8193238, Email: kwiltshire@awi-bremerhaven.de. Druckbare Bilder finden Sie auf unserer Webseite unter http://www.awi-bremerhaven.de/AWI/Presse/PM/index-d.html.

    Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der gemäßigten sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.


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    Die Meeresassel Idotea metallica; eine von mindestens 30 südlichen, atlantischen Arten, die in den letzten 15 Jahren neu in der Deutschen Bucht aufgetreten sind und als biologische Indikatoren des Erwärmungstrends angesehen werden können
    Die Meeresassel Idotea metallica; eine von mindestens 30 südlichen, atlantischen Arten, die in den l ...
    Foto: H.-D. Franke, Alfred-Wegener-Institut
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Die Meeresassel Idotea metallica; eine von mindestens 30 südlichen, atlantischen Arten, die in den letzten 15 Jahren neu in der Deutschen Bucht aufgetreten sind und als biologische Indikatoren des Erwärmungstrends angesehen werden können


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