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Wissenschaft
Bochum,, 12.09.1996 Nr. 161
Nicht leiden lassen
Rechtliche Fragen der Schmerztherapie
Mediziner und Juristen auf dem Sertuerner Workshop 1996
Wer unter Schmerzen leidet, dem muss geholfen werden. Zwar sind dabei rechtliche Konsequenzen der Schmerztherapie nach Moeglichkeit vorab zu klaeren, aber juristische Bedenken duerfen nicht die medizinisch adaequate Behandlung behindern. Zu diesem Ergebnis kamen 40 Wissenschaftler - AErzte, Juristen, Vertreter des Gesundheitsministeriums, Repraesentanten von Haftpflichtversicherungen und Medizinethiker -, die sich am 31. August 1996 in Einbeck zu einem Workshop zum Thema ,Medizinrechtliche Aspekte der Schmerztherapie" getroffen hatten. Die Tagung wurde gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft fuer Medizinrecht (DGMR) unter dem Vorsitz von Prof. Dr. T. Graf-Baumann und der Sertuerner Gesellschaft e.V. unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Michael Zenz (RUB, Universitaetsklinik Bergmannsheil) veranstaltet.
Zu wenig Spezialisten in Deutschland
Bisher wurde in der Bundesrepublik der Schmerztherapie zu wenig Beachtung geschenkt. Fuer eine flaechendeckende Versorgung muessten etwa 2.000 AErzte zu Schmerzspezialisten ausgebildet werden, 200-300 AErzte, wie zur Zeit, reichen bei weitem nicht aus. Deshalb hat der Deutsche AErztetag kuerzlich beschlossen, die Schmerztherapie in jedem klinischen Fachgebiet zum Inhalt der Weiterbildungsordnung zu machen. Vor diesem Hintergrund diskutierten AErzte und Juristen in Einbeck ueber den gesetzlichen Handlungsrahmen der Schmerzbehandlung. Dabei konnten laengst nicht alle Fragen abschliessend behandelt werden, aber in wichtigen Bereichen wurde grundsaetzlich UEbereinstimmung konstatiert.
Qualifizierte Therapie keine Garantie fuer Erfolg
Patienten haben den Anspruch auf qualifizierte Schmerztherapie nach dem aktuellen medizinischen Wissensstand. Deren Erfolg ist aber nicht garantiert. Die Entscheidung ueber die Art der Schmerztherapie muss bei den AErzten bleiben, sie darf nicht den Patienten allein ueberlassen werden. Komplizierte und chronische Schmerzkrankheiten machen eine Behandlung in einer Spezialklinik erforderlich.
Genauer informieren
Nur ein interdisziplinaerer Ansatz verspricht eine erfolgreiche Therapie, wobei Wirkung und Nebenwirkung der eingesetzten Methode sorgfaeltig abgewogen werden muessen. Dazu fehlt es derzeit noch an geeigneten Messinstrumenten. Die Patienten muessen rechtzeitig ueber moegliche Effekte und Nebenwirkungen sowie die Erfolgsaussichten der Schmerztherapie informiert werden. Dazu gehoeren auch Hinweise auf alternative Verfahren oder auf Aussenseitermethoden. Deren Einsatz ist jedoch besonders problematisch, weil es noch kontrollierter Studien ueber Wirkungen und Nebenwirkungen bedarf.
Schmerzmittel und Fahrtuechtigkeit
In machen Faellen ist es unumgaenglich, stark wirkende Analgetika zu verabreichen. Solche Patienten koennen aber nicht generell vom Strassenverkehr ausgeschlossen werden, da nicht immer eine Fahruntuechtigkeit besteht. Hier muss in jedem Einzelfall die individuelle Reaktion der Patienten auf die medikamentoese Therapie beruecksichtigt werden.
Schmerz und Sterbehilfe
Ausserdem diskutierten die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Schmerztherapie und Sterbehilfe. Aus aerztlicher, juristischer und ethischer Sicht kann nur die Behandlung der Krankheitssymptome, der Schmerzen, im Vordergrund stehen. Nur im Einzelfall kann auch eine Schmerztherapie unter Inkaufnahme von lebensbedrohlichen Nebenwirkungen gerechtfertigt sein, wenn der Wunsch des Patienten nach Therapie der Schmerzen im Vordergrund steht.
Papier fuer Fachoeffentlichkeit
Die Tagung hat ein umfangreiches Papier erarbeitet, das der Fachoeffentlichkeit vorgelegt werden soll. Es wurde ausserdem beschlossen, den Dialog ueber medizinrechtliche Aspekte der Schmerztherapie auf einer weiteren gemeinsamen Arbeitstagung fortzufuehren.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Michael Zenz, Klinik fuer Anaesthesiologie, Intensiv- und Schmerztherapie - Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmansheil - Universitaetsklinik, Buerkle-de-la-Camp-Platz 1, 44798 Bochum, Tel.: (0234) 302-6825, Fax.: (0234) 302-6834.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Politik, Recht
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
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