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Wissenschaft
PM 030/2005
22. Februar 2005
Die Rektoren der Universitäten Greifswald und Rostock legen hiermit einen Vorschlag für abgestimmte und zusammengefasste Fächerstrukturen an den beiden Universitäten des Landes vor.
1. Voraussetzungen
Die Rektoren nehmen mit großem Bedauern das von der Landesregierung beschlossene Personalkonzept zur Kenntnis, nach dem im Hochschulbereich 600 Stellen bis zum Jahre 2017 fortfallen sollen. Für den Hochschulbereich (außer Medizin) wird damit fast der gleiche Prozentsatz an Stellen gekürzt wie beispielsweise für Ministerien und Staatskanzlei.
Die Zukunft des Landes wird ganz wesentlich durch die Hochschulen bestimmt, indem
o technische und geistige Innovationen von ihnen ausgehen
o Industrieansiedlungen und wirtschaftliche Entwicklung initiiert werden
o junge Leute im Land gehalten bzw. ins Land geholt werden
o Perspektiven durch eingeworbene Drittmittel geschaffen werden
o die Reputation des Landes durch das Wirken der Absolventen gestärkt wird
o Bildung, Toleranz und Weltoffenheit im Land entscheidend mitgestaltet wird.
Die Rektoren halten die Reduktion der Ausstattung der Hochschulen für eine schwerwiegende Fehlentscheidung und fordern die Landesregierung auf, ihre Entscheidung zu revidieren und eine echte Priorität im Bereich der Bildung zu setzen.
Die Rektoren lehnen die vom Bildungsministerium gemachten Vorgaben ab, die landesweit wahllos Fachgebiete an Universitäten und Fachhochschulen zusammenzuwerfen und nicht zu effizienten Strukturen führen. Um im Interesse der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Schaden abzuwenden, sind die Rektoren dennoch bereit, ihre Verantwortung bei dem im Falle stark sinkender Landesfinanzen unvermeidlichen Umbau der Hochschulstrukturen durch eine sachgerechte Koordnation und Konzentration von Fächern wahrzunehmen. Oberstes Ziel ist, auch bei insgesamt reduzierter Finanzausstattung in möglichst vielen Fächern international konkurrenzfähige Forschung und attraktive Lehre zu ermöglichen. Bei der Gestaltung von Forschung und Lehre ist die Autonomie der Universitäten zu wahren.
Bei der Erarbeitung ihres Vorschlags zur Konzentration und Koordination von Fachgebieten haben sie sich von verschiedenen Gesichtspunkten leiten lassen.
o Die Universitäten Rostock und Greifswald mit ihrer langen erfolgreichen Geschichte in Mecklenburg und Vorpommern bleiben als selbständige Einrichtungen bestehen.
o Das gegenwärtige Größenverhältnis beider Universitäten bleibt erhalten. Der Vorschlag erfolgt auf der Grundlage, dass im Bereich der Fachhochschulen Konzentrationen und Reduktionen in vergleichbarem Umfang vorgenommen werden. Zu Absprachen und Kooperationen in Forschung, Lehre und Administration sind beide Rektoren bereit.
o Jede Universität betreibt auch künftig neben Medizin sowohl Naturwissenschaften wie Geistes- und Sozialwissenschaften in Forschung und Lehre. Nur dadurch ist es möglich, dass Lehrende und Lernende mit einer hineichenden interdisziplinären Breite an wissenschaftlichen Zugängen und Ergebnissen beteiligt werden.
o An beiden Universitäten werden die Forschungsschwerpunkte gestärkt, die sich durch eine Vernetzung verschiedener Fachrichtungen auszeichnen und das Profil in Forschung und Lehre bestimmen.
Die Rektoren erwarten von der Landesregierung im Gegenzug die vertragliche Zusicherung, dass die reduzierten Stellenpläne auf lange Sicht ausfinanziert werden, dass die weiterhin dringend notwendigen Neubauten und Sanierungen vom Land zügig ausgeführt werden und dass das Landeshochschulgesetz in Richtung auf eine größere Handlungsfreiheit der Hochschulen fortentwickelt wird.
2. Empfehlungen
Die Universitäten Rostock und Greifswald werden in Forschung, Lehre und Verwaltung noch enger zusammenarbeiten. Dazu wird der bestehende Kooperationsvertrag ausgebaut. Etliche Fächer werden jeweils an einer der beiden Universitäten konzentriert.
Die Universitäten Greifswald und Rostock werden nach den Empfehlungen der Strukturkommission Medizin auch in Zukunft Medizinische Fakultäten mit Universitätsklinika umfassen. Ihre unterschiedliche Profilierung an beiden Universitäten wird noch verstärkt. So liegt der Schwerpunkt der Rostocker Medizin in der regenerativen Medizin und der Zusammenarbeit mit den Ingenieurwissenschaften, während in Greifswald die Community Medicine/Dentistry und, in enger Zusammenarbeit mit der Biologie, die molekulare Medizin Schwerpunkte sind.
Sowohl als Basis für die medizinische Forschung und Lehre wie als Voraussetzung für eine positive technologische Entwicklung des Landes müssen die klassischen Naturwissenschaften Biologie und Physik an beiden Universitäten voll vertreten bleiben. Die Biologie hat in Greifswald einen molekularen und einen landschaftsökologischen Schwerpunkt, in Rostock einen meeresbiologischen und biotechnologischen. In der Physik liegt der Schwerpunkt in Greifswald - im Verbund mit den Max-Planck- und Leibnitz-Instituten - bei der Plasmaphysik, in Rostock bei der Vielteilchen-, Material- und Laserphysik.
In Rostock wird auch die Chemie breit vertreten und hat einen Schwerpunkt im Verbund mit dem Institut für Organische Katalyse in der Katalyseforschung. In Greifswald wird Biochemie, Pharmazie, Geowissenschaften und Psychologie angeboten. Die Agrar- und Umweltwissenschaften, Elektrotechnik und Informationstechnik sowie Maschinenbau und Schiffstechnik bleiben ein Schwerpunkt in Rostock. Das Bauingenieurwesen an der Universität Rostock wird bereits vollständig abgebaut. Mathematik und Informatik werden umfassend nur noch in Rostock angeboten; Greifswald schließt den Diplomstudiengang Mathematik und beschränkt sich auf Biomathematik und Bioinformatik.
Der Diplomstudiengang Betriebswirtschaftslehre, der Staatsexamens-Studiengang Rechtswissenschaft sowie die politikwissenschaftlichen Studiengänge werden in Rostock aufgegeben und in verstärkter Form in Greifswald angeboten. In Rostock werden Sozialwissenschaft, Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftsingenieurwesen und Wirtschaftsinformatik betrieben.
Das volle Spektrum der klassischen Geisteswissenschaften wird nur noch in Rostock angeboten. Latinistik, Gräzistik, Archäologie, Ur- und Frühgeschichte, Romanistik, Anglistik und Sportwissenschaft werden in Greifswald aufgegeben. Germanistik und Erziehungswissenschaft werden auf Grundangebote reduziert.
Greifswald bleibt das Zentrum für die nord- und osteuropäischen Sprach- und Literaturwissenschaften. Durch eine engere Kooperation mit den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sollen die Studiengänge attraktiver werden. An beiden Universitäten vertreten bleiben Geschichte und Philosophie, weil sie als grundlegende Geisteswissenschaften und Kooperationspartner innerhalb der Universitäten unersetzlich sind.
Der Schwerpunkt der Lehrerausbildung im Lande für alle Schularten wird damit in Rostock sein, mit einer breiten Erziehungswissenschaft. Greifswald bildet in den verbleibenden Fächern weiterhin für das Lehramt an Gymnasien aus; künftige Lehrer für Geographie, Russisch sowie Kunst und Gestaltung können im Land auch weiterhin nur in Greifswald studieren. Um möglichst alle Fachkombinationen im Land anzubieten, soll die Möglichkeit eröffnet werden, an beiden Universitäten gleichzeitig zu studieren.
Theologie und Kirchenmusik werden in Greifswald aufgegeben und in Rostock verstärkt. Eine einvernehmliche Regelung mit den Landeskirchen wird gesucht. Während die Theologie von den ausgebauten Geisteswissenschaften an der Universität Rostock profitieren kann, soll die Kirchenmusik der Hochschule für Musik und Theater mit ihren breit gefächerten Ausbildungsmöglichkeiten zugeordnet werden.
Prof. Dr. Rainer Westermann , Rektor der Universität Greifswald
Prof. Dr. Hans Jürgen Wendel, Rektor der Universität Rostock
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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