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08.03.2005 11:07

Deutsche Konjunktur wieder moderat aufwärts gerichtet

Joachim Schmidt Kommunikation
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.

    Die deutsche Konjunktur hat sich in der zweiten Jahreshälfte 2004 deutlich abgekühlt. Bei anhaltend schwacher Inlandsnachfrage war hierfür eine nachlassende Exportdynamik verantwortlich. Zugleich erhöhten sich die Einfuhren, so dass sich der Außenbeitrag verringerte. Im Jahresdurchschnitt wuchs das BIP um 1,6 %; im vierten Quartal sank es leicht. Manches deutet aber darauf hin, dass dies nur eine kurze Unterbrechung darstellt und sich die Belebung nun fortsetzt. Bereits relativ rasch dürften sich die Ausfuhren erholen. Für die Inlandsnachfrage sehen wir eine nur zögerliche Belebung, da sie zunächst fast ausschließlich von den Ausrüstungsinvestitionen getragen sein dürfte. Erst wenn höhere Exporte und Investitionen zu mehr Beschäftigung führen, werden die privaten Konsumausgaben etwas stärker zulegen. Der Anstieg dürfte trotz der Steuerentlastung zu Beginn dieses Jahres aber schwach bleiben, weil eine leichte Zunahme der Sparquote wahrscheinlich ist und die Haushalte ab der Jahresmitte durch höhere Krankenkassenbeiträge belastet werden. Aus alledem ergibt sich für 2005 ein Wachstum des BIP um 1,0 %. 2006 dürfte die Binnennachfrage erneut an Stärke gewinnen, so dass ein Wachstum von 1,8 % erreicht werden kann. Bereinigt um Kalendereffekte entspricht diese einer Zunahme von 1,2 % bzw. 2,0 % nach 1,0 % 2004.
    Der Anstieg der Arbeitslosenzahl auf über 5,2 Mill. im Februar 2005 ist vor allem darauf zurückzuführen, dass etwa 300 000 erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger erstmals als Arbeitslose gezählt wurden. Aber auch ohne diesen Effekt hat die Arbeitslosigkeit saisonbereinigt leicht zugenommen. Im Prognosezeitraum dürfte sich die Lage nur wenig verbessern: Zwar wird die Zahl der Erwerbstätigen voraussichtlich zunehmen, um 300 000 in diesem und 400 000 im kommenden Jahr, im Wesentlichen aber bedingt durch Ein-Euro-Jobs und Minijobs. Wir erwarten, dass die Zahl der registrierten Arbeitslosen im Jahresverlauf spürbar zurückgehen wird. Im Jahresdurchschnitt dürfte sie aber um 200 000 über der von 2004 liegen und erst 2006 um etwa 300 000 sinken.
    Das Preisklima dürfte bei dem erwarteten leichten Rückgang der Rohstoffpreise und geringen Lohnsteigerungen in der kurzen Frist ruhig bleiben (2005 und 2006: 1,4 %). Als Risiko bleibt der im Euro-Raum weiterhin hohe Liquiditätsüberhang.
    Die Lage der öffentlichen Haushalte wird sich im Prognosezeitraum voraussichtlich nur wenig verbessern. Für 2005 zeichnet sich eine geringe Rückführung des Defizits auf 75 Mrd. ¤ (3,4 % in Relation zum nominalen BIP) ab, und das vor allem, weil Sonderfaktoren den Haushalt entlasten. 2006 dürfte die Defizitgrenze des Stabilitätspakts allenfalls knapp eingehalten werden.
    Eckwerte der Prognose für 2005 und 2006
    2004 bis 2006
    2004 2005p 2006p
    Bruttoinlandsprodukt1, Veränderung in % 1,6 1,0 1,8
    Erwerbstätige2, in 1 000 0,3 0,8 1,0
    Arbeitslose3, in 1 000 4 381 4 730 4 400
    Arbeitslosenquote4, in % 10,2 10,9 10,1
    Verbraucherpreise, Veränderung in % 1,6 1,4 1,4
    Lohnstückkosten6, Veränderung in % -1,1 -0,5 -0,4
    Finanzierungssaldo des Staates7
    in Mrd. €
    in % des BIP

    -80,3
    -3,7
    -75
    -3,4
    -69
    -3,0
    Leistungsbilanzsaldo8, in Mrd. € 77,9 80 85
    Eigene Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes, der Deutschen Bundesbank und der Bundesagentur für Arbeit; Veränderung jeweils gegenüber dem Vorjahr. - 1In Preisen von 1995. - 2Im Inland. - 3Nationale Abgrenzung. - 4Bezogen auf inländische Erwerbspersonen. - 5Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten bezogen auf das reale BIP je Erwerbstätigen. - 6In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. - 7In der Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik. -pEigene Prognose.
    Die starke Reaktion der Konjunktur auf die relativ leichte außenwirtschaftliche Abschwächung zeigt, dass der Wachstumspfad in Deutschland nach wie vor zu flach verläuft. Hauptaufgabe der Wirtschaftspolitik ist es daher, das Wachstum zu stärken. Erste Schritte sind mit der Reform des Arbeitsmarkts gemacht; auch die Lohnabschlüsse waren im Vergleich zu früher moderat. Weitere Schritte, etwa in Richtung auf eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, auf Lohndifferenzierung, aber auch im Bereich der Minijobs, sind gleichwohl erforderlich. Defizite gibt es insbesondere in der Finanzpolitik: Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kommt nicht voran, und die Struktur der Ausgaben ist nach wie vor wenig wachstumsfreundlich.
    Weltwirtschaft expandiert nur wenig schwächer als zuvor
    Das Wachstum der Weltwirtschaft hat sich in der zweiten Hälfte von 2004 verlangsamt, ist aber im längerfristigen Vergleich immer noch recht kräftig. Insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern blieben die Zuwächse hoch, zum Teil weil sich ihre Erlössituation im Außenhandel aufgrund der hohen Rohstoffpreise verbesserte. In den Industrieländern hingegen bremsten die hohen Rohstoffpreise die Konjunktur. Besonders deutlich war die Abschwächung in Japan und im Euro-Raum, weniger in den USA. Zur Differenzierung trug auch die Aufwertung von Euro und Yen gegenüber dem Dollar bei.
    Wir erwarten, dass sich die Expansion 2005 noch etwas abschwächt, für 2006 sehen wir eine leichte Beschleunigung. In den USA dürfte das Wachstum 2005 und 2006 jeweils etwa 3,5 % betragen. Japan wird wohl zu einem moderaten Wachstum zurückfinden (1,1 % bzw. 2,2 %). Der Euro-Raum wird schon im ersten Halbjahr 2005 auf einen Wachstumskurs zurückkehren (1,6 % bzw. 2,3 %). Für die neuen EU-Länder gehen wir davon aus, dass sich das Wachstum auf 4,5 % bzw, 4,3 % leicht verlangsamt. Gleichwohl expandiert die Wirtschaft weiterhin schneller als in der EU15, so dass sich die Konvergenz fortsetzt.
    Für das Welt-Sozialprodukt ergibt sich aus unserer Prognose ein Zuwachs von etwa 3¼ % in diesem und im nächsten Jahr nach 3,9 % im Vorjahr. Der Welthandel wird um etwa 7 % zunehmen.
    Eckwerte zur internationalen Konjunktur
    2004 bis 2006; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
    2004 2005 p 2006p
    Bruttoinlandsprodukt1
    Euro-Raum 2,0 1,6 2,3
    Großbritannien 3,1 2,8 2,5
    Vereinigte Staaten 4,4 3,6 3,4
    Japan 2,6 1,1 2,2
    Industrieländer insgesamt 3,2 2,5 2,8
    Verbraucherpreise
    Euro-Raum 2,0 1,9 1,8
    Großbritannien 1,3 1,6 1,7
    Vereinigte Staaten 2,7 2,4 2,7
    Japan -0,1 0,0 0,3
    Industrieländer insgesamt 2,0 1,9 2,0
    Welthandel2 9,5 7,0 7,5
    Rohölpreis (Brent, $/b) 3 36,3 40 35
    Dollarkurs ($/€)3 1,24 1,30 1,30
    Eigene Berechnungen nach Angaben der OECD, von Eurostat und nationalen Statistikämtern. - 1Real. - 2Waren, in Preisen und Wechselkursen von 2000. - 3Jahresdurchschnitt. - pEigene Prognose.
    (veröffentlicht in "RWI : Konjunkturberichte", Heft 2/2004)
    Ihre Ansprechpartner dazu:
    Dr. Roland Döhrn, Tel.: (0201) 81 49-262
    Joachim Schmidt (Pressestelle), Tel.: (0201) 81 49-292


    Weitere Informationen:

    http://www.rwi-essen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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