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Wissenschaft
Um neue Möglichkeiten bei der Diagnose und Behandlung von Herzrhythmusstörungen geht es vom 21. bis 23. April auf der Tagung "Update Elektrophysiologie" in Bonn. Das Syposium wird vom Universitätsklinikum Bonn organisiert.
Im Jahr 1957 beschrieben die Mediziner Anton Jervell und Fred Lange-Nielsen eine neue Form von Herzrhythmus-Störungen: Sie hatten eine norwegische Familie mit sechs Kindern untersucht, von denen vier taubstumm waren. Im EKG dieser vier war zudem das so genannte QT-Intervall deutlich verlängert - das ist die Zeit, in der die "Herz-Batterien" den elektrische Impuls für den Herzschlag geben und sich anschließend wieder aufladen. Die Kinder verloren immer wieder kurzzeitig das Bewusstsein; drei von ihnen starben früh.
Inzwischen kennt man die Ursache für das rätselhafte "Jervell-und-Lange-Nielsen-Syndrom" (JLNS): Eine winzige Veränderung in der genetischen "Bauanleitung" eines Ionenkanals löst die Krankheit aus. Ionenkanäle sind Schleusen, die auf Befehl bestimmte Ladungsträger durchlassen können; sie spielen daher für die Entstehung und Weiterleitung elektrischer Impulse eine wichtige Rolle.
Neben JLNS gibt es noch weitere erbliche Herzrhythmus-Störungen, die sich durch eine Verlängerung des QT-Intervalls bemerkbar machen. Auch sie können unter Umständen tödlich enden. Bei ihnen sind jedoch andere Ionenkanäle defekt als beim Jervell-und-Lange-Nielsen-Syndrom; daher schlagen die Medikamente gegen JLNS bei ihnen nicht an. "Mit gendiagnostischen Methoden könnten wir schon heute in vielen Fällen herausfinden, welcher Ionenkanal bei Patienten mit verlängertem QT-Intervall genau gestört ist, und dann das passende Medikament wählen", erklärt der Bonner Elektrophysiologe Dr. Thorsten Lewalter. Die Pharmaindustrie entwickelt momentan einfach und rasch durchführbare Tests, die eine maßgeschneiderte Therapie möglich machen sollen.
Das Symposium dreht sich aber nicht nur um die Forschritte auf dem Weg zu einer "individuelleren" Medizin. Ein weiteres heißes Thema ist der Einsatz von Stammzellen, um das Herz im richtigen Takt schlagen zu lassen. Der Hohlmuskel verfügt nämlich über zwei natürliche Schrittmacher, den Sinus- und den AV-Knoten. Wenn die nicht richtig funktionieren, beginnt die körpereigene Pumpe zu stottern. Kardiologen hoffen nun, aus Stammzellen Gewebe erzeugen zu können, das die Funktion von Sinus- oder AV-Knoten übernehmen kann. "Noch ist das Zukunftsmusik", betont der Privatdozent Thorsten Lewalter; "die Ergebnisse aus Tierversuchen stimmen aber optimistisch."
Ein weiteres Schwerpunktthema der Tagung ist die Behandlung des Vorhofflimmerns, einer Erkrankung, unter der nach Schätzungen bis zu 800.000 Bundesbürger sporadisch oder gar chronisch leiden. Dabei zieht sich die linke Vorkammer nicht kontrolliert zusammen, sondern zittert lediglich mit einer hohen Frequenz von bis zu 400 Schlägen pro Minute. Dadurch wird das Blut kaum noch transportiert und kann gerinnen. Mögliche Folge: Schlaganfall. "Es gibt verschiedene Optionen, mit denen wir das Vorhofflimmern behandeln können", sagt Lewalter; "welche davon im konkreten Fall die beste ist, ist jedoch nicht immer klar." Um Abhilfe zu schaffen, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unlängst das so genannte "Kompetenznetz Vorhofflimmern" initiiert, an dem auch die Bonner Kardiologen beteiligt sind.
Das Symposium bietet auch einen würdigen Rahmen für den 65. Geburtstag von Professor Dr. Dr. h.c. Berndt Lüderitz, der in diesem Jahr auf eine annähernd 25-jährige erfolgreiche Tätigkeit als Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II zurückblicken kann.
Kontakt:
PD Dr. Thorsten Lewalter
Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-5507
Fax: 0228/287-1598
E-Mail: th.lewalter@uni-bonn.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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