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26.04.1999 12:08

Weingartener Forscher optimieren Optik des geplanten spanischen Riesenteleskops

Dipl.-Journ. Tove Simpfendörfer Pressestelle
Hochschule Ravensburg-Weingarten

    Die Optikforscher der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten haben sich schon lange etabliert. Sichtbarer Beweis: Die Wissenschaftler erhielten jetzt den Auftrag, die Optik des La-Palma-Teleskops am PC zu überarbeiten und auf diese Weise zu optimieren.

    Ihren bisher größten Erfolg verzeichneten die Optikforscher der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten Anfang des Jahres. Mit Hilfe eines hochkomplizierten Computerprogramms vervollkommneten sie die Optik des spanischen Riesenteleskops (Gran Telescopio Canarias), das zur Zeit auf dem höchsten Berg von La Palma auf den Kanarischen Inseln erbaut wird. Der Hauptspiegel hat einen Durchmesser von zehn Metern und macht das Himmelsfernrohr zu einem der leistungsfähigsten Teleskope der Welt, mit dem man Sterne in bisher nicht erreichten Entfernungen von vielen Milliarden Lichtjahren vermessen kann. Das Teleskop, in Auftrag gegeben von der Spanischen Astronomischen Gesellschaft, soll 2003 fertiggestellt sein. Es kostet etwa 150 Millionen Mark.

    Weingarten gilt in Fachkreisen als deutsches Dienstleistungszentrum für optische Simulationsrechnunen. Das internationale Renommee der oberschwäbischen Wissenschaftler kam aber nicht über Nacht, sondern entwickelte sich Schritt für Schritt. 1993 gründete Physikprofessor Dr. Eilert Hamer das Steinbeis-Transferzentrum für Leuchtentechnik (STZL), praktisch eine Firma unter dem Dach der Fachhochschule, in die das an der Hochschule vorhandene Optikwissen einfließt. Seit 1998 wird das STZL geleitet von Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Weißhaar. Nicht nur er, sondern auch die anderen drei Mitarbeiter sind Absolventen des Studiengangs Physikalische Technik an der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten. "In den vergangenen sechs Jahren", erklärt Hamer, "haben wir eine Marktnische gefunden und bewiesen, daß auch an einer relativ kleinen Hochschule - abseits der großen Wissenszentren - Außergewöhnliches auf Spezialgebieten geleistet werden kann."

    Das STZL erhält inzwischen europaweit Aufträge. Norweger, Italiener, Franzosen, Niederländer geben sich am Leuchtenzentrum auf dem Weingartener Martinsberg die Klinke in die Hand oder tauschen Ergebnisse über das Internet aus. Den Beweis für ihre Spitzenklasse lieferten die Weingartener Optikforscher jetzt auf eindrucksvolle Art und Weise, als sie für die Optimierung des Las-Palmas-Teleskops ausgewählt wurden. Die Optikingenieure des STZL, die für dieses Projekt mit einer Schweizer Firma zusammenarbeiten, setzten sich in einer weltweiten Ausschreibung gegen alle Mitbewerber durch.

    Das Steinbeis-Transferzentrum für Leuchtentechnik produziert nichts. Es verfügt über keine Fabrikhallen, es bietet dagegen Dienstleistungen im Bereich Optik und Lichttechnik an. Mit Hilfe eines Computerprogramms wird die Optik von zum Beispiel Autoscheinwerfern, Displays, Zahnarztleuchten oder Endoskopen simuliert und optimiert. Die Schwierigkeit bei der Entwicklung neuer Leuchten liegt im Detail. "Irgendwann, wenn die letzten zehn Prozent und damit Perfektion erreicht werden sollen", erläutert Eilert Hamer, "kommt man auf dem Papier nicht mehr weiter." Dann schlägt die Stunde der Optik-Software. Die Berechnungen im PC sind so hochkompliziert, daß Firmen, die das Computerprogramm gekauft haben, Beraterverträge abschließen und die oberschwäbischen Spezialisten bei Problemen um Unterstützung bitten. Zweimal im Jahr findet darüber hinaus in Weingarten ein international besetztes Seminar statt. Die Mitarbeiter von renommierten Firmen wie Philips, Osram, Zeiss, Siemens und Bosch werden eine Woche lang im Optik-Design-Programm geschult - und sind danach gesuchte Leute, um die sich sogar "Headhunter" bemühen. Eilert Hamer: "Auf dem Arbeitsmarkt besteht ein großer Mangel an Optik-Ingenieuren."

    Die Software stammt aus den USA. "Nach der Gründung des STZL haben wir uns auf dem Markt umgeschaut und das Beste gekauft, was es gibt", so Professor Hamer. "Das Beste" fand der Physikprofessor jenseits des Atlantik in Tucson in Form einer Optik-Software, genannt ASAP. Tucson im US-Bundesstaat Arizona gilt als die Optikmetropole der USA. Eilert Hamer: "Auf dem Gebiet der Optik ist Tucson, was das Silicon Valley für Halbleiter ist." ASAP stellt optische Systeme dreidimensional auf dem Bildschirm dar. Entwickelt wurde das Programm mit Unterstützung aus militärischen und anderen Weltraum-Projekten. Heute wird es hauptsächlich für zivile Zwecke benutzt.

    Zum Beispiel, um die Optik des Las-Palmas-Telekops zu optimieren. Zunächst wurde das gesamte Teleskop einschließlich des Gebäudes und der umgebenden Landschaft im Computer simuliert. So wurde bereits vor dem endgültigen Bau des Teleskops ermittelt, ob die Optik stimmt. "Grobe Irrtümer im optischen Design wie beim im Weltraum fliegenden Hubble-Teleskop", weiß Hamer, "sollen damit ausgeschlossen werden."

    Ein besonderes Problem bei Teleskopen ist unerwünschtes Streulicht. Angenommen, das Teleskop ist auf einen bestimmten Stern ausgerichtet, und nicht weit entfernt davon befindet sich der Mond. Von dem scheint dann Streulicht ins Teleskop und erscheint auf dem Bild. Dieses wird unscharf, diffus, der Stern bekommt einen Schleier. Auf Grund der durchgeführten Rechnungen wurden die Fenster des Teleskops anders angeordnet, bestimmte Teile geschwärzt oder ähnlich wie bei einer Spiegelreflex-Kamera große Schutzbleche ins Himmelsfernrohr eingebaut.

    Insgesamt ein ganzes Jahr dauerte die Optimierung des spanischen Riesenteleskops, die nötigen Vorarbeiten eingeschlossen. Um es zu vervollkommnen, stellten schnelle Computer Alternativen gegeneinander und errechneten die beste Lösung. Nach zwei Monaten - die reine Rechenzeit gezählt - waren sie am Ziel.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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