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27.04.1999 10:41

Kalkaufspülung soll Badesee retten

Dr. Elisabeth Zuber-Knost Presse und Kommunikation
Universität Karlsruhe (TH) - Forschungsuniversität.gegründet 1825

    Nr. 028 / 27.4.1999 / mea

    Kalkaufspülung soll Badesee retten
    Optimiertes Verfahren nun auch in der Praxis getestet

    Die Kalkaufspülung ist ein Verfahren, das häufig zur Renaturierung von mit Nährstoffen belasteten Seen eingesetzt wird. Das Institut für Petrographie und Geochemie der Universität Karlsruhe unter der Leitung von Professorin Dr. Doris Stüben hat das Verfahren im Labormaßstab optimiert. Derzeit wird überprüft, ob sich die Methode auch in der Praxis erfolgversprechend einsetzen läßt. Dazu wurde vor kurzem in einem Baggersee bei Tübingen ein 2000 Quadratmeter großes Testfeld eingerichtet.

    In Deutschland weisen zahlreiche Gewässer hohe Nährstoffkonzentrationen auf. Die durch Haushalte, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft in die Gewässer ein-getragenen Nährstoffe an sich stellen für Lebewesen keinerlei Gefahr dar. Aller-dings führt der erhöhte Eintrag von Phosphat, Nitrat und Spurenelementen zu ei-nem verstärkten Wachstum der Algen, die den Sauerstoff weitgehend verbrau-chen. Das Fehlen von Sauerstoff wiederum bewirkt, daß die normalerweise im Sediment des Gewässers gespeicherten Nährstoffe in das Wasser abgegeben werden, eine weitere Zunahme des Algenwachstums und damit eine deutliche Reduzierung des Sauerstoffgehalts tritt ein, im schlimmsten Fall kippt das Gewäs-ser um.

    Davon ist auch der Kirchentellinsfurter Baggersee bei Tübingen betroffen. Der See ist ein beliebtes Naherholungsgebiet für den gesamten mittleren Neckarraum. Ein Gewässergutachten hat jedoch ergeben, daß der See aufgrund der hohen Nährstoffbelastung in 10 bis 15 Jahren nicht mehr als Badesee genutzt werden kann. Akuter Handlungsbedarf besteht.

    Das Prinzip der Kalkaufspülung funktioniert wie folgt: Über der Wasseroberfläche des belasteten Sees wird Kalkmehl verteilt. Der Kalk sinkt zu Boden, nimmt dabei die im Wasser gelösten Nährstoffe mit und bildet auf dem Grund eine rund einen Zentimeter dicke Schicht, die wie eine Sperre für die im Boden abgelagerten Nährstoffe wirkt. Dadurch wird die Nährstoffrücklösung aus dem Sediment redu-ziert und die interne Belastung des Sees gesenkt. Nach diesem Prinzip wurden nun insgesamt 20 Tonnen Kalkmehl auf dem vom Institut für Petrographie und Geochemie eingerichteten, 2000 Quadratmeter großen Testfeld im Kirchentellins-furter Baggersee verspritzt. Vorausgegangen waren umfangreiche Laboruntersu-chungen, bei denen verschiedene kalkige Materialien hinsichtlich ihres Bindungs-vermögens gegenüber unterschiedlichen Nährstoffen getestet wurden.

    Die Laboruntersuchungen ergaben, daß durch den Einsatz von Kalkmehl aus der benachbarten Bauindustrie, das in Jurakalksteinbrüchen bei Dotternhausen abge-baut wird, eine drastische Reduzierung der Nährstoffflüsse aus dem Sediment ins Wasser um etwa 80 bis 90 Prozent erreicht werden kann. Nun soll in einem vom Land Baden-Württemberg geförderten Projekt getestet werden, ob das gute Er-gebnis auch unter natürlichen Bedingungen erreicht werden kann.

    Dafür werden die Nährstoff-Flüsse zunächst ein Jahr lang im Testfeld und an ei-ner benachbarten Stelle im See, die nicht mit Kalk bedeckt ist, gemessen und miteinander verglichen. Stellt sich heraus, daß die Kalkschicht die Nährstoff-Flüsse aus dem Sediment effektiv reduziert, könnte der gesamte Seeboden mit Kalk abgedeckt werden. Dies hätte eine Verbesserung der Sauerstoffverhältnisse im See zur Folge, und der See könnte auch weiterhin als Naherholungsgebiet ge-nutzt werden.

    Ein großer Vorteil dieses Verfahrens sind die vergleichsweise geringen Kosten, die bei der Sanierung des gesamten Sees anfallen würden. Die Kosten für den Baggersee bei Kirchentellinsfurt würden je nach Dicke der Kalkschicht zwischen 100.000 und 200.000 Mark betragen. Als Alternative wäre die Ausbaggerung des Faulschlamms zu nennen, diese würde jedoch das 10fache kosten.

    Ansprechpartner: Dr. Thomas Neumann
    Tel.: (07 21) 608 4279, Fax: (07 21) 69 73 28
    Thomas.Neumann@bio-geo.uni-karlsruhe.de

    - Andrea Melcher -

    Diese Presseinformation ist auch im Internet unter folgender Adresse abrufbar:
    http://www.uni-karlsruhe.de/Uni/Verwaltung/Pressestelle/pi028.html


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-karlsruhe.de/Uni/Verwaltung/Pressestelle/pi028.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Informationstechnik, Maschinenbau, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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