idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
30.04.1999 11:46

Wo spricht man in Bayern Bairisch?

Myriam Hönig Pressestelle
Bayerische Akademie der Wissenschaften

    Mundartforschung an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
    Bayerisch ist nicht gleich bairisch: Während sich bayerisch mit "y" auf den ganzen Freistaat bezieht, bezeichnet der Fachbegriff bairisch mit "i" nur einen bestimmten historisch definierbaren Dialekttyp. Und der wird zum einen nicht überall im heutigen Bayern und zweitens auch in den Nachbarstaaten, insbesondere in Österreich, gesprochen. Wie stellt man aber nun fest, was innerhalb Bayerns "Bairisch" ist und was nicht? Wo fängt "Bairisch" an und hört z.B. "Fränkisch" auf?

    Nr. 10/99
    Mit solchen Fragen befassen sich die Mitarbeiter der Kommission für Mundartforschung an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Sie geben ein neues Bayerisches Wörterbuch sowie ein Ostfränkisches Handwörterbuch heraus und spüren dabei der Dialektentwicklung nach. "Wir wollen den Wortschatz der bairischen Dialekte erfassen, seine lautliche Vielfalt und Herkunft aufzeigen, die genauen Bedeutungen der Wörter herausarbeiten und ihren lebendigen Gebrauch durch Satzbeispiele verdeutlichen", erklärt der englische Kommissionsleiter und Bayernspezialist, der apl. Professor Dr. Anthony Rowley. Redensarten und Sprichwörter dienen dabei einer weiteren Veranschaulichung ebenso wie präzise Sacherklärungen und volkskundliche Angaben.
    Das Arbeitsgebiet der Akademie-Kommission erstreckt sich auf Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz, die fränkischen Regierungsbezirke sowie auf benachbarte Randbereiche Bayerisch-Schwabens. Doch besteht die Aufgabe Prof. Rowleys und seiner vier Kollegen nicht nur darin, die heute gesprochenen Mundarten zu erforschen; vielmehr wollen sie auch die literarische Überlieferung aus Bayern von den Anfängen im achten Jahrhundert an mitberücksichtigen. Während das Ostfränkische Handwörterbuch (bearbeitet von Dr. Eberhard Wagner in der eigens dafür eingerichteten Akademie-Außenstelle in Bayreuth) mittlerweile kurz vor seiner geplanten Vollendung im Jahre 2003 steht, haben die Akademie-Mundartforscher in München noch ein gutes Stück Weg vor sich: Sie haben aktuell den Buchstaben "A" abgeschlossen (Wörter mit "A" machen etwa acht Prozent des Gesamtwortschatzes aus).
    Was nun das "Bairische" in Bayern angeht, so ist die Antwort für das Gebiet nördlich der Donau aus der Sicht der Akademie-Forscher einigermaßen einfach: Bairisch sind die Dialekte im geschlossenen Gebiet mit den typisch nordbairischen gestürzten Zwielauten. Beispiele wären "ej" und "ou" in Wörtern wie Breif (für Brief) oder Kou (für Kuh). Die Nachbardialekte mit langem "ie" und "u" sind schon nicht mehr bairisch sondern fränkisch. Nach diesem Kriterium gehören auch die Mundarten um Pegnitz, Nürnberg und Weißenburg sprachlich zum "Bairischen". Allerdings folgt man heutzutage eher der neuzeitlichen administrativen Einteilung und ordnet Nürnberg sprachlich bereits dem "Fränkischen" zu.
    In Wirklichkeit - so die Mundartforscher der Bayerischen Akademie der Wissenschaften - bilden diese Mundarten eine Übergangszone zwischen Fränkisch und Bairisch, deren Grundlage bairisch ist. Als grobe Handhabe läßt sich sagen, daß die Übergangszone dort beginnt, wo man für "heiß" haas (fränkisch) und nicht hoas oder hoiß (bairisch) sagt, für "Bett" Bedd (fränkisch) und für "Käse" Kees (fränkisch) und nicht Kaas (bairisch).
    Als Abgrenzung des Bairischen zum Ostschwäbischen gibt es im Südwesten verschiedene Mundartkennzeichen: Am zuverlässigsten sind das Fürwort es oder enk für "ihr"/"euch" und die Zeitendung -ts der zweiten Person in der Mehrzahl (z.B. "ihr wißts" oder "es wißts" im Bairischen für das Hochdeutsche "ihr wißt" bzw. "Wie geht's enk?" für "Wie geht's euch?"). Auch der Laut "oa" in Wörtern wie hoaß für "heiß" gilt als typisch bairisch.
    Dialekte mit diesen beiden Merkmalen gelten folglich als "bairisch". Die Sprach-Grenze folgt ungefähr dem Lech. Insgesamt, so Prof. Rowley, gehen die heutigen Dialektgrenzen zum Ostschwäbischen und Ostfränkischen im großen und ganzen auf die Westgrenze des alten bayerischen Stammesherzogtums etwa im 10. Jahrhundert zurück - so tief reichen die "bairischen" Wurzeln.

    Weitere Fragen beantwortet Ihnen gerne der apl. Prof. Dr. Anthony Rowley aus der Kommission für Mundartforschung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften unter der Telefonnummer 089/230 31-178.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).