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Eine chronische Infektion des Magens mit Helicobacter pylori-Bakterien kann beim Menschen unterschiedlich schwere Erkrankungen hervorrufen. Wie schaffen es diese Bakterien, den extrem unwirtlichen Lebensraum Magen so erfolgreich zu besiedeln? Dieser Frage gehen Mikrobiologen im Biozentrum der Universität Würzburg nach.
In Deutschland sind jährlich rund 1,5 Millionen Menschen von Erkrankungen wie chronischer Magenentzündung, Magen- und Zwölffingerdarm-Geschwüren oder Magenkrebs betroffen. Zunächst ging man davon aus, dass dafür eine Überproduktion von Magensäure verantwortlich ist - ausgelöst durch Genussmittel wie Nikotin, Koffein und Alkohol. Doch heute gilt als gesichert, dass diese Erkrankungen hauptsächlich auf chronische Infektionen mit Helicobacter pylori zurückgehen.
Die australischen Wissenschaftler Robin Warren und Barry Marshall bewiesen 1983, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Besiedlung des Magens mit H. pylori und dem Auftreten einer chronischen Magenentzündung besteht. Damit widerlegten sie die Annahme, dass der Magen aufgrund seiner aggressiven Säure kein geeigneter Lebensraum für Mikroorganismen sei. Nochmals wurde das krankmachende Potential des Bakteriums 1994 hervorgehoben, als die Weltgesundheitsorganisation es in die höchste Risikoklasse krebsauslösender "Substanzen" eingruppierte.
Obwohl weltweit etwa 50 Prozent der Bevölkerung mit H. pylori infiziert sind, entwickeln nur rund zehn Prozent der Betroffenen die genannten schweren Krankheitsbilder. Deren Ausprägung wird sowohl durch genetische Faktoren des Mikroorganismus als auch des Wirts beeinflusst. So enthält nur ein Teil der H. pylori-Stämme in einem besonderen genetischen Element die Information für bestimmte Eiweißstoffe, deren Freisetzung eine starke entzündliche Reaktion hervorruft. Dagegen produzieren alle H. pylori-Stämme eine Reihe von Faktoren, welche die erfolgreiche Besiedlung des Magens möglich machen. Dazu gehören zum Beispiel das Enzym Urease, mit dessen Hilfe das Bakterium die Magensäure in seiner Umgebung neutralisiert, und die Geißeln, die ihm in der zähen Schleimschicht des Magens Beweglichkeit verleihen.
Am Würzburger Lehrstuhl für Mikrobiologie will die Gruppe um Dr. Dagmar Beier die genregulatorischen Mechanismen aufklären, die es H. pylori erlauben, bei der Besiedlung des Magens zum richtigen Zeitpunkt und als Antwort auf die in den unterschiedlichen Regionen des Magens vorgefundenen "Umweltbedingungen" mit der Produktion geeigneter Eiweißstoffe zu reagieren. Das Projekt wird vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg aus Mitteln des Bundesforschungsministeriums sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
"Ein in Bakterien weitverbreiteter Mechanismus zur Wahrnehmung und Umwandlung von Signalen ist in den sogenannten Zweikomponenten-Systemen verwirklicht, die auch bei Helicobacter pylori vorkommen und deren Charakterisierung für uns von besonderem Interesse ist", so Dr. Beier. Diese Systeme setzen sich zusammen aus einem Sensorprotein, das bestimmte Umweltsignale wahrnehmen kann, und einem zugeordneten Regulatorprotein, welches durch das Sensorprotein in seine biologisch aktive Form überführt wird und dann meist als Transkriptionsfaktor wirkt.
Ziel der Arbeiten am Biozentrum ist es, die Umweltreize zu identifizieren, die von H. pylori über seine Zweikomponenten-Systeme wahrgenommen werden können. Außerdem sollen diejenigen Gene charakterisiert werden, deren Expression unter der Kontrolle dieser Systeme steht. Sofern Gene, die an der Ausprägung des krankheitserregenden Potentials von H. pylori beteiligt sind, durch die geschilderten Regulationsmechanismen kontrolliert werden, könnten die Zweikomponenten-Systeme in Zukunft möglicherweise einen Ansatzpunkt für die medikamentöse Bekämpfung dieses bedeutenden Krankheitserregers bieten.
Weitere Informationen: Dr. Dagmar Beier, T (0931) 888-4404, Fax (0931) 888-4402, E-Mail:
d.beier@biozentrum.uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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